Duisburg. Mert Özdil (9) aus Duisburg sitzt seit Monaten im Rollstuhl. Seine Familie hat lange um neue Beinprothesen gekämpft. Das sagt die Krankenkasse.

Es ist das Ende einer kleinen Odyssee: Mert Özdil aus Duisburg ist erst neun Jahre alt – und musste in seinem Leben trotzdem schon eine Menge durchmachen. Infolge einer Meningokokken-Sepsis litt er auch unter dem sogenannten Waterhouse-Friderichsen-Syndrom – eine hochgefährliche Komplikation, die ohne Therapie innerhalb von zwölf bis 24 Stunden tödlich ist und selbst unter „Maximaltherapie“ häufig zum Tode führt.

Um dieses schlimme Schicksal sind Mert Özdil, seine Eltern und seine Geschwister zum Glück herumgekommen – zu einem hohen Preis. Im Dezember 2016 mussten Mert wegen Nekrosen an allen Extremitäten, wodurch das Hautgewebe nach und nach abstirbt, beide Unterschenkel und mehrere Finger abgenommen werden.

Neue Beinprothesen für den Duisburger Mert Özdil (9) für ein besseres Leben

Mit zwei Beinprothesen war der junge Duisburger dann zumindest wieder mobil, doch nach einer erneuten Operation an der Düsseldorfer Uniklinik stand Familie Özdil vor neuen Problemen. Die neuerliche Operation behandelte einen Knochensporn, der zu einer Druckstelle geführt hat, doch die nun veränderten Unterschenkelstümpfe ließen es seit März 2020 nicht mehr zu, dass Mert seine Prothesen trägt. Zu groß waren die Schmerzen. An den Rollstuhl gefesselt, bemühte sich die Familie bei der AOK um neue Prothesen – und bekam jetzt ihr Happy End.

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„Dass Mert wieder Prothesen bekommt, ist wichtig für ihn, damit er ein besseres Leben führen kann“, erklärt seine Schwester Büsra, die sich um ihren Bruder sorgt. Die alten Prothesen sind nach den neuen Operationen keine Alternative mehr, „die liegen mittlerweile im Keller“, sagt Büsra Özdil. Die Kosten für die neuen, an die veränderten Unterschenkel angepassten Prothesen belaufen sich auf über 13.000 Euro, das besagt ein Kostenvoranschlag der Uniklinik Heidelberg, an die sich die Familie Özdil gewandt hat.

Lange Ärger mit der Krankenkasse

Die AOK Rheinland/Hamburg, bei der Mert versichert ist, wollte die Kosten nicht übernehmen – zumindest schien es zunächst so. „Die AOK hat mir gesagt, dass Mert auch ohne Prothesen zur Schule kann, sie seien kein Muss“, erinnert sich Büsra Özdil verbittert. „Zur Prüfung und Übernahme der Kosten lagen uns zunächst nicht alle notwendigen Unterlagen vor“, erklärt eine Sprecherin der AOK Rheinland/Hamburg. Dem widerspricht Büsra Özdil: „Alle Anträge sind rechtzeitig eingereicht worden, das Eingangsdatum habe ich auch aus Heidelberg per Pdf-Dokument bestätigt bekommen.“

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Die AOK erklärt, dass Anfang Oktober alle Dokumente bei der Krankenkasse angekommen waren, jetzt gibt es ein Happy End: „Wir haben den Kostenvoranschlag am 12. Oktober genehmigt, so dass wir die Kosten für die neuen Prothesen von Mert Özdil übernehmen werden.“

AOK übernimmt nun die Kosten für die Prothesen vollständig

Aufatmen: Tolunay, Songül, Melek, Mert, Halil, Büsra und Kubilay Özdil freuen sich, dass Mert dank neuer Prothesen bald wieder durch Duisburg laufen kann, statt im Rollstuhl sitzen zu müssen.
Aufatmen: Tolunay, Songül, Melek, Mert, Halil, Büsra und Kubilay Özdil freuen sich, dass Mert dank neuer Prothesen bald wieder durch Duisburg laufen kann, statt im Rollstuhl sitzen zu müssen. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Eine Schrecksekunde gab es für die Duisburger Familie dann doch noch, wenn auch nur kurz. Der Kostenvoranschlag der Prothesen, den die technische Orthopädie der Uniklinik Heidelberg an die AOK geschickt hat, veranschlagt insgesamt Kosten von 6622 Euro – je Prothese. Die Bescheinigung über die Kostenübernahme durch die AOK, die die Familie Özdil erreicht hat, erklärt aber bloß die Übernahme einer einzelnen Prothese, scheinbar jedenfalls. „Aus gesetzlichen Gründen sind wir dazu verpflichtet, die Beinprothesen einzeln zu genehmigen und zwei Genehmigungsschreiben zu verschicken“, erklärt die AOK-Sprecherin.

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Nach einem langen Weg durch den Bürokratiedschungel haben es Mert Özdil und seine Familie nun also geschafft: Die neuen Prothesen sind unterwegs, Mert ist bald wieder mobil, er hat ein Stück Lebensqualität zurückgewonnen. Merts Schwester Büsra freut sich über den Ausgang der Odyssee: „Jedes Kind hat das Recht, in Würde sein Leben zu führen und richtig therapiert zu werden.“

>> WAS SIND MENINGOKOKKEN?

• Meningokokken sind Bakterien, die den Menschen im Nasen-Rachen-Raum befallen und verschiedene Krankheiten auslösen können. Etwa zehn Prozent der Europäer tragen diese Bakterien in sich, ohne dass sich eine Krankheit entwickelt.

• Wie das Coronavirus werden auch Meningokokken durch eine Tröpfcheninfektion übertragen. Sie können Hirnhautentzündungen oder Blutvergiftungen verursachen.

• Um einem Meningokokkenbefall vorzubeugen, gibt es Impfungen. Die werden vor allem Personen mit Immundefekten, mit Milzschäden, gefährdetem Laborpersonal und Reisenden in Epidemiegebiete verabreicht.