Duisburg. In Duisburg greift eine Kontaktbeschränkung im privaten Raum, erste Verstöße wurden bereits festgestellt. Das sagt ein Anwalt zur Verordnung.

Der Duisburger Krisenstab hat am vergangenen Donnerstag einen harten Schritt gemacht: Er hat eine Kontaktbeschränkung per sofort auch für den privaten Raum eingeführt. Demnach sind in der Corona-Krise Treffen zuhause nur noch unter Beteiligung von maximal zwei Hausständen und nur bis zu einer Gesamtzahl von fünf Personen gestattet. Kinder der jeweiligen Hausstände werden bis zu einem Alter von einschließlich 14 Jahren nicht mitgezählt. Und: Paare gelten unabhängig von den Wohnverhältnissen lediglich als ein Hausstand.

Wie viele der 119 am Wochenende festgestellten Kontaktverstöße nun in privaten Räumen stattfanden, konnte Stadtsprecher Sebastian Hiedels noch nicht präzisieren. Aber: Zum Beispiel in einer Wohnung in der Innenstadt löste das Ordnungsamt eine Zusammenkunft von 18 Personen aus vier Haushalten auf, leitete Bußgeldverfahren ein.

Ist die Duisburger Kontaktbeschränkung überhaupt kontrollierbar?

Nach Bekanntgabe der verschärften Regelung hatte die Stadtverwaltung angekündigt, diese in Kooperation mit der Polizei konsequent zu kontrollieren. Dort, wo konkrete Hinweise vorliegen, werde man tätig, hieß es. Die Verordnung hat zum Beispiel in den Sozialen Medien für teils heftige Diskussionen gesorgt, ist umstritten.

Die Polizei verwies bei der Ankündigung der Kontrollen auch auf den rechtlichen Rahmen. Doch was heißt das konkret? Die Redaktion hat den Duisburger Rechtsanwalt Florian Hesse um eine rechtliche Einschätzung gebeten und mit ihm auch über die Frage der Durchsetzbarkeit gesprochen.

Maßnahme muss erforderlich, geeignet und verhältnismäßig sein

Hesse ist Vorsitzender des Anwaltsvereins in Duisburg, einem freiwilligen Zusammenschluss von Landgerichtsanwälten, die unter anderem kostenlose Rechtsberatung für Bedürftige anbieten. Er betont zunächst, dass (Ermittlungs-) Behörden wie Polizei, Ordnungsamt oder Gesundheitsamt nur Zutritt in eine Wohnung bekommen, wenn ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss vorliegt oder Gefahr im Verzug ist. Dies sei in Artikel 13, Absatz 2 geregelt. Dort heißt es:

(1) Die Wohnung ist unverletzlich. (2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

Außerdem sei jede freiheitsbeschränkende Maßnahme „nur dann rechtswirksam, wenn sie gleichzeitig erforderlich, geeignet und verhältnismäßig ist“, so Hesse.

Ist die neue Verordnung erforderlich? „Dabei geht es in erster Linie um die Frage, ob eine Gefahrenlage besteht“, so der Vorsitzende des Anwaltsvereins. „Und die ist aufgrund von Corona gegeben.“

Florian Hesse, Vorsitzender des Anwaltsvereins in Duisburg, hat eine rechtliche Einschätzung zu den von der Stadt Duisburg beschlossenen, aktuellen Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich abgegeben.
Florian Hesse, Vorsitzender des Anwaltsvereins in Duisburg, hat eine rechtliche Einschätzung zu den von der Stadt Duisburg beschlossenen, aktuellen Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich abgegeben. © FUNKE Foto Services | Stephan Eickershoff

Ob die beschlossenen Maßnahmen im juristischen Sinne auch geeignet seien, dürfe allerdings zumindest angezweifelt werden. „Das liegt schon daran, dass es bei den Kontaktbeschränkungen Ausnahmen gibt. Kinder bis 14 Jahre werden nicht mitgezählt, obwohl sie natürlich auch das Virus übertragen können“, so Hesse. Er betont gleichzeitig: „Ich kann natürlich bei solchen tief gehenden, auch verfassungsrechtlichen Fragen leicht juristisch daran rummäkeln, möchte sowas aber auch nicht entscheiden müssen.“

Sind Kontaktbeschränkungen verhältnismäßig?

Ob Kontaktbeschränkungen geeignet sind, hänge am Ende eng mit der Frage zusammen, ob sie auch verhältnismäßig sind, sagt Hesse. Er verweist in diesem Zusammenhang auf Artikel 2, Absatz 2, des Grundgesetzes. Dort heißt es:

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich.

Noch kein Verfahren am Verwaltungsgericht in Düsseldorf

Das Verwaltungsgericht in Düsseldorf hat sich bereits mit diversen Verordnungen zum Schutz vor Corona auseinandergesetzt und vor gut einem Monat etwa einen Eilantrag eines Bürgers gegen das ebenfalls umstrittene Verweilverbot in bestimmten Bereichen der Landeshauptstadt abgelehnt (Aktenzeichen: 7 L 376/21). Begründung: „Die Bedeutung der zu schützenden Rechtsgüter der Gesundheit der Bevölkerung während der noch andauernden Pandemie überwiegt gegenüber den privaten Interessen des Antragstellers, dessen Rechte vergleichsweise geringfügig eingeschränkt würden.“

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Was die aktuelle Duisburger Verordnung betrifft, ist bisher noch kein Verfahren anhängig. Dies teilt eine Sprecherin des Gerichts auf Nachfrage der Redaktion mit. „Es hat bisher im gesamten Zuständigkeitsbereich des Gerichts auch noch keine streitige Entscheidung zu Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich gegeben.“

>> SO BEGRÜNDET DIE STADT DUISBURG DIE VERSCHÄRFUNG

  • Die Stadt begründet ihre neue Allgemeinverfügung mit rasch steigenden Inzidenzwerten und der in Duisburg stark verbreiteten britischen Mutation.
  • Krisenstabsleiter Martin Murrack verwies in diesem Zusammenhang auch auf einen Schwerpunkt bei Ansteckungen im privaten und familiären Bereich.