Duisburg. Die Stadtverwaltung will keine nach Stadtteilen aufgeschlüsselten Corona-Daten veröffentlichen. So argumentiert sie gegenüber der Redaktion.

Die Duisburger Stadtverwaltung wird unserer Redaktion keine nach Stadtteilen aufgeschlüsselten Corona-Fallzahlen übermitteln. Das hat Stadtsprecherin Anja Kopka auf eine erneute Nachfrage unserer Redaktion am 18. November abermals bestätigt.

Duisburg zählt nach neun Monaten Corona-Pandemie laut Meldestatistik zu den am stärksten betroffenen Großstädten Deutschlands. Etwa 10.000 labortechnische Tests fielen hier schon positiv aus, auf 100.000 Einwohner kommen inzwischen 2000 Corona-Fälle. Bald wird jeder 50. Einwohner positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden sein.

Viele Duisburger beschäftigt die Frage, warum das Virus ausgerechnet in Duisburg – wie beispielsweise auch in Rosenheim und Augsburg, Offenbach und Frankfurt, Herne und Gelsenkirchen – so stark grassiert. Eine einzige einfache Antwort darauf gibt es nicht. Zahlreiche Faktoren beeinflussen das lokale Infektionsgeschehen und die Statistiken.

Auf der Suche nach Antworten und in Sorge um ihre Gesundheit fragen uns Leser immer wieder, ob die Duisburger Stadtteile unterschiedlich stark betroffen sind und warum unsere Redaktion die Stadtteil-Infektionszahlen trotz des öffentlichen Interesses nicht veröffentlicht.

Die Antwort darauf ist einfach: Wir haben diese Daten nicht. Unsere Lokalredaktion hat mehrmals vergeblich versucht, solche Informationen zum innerstädtischen Infektionsgeschehen vom Gesundheitsamt über das Amt für Kommunikation zu erhalten.

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Duisburg: Gesundheitsamt beobachtet Infektionsgeschehen in Stadtteilen

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Damit wir möglichst vollständig, transparent und, wo möglich, erklärend über die Corona-Lage in der Stadt berichten können, geben wir nicht nur die Zahlen wieder, die das Amt für Kommunikation montags bis freitags veröffentlicht (aktive Fälle, Infektionen in Summe, Zahl der Genesenen und Verstorbenen, Anzahl Tests). Wir fragen die Stadtsprecherinnen und -sprecher darüber hinaus oft mehrmals pro Woche auch nach Ausbrüchen in Schulen, Firmen, Seniorenheimen, Asylunterkünften – und nach lokal begrenzten Hotspots in Vierteln nördlich und südlich der Ruhr, links und rechts des Rheins.

Denn wir wissen, dass auch die seit Monaten unter Dauerstress agierenden Mitarbeiter des Gesundheitsamtes und des Corona-Krisenstabes das innerstädtische Infektionsgeschehen in den Vierteln im Blick haben, um Infektionsketten und -herde frühestmöglich identifizieren und unterbrechen zu können.

Hinweise liefern ihnen die Postleitzahlen in den Adressen Infizierter. Damit lassen sich auch Neuinfektionsraten wie die inzwischen bekannte Sieben-Tage-Inzidenz (Fälle pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen) für die unterschiedlichen PLZ-Bezirke ausrechnen.

Seit März aber hat das Amt für Kommunikation auf die Nachfragen unserer Redaktion nur einmal von geografisch auffälligen Fall-Häufungen im Stadtgebiet berichtet.

Am 4. November erklärte Amtsleiterin Anja Kopka: „Nachdem das Infektionsgeschehen lange Zeit diffus über das gesamte Stadtgebiet verteilt war, stellen wir nun erhöhte Zahlen im Duisburger Norden und in Hochfeld fest. Es ist allerdings nach wie vor so, dass leider so gut wie alle Stadtteile in Duisburg eine Inzidenz von deutlich über 100 aufweisen.“

Darüber haben wir berichtet – ebenso, im Juli, über ein versehentlich vom Gesundheitsamt an Vereine, Gemeinden und Verbände verschicktes Schreiben. Dadurch war seinerzeit bekannt geworden, dass sich nach Familien- und Glaubensfeiern größere Infektionsketten in Hochfeld und mehreren Stadtteilen im Duisburger Norden gebildet hatten. Im Schreiben hieß es, „dass die Erkrankung sich oft innerhalb einer Familie verbreitet. Bei großen Familien kann das zu sehr vielen Erkrankungen führen.“

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Amt für Kommunikation: Keine „Stadtteil-Hotspots“ oder „Risiko-Stadtteile“

In den Wochen zuvor und den Monaten danach hatten Anja Kopka und ihre Mitarbeiter auf unsere Fragen nach stadtteilbezogenen Sieben-Tage-Inzidenzwerten durchgängig geantwortet, es gebe keine Häufungen in bestimmten Stadtteilen, keine „Risiko-Stadtteile“, sondern ein „diffuses Infektionsgeschehen“, das sich über das gesamte Stadtgebiet verteile.

Stadt- und OB-Sprecherin Anja Kopka leitet das Duisburger Amt für Kommunikation.
Stadt- und OB-Sprecherin Anja Kopka leitet das Duisburger Amt für Kommunikation. © Stadt Duisburg | Zoltan Leskovar

Zudem seien die stadtteilbezogenen Inzidenzwerte „extrem volatil“, so Kopka, also unbeständig, schwankend – und darum mitunter irreführend. Ein Grund für die großen Sprünge seien neben den kurzen Zeiträumen der Betrachtung, die vergleichsweise geringen Einwohnerzahlen. Die Inzidenzwerte werden schließlich auf 100.000 Einwohner hochgerechnet, wodurch in einigen Stadtteilen bereits eine Handvoll Neuinfektionen zu einem Inzidenzwert von mehr als 50 führen könne.

Zudem verzerrten beispielsweise Infektionen in Seniorenheimen die Werte. Wegen des „extrem wechselhaften Infektionsgeschehens“ sei es falsch, von „Stadtteil-Hotspots“ zu sprechen, erklärte Kopka zum Beispiel am 10. Oktober.

Stadtteil-Inzidenzwerte hat die Stadtverwaltung unserer Redaktion auf mehrfache telefonische und schriftliche Anfragen nie übermittelt.

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Auch kumulierte Stadtteil-Daten für Langzeit-Betrachtung angefragt

Um aussagekräftigere Daten zu erhalten, hatte unsere Redaktion das Amt darum zuletzt stattdessen um kumulierte Stadtteil-Infektionszahlen gebeten. Aus solchen würde hervorgehen, wie viele Bewohner eines PLZ-Bezirks in einem längeren Zeitraum, etwa von März bis November, insgesamt positiv getestet wurden.

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Die Zulieferung dieser Befallsdaten lehnt Stadtsprecherin Anja Kopka, zugleich Sprecherin des Oberbürgermeisters, ebenfalls ab. Sie schreibt: „Die Zahlen haben keine Steuerungsrelevanz. Niemand sollte sich in falscher Sicherheit wiegen, weil in seinem Stadtteil die Inzidenz über oder unter der Durchschnittsinzidenz liegt.“

Außerdem sei die Zulieferung der Daten für die Verwaltung nicht zu stemmen: „Wir können in Anbetracht des Arbeitsaufkommens sowohl im Gesundheitsamt als auch in der Pressestelle keinen zusätzlichen Statistikaufwand betreiben.“

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Dass die Stadtverwaltung, vor allem das Gesundheitsamt, überlastet ist und bei der Bekämpfung des Virus wichtigere Aufgaben als die Bereitstellung von Statistiken hat, steht außer Frage. Eine zügige Zulieferung der Daten hat unsere Redaktion gleichwohl nicht eingefordert.

Behörden können die Auskunft an die Presse aus mehreren Gründen verweigern, etwa wenn überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen oder der Aufwand unzumutbar ist (siehe Infobox).

So machen es die Städte Essen und Gelsenkirchen

Die Essener Stadtverwaltung hat sich in der Corona-Pandemie anders entschieden. Sie veröffentlicht auf einer täglich aktualisierten Ansicht ihres Geo-Onlineportals Infektionszahlen je Stadtbezirk. Die Stadt Gelsenkirchen hat auf Nachfrage der dortigen WAZ-Lokalredaktion nach PLZ-Bezirken aufgeschlüsselte Fallzahlen veröffentlicht. Andere städtische Pressestellen im Ruhrgebiet veröffentlichen wie die Stadt Duisburg jedoch ebenfalls keine kleinräumigeren Corona-Auswertungen.

>> DAS SAGT DAS LANDESPRESSEGESETZ NRW: § 4 INFORMATIONSRECHT DER PRESSE

„(1) Die Behörden sind verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen.

(2) Ein Anspruch auf Auskunft besteht nicht, soweit

• 1. durch sie die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder

• 2. Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen oder

• 3. ein überwiegendes öffentliches oder ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder

• 4. deren Umfang das zumutbare Maß überschreitet.“