Duisburg. Am 28. Juni 1981 wurde der erste Schimanski-Tatort „Duisburg-Ruhrort“ ausgestrahlt. Warum sich OB Link heute über neue Dreharbeiten freuen würde.

Vor 40 Jahren, am 28. Juni 1981 um genau zu sein, war Duisburg noch dreckige Industriestadt, als sie erstmals als Kulisse für einen neuen Tatort diente. Kommissar Horst Schimanski nahm seinen Dienst in Ruhrort auf. Der erste Fall brachte nicht nur zwei Leichen, sondern bereitete den Stadtvorderen seitdem auch so manchen Kummer: Zu schmuddelig sei die Darstellung von Duisburg in dem neuen Krimi – immer nur Dreckecken und Milieu würden gezeigt. Es half nichts, „Schimmi“ gehört seitdem bundesweit zu den beliebtesten Tatort-Kommissaren. Jahrzehnte später versucht sich die Stadt nun mit dem Ermittler zu arrangieren und ihn zu vermarkten, ganz nach dem Motto „Duisburg ist echt.“

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„Uns war klar, dass wir anecken. Die Kritiken waren ziemlich spießig. Ich bin davon ausgegangen, dass wir drei, vielleicht fünf Fälle drehen würden“, erinnert sich Regisseur Hajo Gies. Es wurden 27. Er arbeitete damals für die Produktionsfirma Bavaria aus München. Duisburg hatte man sich wegen des Hafens ausgeguckt, weil dieser viele verschiedene Facetten ermöglichte – und auch einen Blick über den Tellerrand in Nachbarländer. „Wir haben das in der Theorie schön geplant, aber vor Ort war es dann noch besser.“ Duisburg entwickele seinen Charme durch Kontraste: Auf der einen Seite des Rheins Idylle, auf der anderen Siff und Verbrechen.

Duisburger beschäftigt sich seit Jahren mit dem Phänomen Schimanski

Gedreht wurde nicht nur im Hafenstadtteil, sondern auch in Bruckhausen, am Innenhafen oder in der Altstadt. „In den 1980er war es am Innenhafen ja wirklich industriell und man durfte nur durchfahren, wenn man hier arbeitete“, blickt Harald Schrapers zurück. Er beschäftigt sich seit Jahren mit dem Ermittler, betreibt eine Facebook-Seites namens Horst Schimanski, der immerhin 13.000 Personen folgen, und kann ziemlich genau erklären, wie der Kommissar mit dem Boot durch den Innenhafen schipperte oder sich bei einer Verbrecherjagd vom Dach abrollte.

Harald Schrapers hat sich bereits im Jahr 2000 zum Stadtführer ausbilden lassen. Er kann viel zu den Duisburger Drehorten erzählen, doch damals wurden Führungen dieser Art „nur unter der Ladentheke verkauft“.
Harald Schrapers hat sich bereits im Jahr 2000 zum Stadtführer ausbilden lassen. Er kann viel zu den Duisburger Drehorten erzählen, doch damals wurden Führungen dieser Art „nur unter der Ladentheke verkauft“. © FUNKE Foto Services | Foto: Tanja Pickartz

Schrapers hat sich als einer der ersten zum Stadtführer ausbilden lassen, „aber Schimanski-Touren wurden im Jahr 2000 nur unter der Ladentheke verkauft.“ Erst 2012 sollte sich Dagmar Dahmen mit ihrer Firma DU-Tours selbstständig machen und regelmäßig Schimmi-Rundgänge anbieten.

„Duisburg bietet die Kulisse für Schimanskis Fälle“

Schrapers findet spannend, wie Duisburg in den Tatorten gezeigt wird. „Es sind Bilder, die zu den Fällen passen. Die Stadt ist die Kulisse.“ Etwa, wenn Schauspieler Götz George aus dem Keller von Roskothen empor steigt und nebenan ein Stück Stadtmauer zu sehen ist. Und gegenüber gab’s erst einmal ‘ne Currywurst. „Schimanski hatte Verständnis für die kleinen Leute oder auch mal mit einem Kriminellen.“

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Auf der anderen Seite standen Politiker, die lieber Hochglanzbilder von neuen Wohnungen und Tourismus-Attraktionen aus dem Innenhafen sehen wollten. „Um einen Wald oder Park zu zeigen, muss man nicht in Duisburg drehen“, betont Hajo Gies. Die Jung-Organisation der SPD Jusos forderte immerhin in den 1990er Jahren, die Stadt möge die Hochschule in Horst-Schimanski-Universität umbenennen. Diese Idee wurde ebenso abgelehnt wie der Vorschlag der CDU, der Sender möge doch bitte die Stadt Duisburg aus dem Abspann des Tatorts streichen. Als dies dann, ohne Zutun der Christdemokraten übrigens, tatsächlich passierte und stattdessen eine benachbarte Großstadt genannt wurde, waren die Politiker aber auch nicht einverstanden.

Auch die Schimanski-Gasse wurde erst nach langem Hin und Her eingeführt, nachdem engagierte Bezirkspolitiker die Argumente der Stadt entkräfteten, dass Straßen nicht nach fiktiven Charakteren benannt werden dürfen. Zuvor hatten Fans Fakten geschaffen, indem sie kurzerhand ein Straßenschild namens „Schimmi-Gasse“ selbst häkelten.

Regisseur Hajo Gies (re,) im Gespräch mit dem ehemaligen Filmforum-Chef Kai Gottlob. Die langen Schimanski-Nächte fanden in den vergangenen Jahren stets eine große Resonanz und sollen deshalb auch fortgesetzt werden.
Regisseur Hajo Gies (re,) im Gespräch mit dem ehemaligen Filmforum-Chef Kai Gottlob. Die langen Schimanski-Nächte fanden in den vergangenen Jahren stets eine große Resonanz und sollen deshalb auch fortgesetzt werden. © FUNKE Foto Services | Foto: Lars Fröhlich

Regisseur Gies freut sich über das Engagement der Duisburger, findet aber, die Stadt solle besser mit dem populären Pott-Ermittler umgehen. „Die Schimanski-Gasse ist doch popelig. In Frankreich würde man eine ganze Allee nach ihm benennen.“

Haltung der Stadt hat sich in den vergangenen Jahren verändert

Immerhin: 2013 öffnete die Stadt ihre Türen zum Rathaus, damit für den Fall „Loverboy“ Dreharbeiten im Paternoster stattfinden konnten. Stadtsprecherin Anja Kopka betont: „Die Haltung der Stadt Duisburg zum Schimanski-Tatort hat sich in den vergangenen Jahren sicher sehr verändert.“ Oberbürgermeister Sören Link formuliert es so: „Schimmi ist Kult und mir über Jahrzehnte ans Herz gewachsen. Auch wenn Schimanskis Charakter in den frühen 80er Jahren polarisierte, überwiegen aus meiner Sicht die positiven Eigenschaften deutlich. Offen, ehrlich und gradlinig, das sind für mich auch heute noch Attribute, die zum Glück nicht nur auf Schimanski, sondern auch auf viele Duisburgerinnen und Duisburger zutreffen.“ Würde sich die ARD heute bei ihm melden, um einen neuen Tatort aus Duisburg zu senden, „wären wir sofort dabei“, so Link.

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Die Polizei Duisburg ist indes distanzierter. Hatte man damals noch bei den Dreharbeiten zu Schimanski unterstützt, wurden in den vergangen Jahren sämtliche Kooperationen abgelehnt, weil die Filme nicht die authentische Arbeit der Kollegen vor Ort spiegelten. Polizeipräsidentin Dr. Elke Bartels zieht ein versöhnliches Resümee: „Hätte ich als Polizeipräsidentin einen Mitarbeiter wie Schimanski gehabt, hätte ich natürlich jeden Tag ein neues Disziplinarverfahren gegen ihn einleiten müssen. Aber ich habe mir die Tatorte damals gerne angesehen. Das war gute und actionreiche Fernsehunterhaltung. Manchmal etwas überzogen, dafür aber auch einzigartig.“