Duisburg. Im dritten Jahr fahren immer noch tausende zu schwere Lkw in die Wiegeanlagen auf der A 40. Polizeibeamte über dicke Brummis und Technikprobleme.

Damit die über 50 Jahre alte Rheinbrücke in Duisburg Neuenkamp hält, bis der Neubau steht, dürfen nur noch Lkw hinüber fahren, die maximal 44 Tonnen wiegen. Seit November 2018 sortiert die Wiegeanlage in Richtung Essen zu dicke Brummis aus, seit Mai 2019 ist auch in Richtung Venlo die Waage aktiv.

Die Grenzwerte scheinen sich in der europäischen Speditionsbranche aber noch nicht herumgesprochen zu haben. Die Polizei Duisburg, die für die Waage in Fahrtrichtung Venlo zuständig ist, hat im Schnitt 22 zu schwere Lastwagen täglich ausgebremst, sagt deren Pressesprecher Jonas Tepe. Insgesamt 8138 Lkw waren 2020 zu schwer für die Rheinbrücke.

In Richtung Essen wurden 7759 Lkw aussortiert, sagt Ekkehard Oberbeckmann von der Autobahnpolizei Düsseldorf, die für die Waage in Homberg zuständig ist. Seit Beginn der Messungen hätten sich die Verstöße halbiert, „aber eigentlich müsste es inzwischen bis Kiew jeder wissen und gegen Null gehen“, wundert sich Oberbeckmann über die Vielzahl der zu schweren Laster.

Die schwersten Lkw wiegen über 60 Tonnen – statt der erlaubten 44

Vor der A 40-Rheinbrücke Neuenkamp werden zu schwere Laster auf einen Wiegeplatz abgeleitet.
Vor der A 40-Rheinbrücke Neuenkamp werden zu schwere Laster auf einen Wiegeplatz abgeleitet. © Hans Blossey

Die Fahrzeuge werden bei Tempo 40 nach einer ersten Messung über Sensoren von der Autobahn abgeleitet, danach erfolgt eine gerichtsverwertbare Messung durch die Polizei in der Wiegeanlage. Der schwerste Laster Richtung Venlo brachte es auf 60,43 Tonnen. „Das höchste festgestellte Gewicht auf der Antriebsachse lag bei 19,02 Tonnen statt der zulässigen 11,5 Tonnen“, berichtet Tepe. Richtung Venlo gab es seit Eröffnung der Waagen in jedem Jahr mindestens einen Brummi, der über 60 Tonnen wog, sagt Oberbeckmann. Der Schwerste habe 62 Tonnen gewogen.

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Zusätzlich zum Gewicht werden von den Polizisten vor Ort Gespann und Fahrer überprüft, dabei haben die Beamten 2176 mal Verstöße festgestellt, etwa wegen der Überschreitung der Achslast, mangelnder Ladungssicherung, technischen Mängel, aber auch Verstößen gegen die Sozialvorschriften (Lenk- und Ruhezeiten), sagt Pressesprecher Jonas Tepe.

Gabelstapler vor Ort hilft beim Umverteilen der Ladung

Das Thema Achslast treibt auch die Kollegen auf der anderen Rheinseite um. Ein Laster hatte statt der erlaubten 11,5 Tonnen sagenhafte 19,95 Tonnen - und sowieso mit 58 Tonnen Gesamtgewicht viel zu viel geladen.

Ein Gabelstapler ist zumindest tagsüber vor Ort und hilft beim Umladen, berichtet Oberbeckmann. Wer die Melonen an der Stirnseite stapelt und den Rest mit Salatköpfen belegt, der hat eben schnell eine zu hohe Achslast, erklärt der Leiter des Verkehrsdienstes. Einfache Physik, die mancher Spediteur nicht beherrscht, bedauert der Polizist, aber in diesem Fall leicht zu lösen. Bei anderen Ladungen muss ein zusätzlicher Lkw geschickt werden, der die überzählige Fracht aufnimmt.

Auch bei Gefahrgut müsse der Spediteur selbst ran - oder die Feuerwehr, wie zuletzt vor einem Jahr, als aus einem zu schweren Gefahrguttransporter eine Flüssigkeit tropfte und Einsatzkräfte in Chemieanzügen die Kontrolle übernahmen. Am Ende war es zum Glück nur Wasser.

Container würden nur selten geöffnet: „Gerade wenn sie aus China sind, sind sie oft mit Insektenvernichtungsmitteln begast“, begründet Oberbeckmann. Außerdem müssten verplombte Container später wieder entsprechend verschlossen werden, und dafür müsste wiederum der Zoll anrücken.

Bußgelder und Sicherheitsleistungen

Bei Fahrern mit Wohnsitz in Deutschland wird ein Bußgeldverfahren in Gang gesetzt, bei Fahrern aus dem Ausland muss vor Ort eine Sicherheitsleistung erbracht werden, bevor die Tour weitergehen kann. Die reine Überladung kann bis zu 380 Euro Strafe kosten, bei Vorsatz kommen weitere Strafen hinzu.

Der Grenzwert, der vielerorts 40 Tonnen beträgt, ist in Duisburg aufgrund einer Sondergenehmigung für kombinierte Verkehre auf 44 Tonnen erhöht. Weil per Schiff und Schiene viele entsprechend schwere Container ankommen, hätten viele Laster eine Sondergenehmigung, sagt Jonas Tepe.

Nicht alle zu schweren Brummis werden zur Kasse gebeten

Die Duisburger und die Düsseldorfer Polizeibehörde sei vom Innenministerium personell aufgestockt worden, um in beiden Wiegeanlagen jeweils im Schicht-Betrieb mit zwei Polizeibeamten vor Ort sein zu können, sagt Oberbeckmann. Manche Schichten seien nicht besetzt, etwa wegen des Sonntagsfahrverbots.

Diese Baustellen verstopfen die Autobahnen im RuhrgebietDennoch würden Lkw vielfach nur von der Autobahn abgeleitet, weil sie nicht gerichtsfest nachgewogen werden können: Eis und Schnee etwa stoppten die Anlage vor wenigen Wochen, auch starker Regen kann den Wiegeplatten zusetzen. Das sei wie bei den Rasern: „Nicht alle werden erwischt, und wir können nicht alles überwachen.“ Etwa ein Drittel der Fahrer bekomme ein Bußgeld.

„Aber die Vorauswahl läuft kontinuierlich, da wird nur alle drei Monate nachjustiert“, sagt Oberbeckmann, und damit sei gewährleistet, dass kein zu dicker Brummi über die Brücke fährt. „Das A und O ist, dass keine neuen Risse entstehen“, und das werde verhindert.

>>>UNFÄLLE IN DEN WIEGEANLAGEN

  • 2019 hat es 136 mal vor den Schranken gescheppert – 32 mal Richtung Essen, 104 mal Richtung Venlo. Dabei habe es lediglich Sachschäden gegeben, Personen seien nicht verletzt worden, sagt Pressesprecher Andre Hartwich von der Autobahnpolizei Düsseldorf.
  • 2020 gab es noch 101 Unfälle – 39 Richtung Essen, 62 Richtung Venlo.