Duisburg. Drei Musikerinnen der Duisburger Philharmoniker blicken auf eine zermürbende Zeit zurück. Warum sie nicht länger auf Publikum verzichten möchten.
Üben und Proben stehen auch während der Corona-Pandemie auf dem Tagesplan. In diesem Punkt unterscheidet sich der Alltag der drei Philharmonikerinnen Magdalena Ernst, Luisa Höfs und Annelie Haenisch heute nicht stark von der Zeit vor dem Lockdown. Aber ohne Konzerte und Publikum ist das Leben trauriger geworden, sind sie sich einig.
Die Musikerinn wissen, dass sie auf hohem Niveau klagen. „Wir sind als Festangestellte in einer günstigen Lage“, sagt Geigerin Luisa Höfs mit Blick auf die freischaffenden Musikerkollegen, die Corona in Existenznot gebracht hat. „Aber jetzt merken wir, dass wir ohne Publikum nicht leben können oder wollen.“ Und Hornistin Magdalena Ernst unterstreicht: „Ständiges Üben ist wichtig, aber man kreist um sich selbst, es gibt wenig Austausch. Wo ist das Ziel, wo die Perspektive? Das ist zermürbend.“
Musikerinnen aus Duisburg: Schon eine durchlaufende Probe macht froh
Wenn die Musiker Dienst haben, wird ab 10 bis mittags und abends von 19 bis 21.30 Uhr geprobt oder sie sind bei Opernvorstellungen oder Konzerten im Einsatz. „Dazu gehört natürlich vorher kommen, einspielen und sich vorbereiten“, sagt Bratschistin Annelie Haenisch, die inzwischen schon froh ist, wenn sie eine durchlaufende Probe spielen kann. „Mir fehlt, drei Stunden vollkommen konzentriert eine Sache zu machen und dann zufrieden nach Hause zu gehen.“
Als langjähriges Mitglied im Orchestervorstand hat sie zwischen Mails, Telefonaten und – neuerdings – Kontrolle der Kurzarbeitsorganisation und -abrechnung – das Gefühl, nichts zu Ende zu bringen und sich zu verzetteln. Etwas Auftrieb hätten dem Orchester die Fensterkonzerte gegeben, mit denen die Philharmoniker in der Adventszeit ein wenig Musik in die Stadt bringen wollten. Auch die mussten schon wieder eingestellt werden, ein schwer verdauliche Absage.
„Die Mercatorhalle ist sicherer als jedes Einkaufszentrum“
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Kaum nachdem der philharmonische „Adventskalender“ bekannt geworden war, haben sich „60 bis 80 Leute“ auf dem Opernplatz versammelt, um der Musik aus dem Opernfoyer zu lauschen. „Wir hören vom Publikum, wie wichtig Musik jetzt wäre für die psychische Gesundheit“, sagt Luisa Höfs. „Wir wollen doch Musik machen, das ist sinnstiftend“, sagt Magdalena Ernst, die „total froh war“ über die kleinen Konzerte, an denen sie sich auch schon beim ersten Lockdown etwa vor Altenheimen beteiligt hat.
„Das Publikum kommt, wenn etwas angeboten wird“, ist Luisa Höfs zuversichtlich, dass auch nach Ende der Pandemie die Lust wieder groß sein wird, ins Konzert zu gehen. „Die Mercatorhalle ist sicherer als jedes Einkaufszentrum.“ Annelie Haenisch macht zuversichtlich, dass die Arbeitsgruppe der Landesregierung, die sich mit Kultur zu Coronazeiten beschäftig, Konzert nicht mehr zu den Freizeitvergnügen gezählt wird.
Raum für neue Ideen für die Zukunft
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Ihre Woche habe ja nie die gleiche Tagesstruktur, kann Luisa Höfs auch jetzt mit der Nicht-Struktur umgehen. „Wir haben ja schon im Studium gelernt, uns selbst zu organisieren.“ Und früher: Viele Musiker haben ja schon als Kinder angefangen, später muss für die Aufnahmeprüfung fürs Studium geackert werden. Als neues Mitglied im Orchestervorstand hat sie eine Aufgabe gefunden, die ihr eine Herzensangelegenheit ist. Wobei „90 Musiker, 90 Individuen, die arbeiten wollen und alle Ideen haben“ schon nicht leicht unter einen Hut zu bringen seien. Vielleicht biete die Krise ja auch Raum für neue Ideen für die Zukunft, etwa neue Konzertformate zu entwickeln, so Luisa Höfs: „Ich habe die Hoffnung, anders aus der Krise rauszukommen.“
Was sich die Musikerinnen wünschen: Planungssicherheit, eine verlässliche Perspektive, nachvollziehbare Regeln – und endlich wieder die Emotionen zu spüren, wie sie nur eine Aufführung mit Publikum vermitteln kann.
>>ABSAGEN FÜR NEUJAHRSKONZERTE UND DARÜBER HINAUS
- Seit drei Monaten gibt es keine Konzerte der Duisburger Philharmoniker mehr. Für Januar standen insgesamt zwölf Kozerttermine im Kalender – vom großen Neujahrs- bis hin zum Orgelkonzert.
- Bis mindestens zum 14. Februar gilt der fortgesetzte Lockdown auch im Kulturbereich; damit muss auch das 6. Philharmonische Konzert ausfallen.