Duisburg. „Es ist gerade schlimmer als an Weihnachten“: Kutay Tetik fährt in Duisburg Pakete aus und spricht für den Corona-Check über seinen Job am Limit.

Kutay Tetik gehört zu den Menschen, die keine Chance haben, während der Corona-Pandemie im Homeoffice zu arbeiten – so wie es knapp zwei Drittel der über 4000 Duisburgerinnen und Duisburger in unserem Corona-Check angeben. Das Problem des DHL-Paketboten: Zusätzlich zur Belastung rund um die Hygienemaßnahmen ist auch das Zustell-Aufkommen explodiert. „Das macht uns kaputt“, sagt der 35-Jährige.

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Die Kommandantenstraße in Duisburg-Mitte, Zustellbasis der DHL. Kutay Tetik steht an diesem Donnerstagmorgen gegen 11 Uhr in einer langgezogenen Lagerhalle. Er gehört zur zweiten Welle, die später anfängt, damit möglichst wenige Zusteller gleichzeitig vor Ort sind.

Hohe Rollkoffer beherbergen hohe Paketberge, auch auf dem Boden stapeln sich Kartons, die der Bote im nächsten Moment mit einem Piepen einscannt und in seinen Lieferwagen befördert. Nächster Halt Neudorf. Die geöffneten Rolltore lassen kalte Luft herein, dennoch sind die Mitarbeitenden maskiert. Ab und zu ist ein Schnaufen zu hören.

DHL in Duisburg: Hoher Corona-Schutz, hohe Belastung

Schnell reagiert habe das Unternehmen auf die Pandemie und die Hygienestandards hochgefahren, sagt Tetiks direkter Vorgesetzter Thomas Martin und zählt auf: Pandemiebeauftragter, Desinfektionsmittel, Mundschutzpflicht, Abstand, Handschuhe, Wellenregelung, Teststrategie. Selbst die Türklinken würden täglich gesäubert, die Fahrerkabine mit der Gartenpumpe Marke Gloria eingesprüht.

„Wir haben einen sicheren Arbeitsplatz und können stolz darauf sein. Wir halten uns an die Standards“, betont Martin. Einen Corona-Ausbruch habe es hier noch nicht gegeben, sagt auch eine Sprecherin der DHL. Und so wird das Virus selbst in der Halle fast zum kleineren Problem.

33.000 Pakete. Diese Menge stellte die Deutsche Post/DHL nach eigenen Angaben alleine am vergangenen Mittwoch im Duisburger Stadtgebiet zu. Um 40 Prozent sei das Aufkommen im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit angestiegen, rechnet Christoph Hollmann vor, der als Niederlassungsleiter den Betrieb in der Stadt verantwortet.

Wenn also in normalen Jahren lediglich in der Adventszeit der Baum brennt, ist jetzt jeden Tag Weihnachten. Obwohl: „Es ist grade schlimmer als an Weihnachten“, sagt Kutay Tetik.

Bestellen aus Langeweile – und jeden Tag eine neue Paketflut

Dankbar sei er für seine Arbeitsstelle, wirft der Duisburger gleich ein und erinnert an die vielen Menschen, die durch die Pandemie ihre Stelle verloren hätten. Aber: „Die Menge ist höher, wir leisten mehr – seit einem Jahr arbeiten wir so.“ Von Menschen spricht Tetik, die im Internet aus Langeweile bestellen würden. Er schüttelt den Kopf. Es einmal ruhiger angehen zu lassen, können sich er und seine Kollegen nicht erlauben, schließlich wartet am nächsten Tag schon wieder eine neue Flut an Paketen.

Vom Rollkasten in den Kastenwagen: Paketbote Kutay Tetik bei der Arbeit in der Zustellbasis in Duisburg-Mitte.
Vom Rollkasten in den Kastenwagen: Paketbote Kutay Tetik bei der Arbeit in der Zustellbasis in Duisburg-Mitte. © FUNKE Foto Services | Stefan Arend

Die Deutsche Post/DHL versucht gegenzusteuern und hat seit März 2020 alleine in Duisburg 400 neue Kräfte eingestellt, 300 davon dauerhaft – 1250 Beschäftigte sind es in der Stadt inzwischen insgesamt. „Wir rechnen mit weiterem Wachstum in den kommenden Quartalen, auch wenn sich die Wachstumsraten über Zeit normalisieren werden. Deshalb verstärken wir die Investitionen in unsere Infrastruktur“, sagt Niederlassungschef Christoph Hollmann dazu.

Kutay Tetik wirbt für Verständnis

Und mit welchem Gefühl ist Kutay Tetik täglich in seinem Bezirk Neudorf unterwegs? Sorgen wegen einer möglichen Ansteckung mache er sich nicht, berichtet der 35-Jährige, der seit 2016 für die DHL arbeitet. Es hätte Zeit gebraucht, die neuen Anweisungen zu Pandemie-Beginn zu erklären, schließlich sei das Kommunizieren schwerer gefallen. Jetzt hätten sich die Leute daran gewöhnt, mit Corona zu leben. Und die Unverbesserlichen gebe es so oder so weiter.

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Wie den Mann, der eine Viertelstunde wegen seiner Nachnahme hinter ihm hergefahren sei, um sich den Weg zur Filiale zu sparen, erzählt Tetik. „Wir dürfen weder Personalausweis noch Geld anfassen, so ist die Regel. Er wollte das aber nicht verstehen.“

Verständnis – darum wirbt der Duisburger deshalb. Wenn es um die Spielregeln an der Haustür geht, jedoch auch ob das nächste Online-Shopping wirklich notwendig ist. Er verspricht: „Wir tun unser Bestes, um die Pakete auf die Straße zu bringen.

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