Duisburg-Bergheim. Früher gab es hier belegte Brötchen für Pendler. Seit der Sperrung der Cölve-Brücke 2017 ist in der Bergheimer Trinkhalle nichts mehr wie vorher.

Die chinesische Winkekatze gibt wirklich ihr Bestes. Sie hat ihren Platz gut sichtbar am Budenfenster und wackelt so eifrig mit dem goldfarbenen Ärmchen, dass sie damit eigentlich Haufenweise Glück und Wohlstand in die Trinkhalle an der Trompeter Straße 22 schaufeln müsste. Belinda Szkudlarek schüttelt müde den Kopf und schaut dem Paketboten hinterher, der Kartons aus dem Kiosk schleppt und in seinen Wagen lädt. „Wenn Hermes nicht wäre, hätten wir hier längst zumachen müssen.“

Das Geld, das Belinda und Reiner Szkudlarek als Annahmestelle für den Paketdienstleister verdienen, hat den Kioskbesitzern vorübergehend das Geschäft gerettet. Die Glückskatze alleine hätte das nicht geschafft, denn dafür ist momentan einfach zu viel Pech im Spiel. Da wären zum einen die Umsatzeinbußen durch die Pandemie. Wie so viele hatten auch die Szkudlareks damit zu kämpfen, dass zu den schlimmsten Lockdown-Zeiten kaum noch jemand kam.

Die gesperrte Cölve-Brücke ist nicht nur ein Ärgernis für Verkehrsteilnehmer. Auch berufliche Existenzen hängen daran.
Die gesperrte Cölve-Brücke ist nicht nur ein Ärgernis für Verkehrsteilnehmer. Auch berufliche Existenzen hängen daran. © FUNKE Foto Services | Ulla Michels

Doch schon vorher lief es an ihrer Bude, die sie 2014 wegen ihrer guten Lage übernommen haben, nicht mehr rund. Zum einen, weil 2017 in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft ausgerechnet ein Supermarkt eröffnete. Eine unerwartete Konkurrenz-Situation, die Belinda und Reiner Szkudlarek noch verkraftet hätten, wäre im selben Jahr nicht auch noch die Brücke an der Cölve gesperrt worden.

Die Busfahrer und Trucker kommen schon seit Juli 2017 nicht mehr an die Trinkhalle

„Das hat uns richtig hart getroffen“, sagt die 58-Jährige. Von einem Tag auf den anderen blieb ein Großteil der Kundschaft aus. Schlicht und einfach deshalb, weil der Durchgangsverkehr zur Trompeter Straße nicht mehr möglich war. „Wir haben hier früher täglich Kaffee und belegte Brötchen verkauft.“ Aber die Busfahrer, Trucker und andere Berufspendler kommen seit Juli 2017 nicht mehr. Und Belinda Szkudlarek ist nach Jahren des Hoffens nun an einem Punkt angekommen, der sie ratlos und resigniert zurücklässt.

„Wir haben jedes Jahr aufs Neue gehofft, dass es eine Lösung geben wird.“ Behelfsbrücke ja, Behelfsbrücke nein. Das politische Hin und Her der vergangenen Monate hat den Bergheimern die Zuversicht genommen. „Wir befürchten, dass das mit einer schnellen Lösung nichts mehr gibt. Es wird immer nur geredet, aber keiner tut was.“ Dabei fühlt sich das Ehepaar alleine gelassen von der Politik. „Was das für uns als Geschäftsleute bedeutet, scheint keinen zu interessieren.“

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Als die Trinkhallen im Juni hochoffiziell zum Kulturgut von NRW ernannt wurden, da war der Jubel groß. Als „Ort der Integration und des Austauschs“ und als „soziale Haltestelle“ wird die Budentradition des Ruhrgebiets gelobt. Auch der Kiosk an der Trompeter Straße 22 ist seit einem halben Jahrhundert ein solcher bunter Treffpunkt im Stadtteil. „Wir haben hier unsere tollen Stammkunden.“ Und die kommen nach wie vor nicht nur zum Kaufen an die Bude. „Erzählt wird immer.“

Mini-Klo mit Brause und essbare 200-Euro-Scheine

Und auf die Kinder ist Verlass. Sie holen sich vom Taschengeld gezuckerte Klassiker in der gemischten Tüte oder die neusten Hits wie essbare 200-Euro-Scheine oder das mit Brause gefüllte Mini-Klo, in das man statt Bürste einen Lolli stecken kann. Belinda Szkudlarek lacht. „Ja, es gibt verrückte Sachen.“

Die Trinkhalle an der Trompeter Straße ist für die Nachbarschaft nach wie vor eine Institution, aber zum Überleben, so die Chefin, braucht es mittlerweile mehr. Die Konkurrenz von Supermärkten mit langen Öffnungszeiten und Tankstellen, die halbe Lebensmittelläden sind, sei einfach zu groß. Und wenn dann noch eine Situation wie die an der Cölve hinzukommt, dann meldet man sich als verzweifelte Kioskbesitzerin auch schon mal bei der Zeitung, um den Politikern öffentlich zu sagen: „Schaut mal her, was dieses Brückendrama mit uns Betroffenen macht.“