Duisburg-Bergheim. Am 17. Juli 2017 wurde die Cölve-Brücke gesperrt. Seither warten Bürger in Bergheim-Trompet auf eine Lösung. Eine Bilanz zum vierten Jahrestag.
Ein Glas Prosecco musste reichen. Für eine richtige Party waren die Mitglieder der Interessengemeinschaft (IG) Cölve-Brücke nach der Ratssitzung einfach zu müde. Obwohl die Freude riesig war, damals, im Mai 2019: Nach der Stadt Moers hatte jetzt auch Duisburg grünes Licht für eine Behelfsbrücke An der Cölve gegeben. „So richtig feiern wir aber erst, wenn die Brücke tatsächlich steht“, erklärte Doris Goebel als Sprecherin der Initiative. Wie recht sie hatte, zeigte sich anderthalb Jahre später. Ende 2020 wurde die Planung gestoppt, Beschlüsse wurden gekippt; die Bezirksregierung untersagte das Projekt. Seither herrscht Stillstand, wie seit über 20 Jahren. Eine Bilanz zum vierten Jahrestag der Sperrung, die vor allem eins ist: ein Paradebeispiel kommunalen Versagens.
Ein Neubau der Cölve-Brücke wurde schon 2001 geplant
Am 17. Juli 2017 war Schluss. Die marode Brücke zwischen Moers-Schwafheim und Trompet durfte vom motorisierten Verkehr nicht mehr befahren werden. Eine Sperrung für Fußgänger ist laut Fachleuten inzwischen nur noch eine Sache der Zeit. Überraschend kommt diese Entwicklung nicht: Seit 2001 gilt der Überweg amtlicherseits als baufällig. Schon damals wurde ein Neubau geplant. Es folgte ein jahrzehntelanges Gerangel um kommunale Zuständigkeiten, das aktuell mit einer Gebietsübertragung beendet werden soll. Die Brücke gehört der Stadt Moers, die sie jedoch nicht braucht und sich deshalb nicht um sie kümmert. Duisburg-Trompet braucht sie, kann aber in Eigenregie nicht handeln. Folge: Um eine Sanierung kümmerte sich niemand.
„Brücke der Hoffnungslosigkeit“ prangt heute auf einem Transparent am Gemäuer. Welche zweifelhafte Prominenz die kleine, alte Brücke mittlerweile besitzt, bewies kürzlich ein Eintrag bei Google-Maps. Hier tauchte das kaputte Bauwerk zeitweise bei den gelisteten Sehenswürdigkeiten auf. Witzbolde bewerteten es prompt mit fünf Sternen: „Ein grandioser Ausblick über Duisburg.“
Eine Todesanzeige und ein Gedenkfest zum vierten Jahrestag der Sperrung
„Zum 4. Jahresgedächtnis“, steht auf der Todesanzeige, die die IG Cölve-Brücke gebastelt hat: „Todestag: 17.7.2017“. Und: „Wir gehen von deinem seit langem vorhersehbaren, für uns jedoch plötzlichen Brückentod kaputt. Unterzeichner: Neustraße, Auf dem Pickert, Unterstraße, Moerser Straße, Langestraße, Oberfeld, Lohstraße, Güterstraße und Trompeterstraße.“
Doris Goebel hat für die Interessengemeinschaft oft von einer „gekappten Hauptschlagader“ gesprochen: Seit der Sperrung müssen Rettungswagen Umwege fahren. Kaufleute klagen über Umsatzeinbußen bis zu 40 Prozent. Der Umleitungsverkehr nebst Linienbus belastet die vormals ruhigen Anliegerstraßen. Die Straßenschäden sind enorm.
Im Laufe der Jahre ist der Ton schärfer geworden. Mittlerweile sind die Bürger stinksauer. Seit Jahrzehnten warten sie auf eine Lösung. Jetzt sieht es aus, als müsse komplett neu geplant werden. Sie fühlen sich hingehalten, ja regelrecht betrogen. Das Bauwerk im äußersten Westen der Stadt sei aus Sicht der Verwaltung zu unbedeutend, um sich wirklich darum zu kümmern, sagen sie.
Ein Gutachten ohne Folgen
Und von wegen Neubau: Andere Bauprojekte hätten Vorrang, und das werde sich auch nicht ändern. An die Angabe der Stadtspitze, ein Neubau könnte 2026 stehen, mag in Bergheim-Trompet keiner mehr glauben. „Frühestens 2030“, lautet die düstere Prognose.
Rückblick. Damals, nach dem Ratsbeschluss im Mai 2019, war die Erleichterung groß. Endlich zeichnete sich eine absehbare Lösung ab. Beide Stadträte wollten die Behelfsbrücke, die Kosten sollten geteilt werden. Ein solcher Interims-Bau kann einfach umgesetzt werden und würde für einige Jahre Ruhe ins Viertel bringen, lautete die Hoffnung. Genug Zeit, um den Neubau zu planen. Seit 2017 hatte die IG mit der Bergheimer SPD für den Behelfsbau gekämpft, 2018 bestätigte ihn ein Gutachten als sinnvollste Lösung. Die Umsetzung würde mit Planung, Ausschreibung und Bauarbeiten etwa ein Jahr dauern, schätzten die Experten.
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2020 gab es immer noch keine Brücke. Im Mai räumte der Moerser Bürgermeister Christoph Fleischhauer in Rheinhausen ein, dass sich der Einbau „um rund sechs Monate“ verzögere. Gründe seien „in erster Linie“ die längere Bearbeitungsdauer des Bodengutachtens für die benötigten Widerlager, auf denen die Brücke auffliegt, sowie Planungsanpassungen infolge von Auflagen der DB-Netz. Die Auftragsvergabe sei nun für September 2020 geplant. Baubeginn könnte im Oktober sein. Die Arbeiten seien dann im Frühjahr 2021 beendet.
Mitte Dezember 2020 wurde das Projekt Behelfsbrücke in Bergheim-Trompet gekippt
Zu diesem Zeitpunkt jedoch war die Behelfsbrücke schon Geschichte. Mitte Dezember 2020 wurde das Projekt von der Aufsichtsbehörde gekippt - wegen der hohen Angebotskosten, obendrein auf fremdem Gebiet.
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Seitdem läuft die IG Cölve-Brücke Sturm. Man befinde sich heute exakt da, wo man sich bereits 2017 befunden habe, konstatieren die Mitglieder. Duisburgs OB Sören Link habe die Behelfsbrücke fest versprochen. Ihre Angelegenheit sei jedoch von städtischer Seite in Düsseldorf unzureichend vertreten worden, so dass man dort nur hätte ablehnen können- die Ausschreibung bezeichnet sie als „aufgebläht“. Sie enthalte überflüssige, teure Punkte wie Ausbau-, Reparatur- und Wartungsarbeiten. Für die Anwohner aus Trompet steht spätestens jetzt fest: Die Städte Duisburg und Moers wollen ihnen nicht helfen.
Anfang 2021, also 20 Jahre nach attestierter Baufälligkeit, folgte ein wichtiger Schritt: Der Duisburger Stadtrat segnete eine Gebietsübertragung ab. Künftig soll die Cölve-Brücke zu Duisburg gehören und damit in den eigenen Zuständigkeitsbereich fallen. Eine neue Hoffnung - auf die prompt ein neuer Aufschub folgte: In Moers tagte der Rat erst Ende Juni zum Thema, in Duisburg war man von einem Votum im April ausgegangen. Inzwischen hat die Nachbarstadt zugestimmt. Nun muss die Übertragung nur noch von der Bezirksregierung genehmigt werden. Eine reine Formsache. Doch jetzt ist wieder Sommerpause.
Aufgeben ist für die IG Cölve immer noch keine Option
Und danach? Während die IG und Teile der SPD an der Behelfsbrücke festhalten, die sich nun auf Duisburger Gebiet neu planen ließe, winkt die Stadtspitze ab. Sie will nun doch den Neubau. Mittlerweile, teilte Matthias Vollstedt, Stabsstellenleiter für Strategische Infrastrukturentwicklung, der Bezirksvertretung im Juni mit, sei ohnehin fraglich, ob sich ein Behelfsbau zum jetzigen Zeitpunkt technisch überhaupt noch über die mittlerweile total verrottete Brücke schieben ließe.
Musste es soweit kommen?, fragt die IG Cölve-Brücke mehr rhetorisch. Aufgeben ist dennoch keine Option. Und so wird morgen An der Cölve zunächst der vierte Brücken-“Todestag“ gewürdigt. Treffpunkt ist am Samstag, 17. Juli, um 14 Uhr an den rostigen Resten An der Cölve.
Weitere Trauergäste sind willkommen.