Duisburg. Eine Pflegerin aus dem Fliedner-Heim in Duisburg erhebt schwere Vorwürfe wegen angeblich organisierter Impfvordrängelei. So reagiert das Heim.
Eine Pflegerin aus dem Altenheim der Theodor-Fliedner-Stiftung in Duisburg-Großenbaum erhebt Vorwürfe wegen angeblich organisierter Impfdrängelei. Die Mitarbeiterin, die lieber anonym bleiben will, sagt, dass bei den ersten Impfterminen im dortigen Heim im Januar zuerst die Ehemänner der Einrichtungs- und Pflegedienstleitung mit Restdosen versorgt worden seien. Impfwillige Pflegekräfte hätten an jenem Tag dagegen vergeblich auf einen entsprechenden Anruf und die kurzfristig mögliche Impfung mit Restdosen gewartet – „obwohl sie ganz in der Nähe wohnen“, so die Informantin.
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Laut Kassenärztlicher Vereinigung (KV) Nordrhein konnten zu diesem Zeitpunkt im Januar erst einmal die Mitglieder des mobilen Impfteams mit Restimpfstoff versorgt werden. Danach seien gemäß Verordnung insbesondere weitere Personen der Prioritätsgruppe 1 an der Reihe gewesen, etwa Personal von Intensivstationen und Notaufnahmen.
Waren entsprechend berechtigte Personen nicht vor Ort zu erreichen, war nach Angaben des KVNO-Sprechers grundsätzlich auch eine Ausweitung auf nachfolgende Prioritätsgruppen beziehungsweise eine Abweichung von der Priorisierung möglich, um zu verhindern, dass die Impfdosen ungenutzt verfielen. Die medizinische Entscheidung vor Ort oblag dabei dem impfenden Arzt.
Vorwürfe gegen Einrichtungsleitung des Fliedner-Heims in Duisburg
Die Pflegerin aus dem Fliedner-Heim in Großenbaum macht der Einrichtungsleiterin noch weitere Vorwürfe. So sei kürzlich bei einem Impftermin „die Tochter einer Bekannten der Chefin“ sogar geplant geimpft worden, obwohl diese nichts mit dem Heim zu tun habe.
Hauptamtliche Alltagsbetreuer, die sich viele Stunden am Tag mit den Bewohnern beschäftigten, hätten demnach an diesem Tag nur mit Glück Restimpfstoff bekommen. „Sie hatten sich regulär und rechtzeitig mit allen benötigen Unterlagen für die Impfung angemeldet und fanden sich dann plötzlich ganz hinten auf der Liste wieder“, so die Pflegerin.
Darüber hinaus seien auch einzelne Angehörige von Heimbewohnern bei Impfungen bevorzugt worden. „Sie haben sich so lange beschwert, bis ihnen nachgegeben worden ist“, sagt die Informantin. Sie betont, dass sie zu keinem Zeitpunkt selbst betroffen gewesen und ohne Probleme geimpft worden sei. „Es ist mir aber wichtig, dass die Öffentlichkeit über die Vorgänge Bescheid weiß.“
Impfaffäre um Hafen-Chef Erich Staake machte bundesweit Schlagzeilen
Impfdrängel-Vorwürfe hat es in der Vergangenheit in Duisburg immer wieder gegeben. Bundesweit Schlagzeilen machte zuletzt die Affäre um Hafen-Chef Erich Staake.
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Die Fliedner-Stiftung sah sich bereits vor einigen Wochen in Mülheim mit entsprechenden Vorwürfen eines anonymen Insiders konfrontiert. Im Mittelpunkt der Kritik stand die Vorgehensweise im Hermann-Giese-Haus. Bewohner und Mitarbeiter seien dort vertröstet worden, „während die Angehörigen der Leitungsebene sich als Impfdrängler entpuppt haben“, so die Vorwürfe in Mülheim.
Fliedner-Heim wehrt sich
Die Fliedner-Stiftung hat sich schon damals gegen die Vorwürfe gewehrt – und tut dies auch aktuell. Bereits im Dezember habe die Einrichtungsleitung des Heims in Großenbaum alle Mitarbeitenden und Bewohner angeschrieben und einen Aufruf an alle Impfwilligen verschickt. „Nach Rücksprache mit der Stadt zählen zu der Priorisierungsgruppe alle Mitarbeiter, auch ehrenamtliche, Bewohner und ehrenamtlich Betreuende von Bewohnern“, so Fliedner-Sprecherin Claudia Kruszka.
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Bei den kritisierten Impfungen habe es sich ebenfalls um ehrenamtliche Mitarbeiter gehandelt, „die auch zu Corona-Zeiten Angebote für Bewohner umgesetzt haben“, so Kruszka. Die anonyme Informantin hält auf Nachfrage der Redaktion dagegen und sagt: „Keine dieser Personen steht auf der offiziellen Ehrenamtsliste des Heims.“
Die Fliedner-Sprecherin bleibt bei ihrer Feststellung und sagt zudem, dass nur jene Impfwillige bei allen bisherigen vier Impfterminen berücksichtigt werden konnten, die ihre Unterlagen zuvor korrekt ausgefüllt hatten. „Zwei Mitarbeitende“, so Kruszka, „haben erst am letzten Impftag ihre Impfeinwilligung mündlich bekundet und stehen nun auf der Liste für die nächste Erstimpfung in der Einrichtung.“
>> FLIEDNER-HEIM IN DUISBURG: 90 PROZENT DER MITARBEITER GEIMPFT
■ Nach einer zunächst geringen Impfquote unter den Pflegekräften aufgrund von Vorbehalten vor allem zu Beginn der Impfungen hat nach Angaben der Theodor-Fliedner-Stiftung die interne Impfkampagne mittlerweile Früchte getragen. Dazu habe auch ein vom Heim in Großenbaum eigens organisierter und coronakonformer Infotag im Januar beigetragen.
■ Inzwischen haben demnach in der Einrichtung nach den vier Terminen für Erstimpfungen seit Januar 90 Prozent der 140 Mitarbeitenden Vakzine gespritzt bekommen. Etwas höher sei die Quote bei den 134 Bewohnern.