Duisburg. Lamya Kaddor, Bundestagskandidatin für die Duisburger Grünen, hat sich ein Wahlkampf-Format ausgedacht. Sie nutzt Fastenbrechen für Gespräche.
Lamya Kaddor, Islamwissenschaftlerin, Lehrerin und nun auch Bundestagskandidatin für die Duisburger Grünen, hat sich ein neues Wahlkampf-Format ausgedacht. Während des Fastenmonats Ramadan lädt sie jeden Donnerstag (prominente) Gäste zum Iftar, zum Fastenbrechen-Essen ein. Als gefragte Expertin in Fernseh-Talkshows rund ums Thema Islam ist ihr Netzwerk groß. Am Donnerstag, nachdem die Grünen Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin bekanntgegeben haben, stand Kaddor mit dem Kabarettisten und Schauspieler Fatih Çevikkollu sowie dem Fotografen, Journalisten und Islamwissenschaftler Lutz Jäkel zunächst in der Küche, um den Nachtisch „Knafeh“ zuzubereiten. Gestreamt und aufgezeichnet wurde das Gespräch in der neuen Kreativzentrale des Coworking-Space „KS36 – die Kreativweide in den ehemaligen Hild Werkstätten“.
Es ist ein Abend unter frisch auf Corona getesteten Freunden und Gästen. Mit Lutz Jäkel hat Lamya Kaddor ein Buch über Syrien herausgegeben. Jäkels Fotos zeigen das Land, wie es vor dem Krieg einmal ausgesehen hat.
Çevikkollu und die 42-Jährige kennen sich, weil sie sich am Rande von Veranstaltungen immer mal wieder begegnet sind. „Die ist ja gar nicht so doof“, habe er sich gedacht, verrät der Kölner, der Bücher wie „Moslem TÜV“ geschrieben hat – und einem breiteren Publikum als „Murat“ aus „Alles Atze“ bekannt sein dürfte. In einem sind sich die beiden allerdings einig: Die Witze von Çevikkollu sind besser, aber das gehört auch nicht zum Anforderungsprofil einer Politikerin.
Duisburger Bundestagskandidatin ist motiviert für den Wahlkampf
Bei zuckriger Süßspeise plaudern die drei über Geburtsorte – Lutz Jäkel stammt aus Schmallenberg im Sauerland, zog dann aber als Fünfjähriger mit seiner Familie nach Istanbul. Kommentar Fatih Çevikkollu: „Jackpot, was für ein Aufstieg.“
Inzwischen ist Jäkel weit rumgekommen in der Welt, so dass ihm seine Eltern ausgerechnet zum Geburtstag eine Reise nach Schmallenberg geschenkt haben. „Sauerland soll ja schön sein“, bemerkt Lamya Kaddor. „Obwohl, Friedrich Merz kommt da her.“ Womit die Runde bei der Politik ist.
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Die Woche läuft ganz gut für die Grünen. Die Frage, wer als Kanzlerkandidat antreten soll, hat die Partei wesentlich geräuschloser gelöst als die CDU. Lamya Kaddor, die erst vor fünf Monaten in die Partei eingetreten ist, ist motiviert. „Ich kenne beide gut, auch schon viel länger. Annalena ist eine hervorragende Fachpolitikerin, aber mein erstes Gespräch habe ich damals mit Robert Habeck geführt. Ich finde es spannend, wie er als Philosoph Politik betrachtet.“
Kaddor ist motiviert. „Ich will einen fairen Wahlkampf führen.“ Mit dem Fastenbrechen-Essen will sie nicht gezielt in der Migranten-Community werben, „ich will alle Duisburger erreichen.“ Mit Platz zwölf hat sie einen guten Listenplatz, der bereits 2017 für ein Bundestagsmandat gereicht hätte. Für die nächsten Monate hat sie noch viele Ideen für einen kreativen Wahlkampf. Mit Blick auf die Iftar-Abende sagt sie: „Ich finde das Format spannend.“
Keine vorgegebenen Gesprächsthemen
Vorgegebene Themen gibt es nicht, die Fragen unter den Gesprächspartnern sind nicht abgesprochen. So erzählt Çevikkollu, dass er in diesem Jahr zum ersten Mal fastet. „Ereignisarmut“, vermutet er als Grund. „Aber das Gefühl ist super, wenn man um fünf Uhr morgens aufsteht und mittags schon drei Mal die Welt gerettet hat“, erzählt er und grinst breit.
Für Lutz Jäkel wäre das nichts. „Aber ich habe heute nur gefrühstückt, damit ich vom Gefühl näher dran bin.“ Dafür erzählt er sehr eindrücklich, wie er Ramadan als Reisender in den verschiedenen Ländern wahrgenommen hat und auch als bekennender Atheist beim Fastenbrechen dabei sein durfte. Lamya Kaddor fastet, hat ihren Kindern aber auch Pasta zum Mittagessen gekocht. Sie sei da nicht dogmatisch.
Bis Freitagnachmittag hatten sich das Gespräch rund 2200 Personen auf der Facebook-Seite Kaddors angeschaut. Es erinnert ein bisschen an „Zimmer frei.“
>> Weitere Prominente Gäste haben sich angekündigt
■ Für die nächsten beiden Donnerstage haben sich der Duisburger Nikolaus Schneider, der ehemalige Ratspräsident der evangelische Kirche, die Politikerin Marina Weisband und der Sänger Adel Tawil angekündigt.
■ Wer live dabei sein will, kann das Gespräch auf der Facebook-Seite von Lamya Kaddor verfolgen. Dort ist auch die Aufzeichnung zu sehen.