Duisburg. Streitthema Baumschutzsatzung: Wuppertal hat seine abgeschafft und wieder eingeführt. Die SPD Duisburg schließt Bewegung nach der Wahl nicht aus.
In den vergangenen Jahren polarisierte politisch kaum ein Thema in Duisburg so sehr wie die Baumschutzsatzung. Zum November 2015 wurde sie mit Stimmen von SPD und CDU im Rat abgeschafft, um die Bürger von Bürokratie zu befreien. Anschließend formierte sich Protest, online wurde eine Petition gestartet, damit Bäume in Privatgärten wieder geschützt werden. Eine Initiative von Bündnis 90/Die Grünen im vergangenen Jahr, die Regelung erneut einzuführen, wurde von der GroKo im Stadtrat abgeschmettert. Ein Blick auf andere NRW-Städte zeigt: Düsseldorf besitzt eine Baumschutzsatzung, Essen hat seinerzeit die Regeln neu formuliert und Wuppertal ist einen anderen Weg gegangen. Seit 2019 ist die Baumschutzsatzung dort wieder in Kraft, mit der Exemplare mit einem Kronenansatz von mindestens 1,70 Metern besonders geschützt und nicht ohne Genehmigung gefällt werden dürfen.
Städtetag und NRW-Ministerium verweisen auf die Zuständigkeit der Stadt Duisburg
Baumschutzsatzungen sind Sache der Kommunen. Vom Deutschen Städtetag wird lediglich ein Muster-Papier herausgegeben, an dem sich die Lokalpolitiker orientieren können. Auch das Land NRW verweist auf die Zuständigkeit vor Ort.
Der Schutz von Stadtgrün wird in NRW übrigens nicht etwa vom Umwelt-, sondern vom Bauministerium geregelt. „Der Erlass von Satzungen ist einer der Grundsätze der kommunalen Selbstverwaltung. Sie sind Ausdruck der Demokratie vor Ort. Oder: Baumschutzsatzungen können, müssen aber nicht verabschiedet werden“, erklärt ein Sprecher vom NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung.
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Kurz vor der Abschaffung in Duisburg 2016 wurden von Privatleuten etwa 1500 bis 1900 Anträge pro gestellt, Bäume zu fällen. „Der Verwaltungsaufwand lag zuletzt bei 2,5 Stellen zur Bearbeitung“, teilt Gabi Priem, Sprecherin der Stadt Duisburg mit. Seitdem die Satzung passé ist, wird keine Statistik mehr geführt. In der Vergangenheit ist es aber immer wieder zu Nachbarschaftsstreitigkeiten gekommen, wenn ein Schattenspender abgeholzt wurden.
Wuppertal hat Baumschutz erst abgeschafft, dann wieder eingeführt
Auch in Wuppertal war 2006 Entbürokratisierung der Grund für CDU und SPD, die Satzung abzuschaffen – „in dem Vertrauen darauf, dass die Bürger verantwortungsvoll mit dem Baumbestand umgehen“, erinnert sich Stadtsprecherin Ulrike Schmidt-Keßler.
Die Wiedereinführung begründen die Parteien in der Ratsvorlage von 2019 so: „Da es jedoch unterschiedliche Gründe gibt, dennoch einen Baum zu fällen, wird es zur Förderung eines ökologischen Ausgleiches für sinnvoll erachtet, eine Baumschutzsatzung zu einzuführen, die auf der einen Seite Bäume schützt und auf der anderen Seite auch die Interessen Bürger berücksichtigt. Dies kann der Fall sein, wenn Bäume Wohnungen stark verschatten oder Gebäudeschäden verursachen.“
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Weiter heißt es, dass der Baumschutz in Zeiten des Klimawandels immer mehr an Bedeutung gewinne. „Der artenreiche Baumbestand in Wuppertal erfüllt zahlreiche wichtige Funktionen für den Klimaschutz, die Luftreinhaltung, den Artenschutz und die Temperaturregulierung in Hitzeperioden.“
Seit der Wiedereinführung der neuen und überarbeiteten Satzung wurden in Wuppertal rund 200 Anfragen zur Erlaubnis von Fällungen gestellt. Da die Bürger bei der Antragstellung immer auch eine Beratung bekommen, führen solche Anträge nicht immer und unbedingt zur Fällung.
Essen hat den Stammumfang von schützenswerten Bäumen erhöht
In Essen gab es um die Jahrtausendwende Bestrebungen, die Regelungen abzuschaffen. Dann allerdings einigten sich die Politiker darauf, diese nur neu zu formulieren. „Der Stammumfang der geschützten Bäume wurde von 60 auf 80 Zentimeter erhöht“, beschreibt Patrick Opierzynski von der Stadt Essen.
Zur Begründung, warum Bäume schützenswert sind, heißt es in Essen: „Begrünungen wie Bäume, ermöglichen es in den bebauten Bereichen häufig erst, dass bestimmte Arten die bebaute Stadt überhaupt beleben. Anpassungsfähigen Tieren und Pflanzen dienen die Bauflächen mit ihren Freiflächen und Bäumen als Kernlebensraum (...) Bäume auf öffentlichen und privaten Grundstücken schmücken als gliedernde und belebende Elemente Straßen, Wege und Plätze sowie Grünflächen, Gärten und Innenhöfe. Die Menschen können sich so auch in einer dicht bebauten Stadt wie Essen an Elementen der Natur erfreuen und sich erholen; auf diese Weise werden die Bäume und Essen für die Menschen ein Stück Heimat.“
Das sind die Positionen der Duisburger Parteien
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In Duisburg haben die Linken und Bündnis 90/Die Grünen im Wahlprogramm festgeschrieben, dass sie sich für die Wiedereinführung der Baumschutzsatzung einsetzen.
Die FDP erklärt, dass sie einer Satzung, die die Privatleute beträfe, nicht zustimmen würde. „Wir Freien Demokraten wollen Straßenbäume nur dann fällen lassen, wenn sie krank sind oder es einen wirklich besonders wichtigen Grund dafür gibt. Die Platanen vor dem Hauptbahnhof, die Allee auf der Koloniestraße oder die Bäume im Kantpark hätten wir nicht fällen lassen. Die Stadt sollte zukünftig sorgsamer mit alten Bäumen umgehen.“
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Im Kommunalwahlprogramm der Duisburger CDU ist von einer Baumschutzsatzung nicht die Rede. „Es hat sich bis jetzt bewährt, die Baumschutzsatzung abgeschafft zu haben. Das war ein bürokratisches Monster, wir sehen die Eigenverantwortlichkeit der Bürger. Wir sehen da momentan keinen Handlungsbedarf“, sagt Jörg Brotzki, umweltpolitischer Sprecher der Christdemokraten. Bei der Erneuerung und dem Ersatz von Straßenbäumen seien solche zu wählen, die den aktuellen klimatischen Herausforderungen gewachsen seien, heißt es im Wahlprogramm.
SPD: Abhängig von Kommunalwahl Änderungen möglich
Die SPD findet, dass Platanen und Co. ja grundsätzlich geschützt seien und bei jeder Baumaßnahme Ersatzpflanzungen nötig seien. „Für Privatleute ist keine Regelung an dieser Stelle besser. Die Leute sollen eigenverantwortlich entscheiden“, teilt ein SPD-Sprecher mit. Es könne aber sein, dass nach der Kommunalwahl mit anderen Ratsmitgliedern eventuell auch eine andere Entscheidung getroffen werden könnte.
>> BAUMSCHUTZSATZUNG: DARUM GING ES
• Im November 2015 schafften SPD und CDU die 2001 eingeführte Satzung ab. • Seither müssen Garten- und Grünflächen-Besitzer die Fällung eines Baumes (mit mehr als 80 Zentimetern Umfang) auf ihren Grundstücken nicht mehr beantragen.
• Bis dahin hatte die Stadt eine Gebühr in Höhe von 91 Euro kassiert, die zahlen musste, wer einen Baum auf seinem Privatgrundstück beseitigen wollte und diesen von Mitarbeitern des Amtes dafür begutachten lassen musste.
• 250 Euro pro Baum wurden fällig, wenn der Besitzer keinen Ersatz auf seinem Boden pflanzen konnte. So habe die Stadt jährlich etwa 300.000 Euro eingenommen und 7000 Ersatzpflanzungen vornehmen können, erklärte 2015 Ralf Krumpholz (Grüne). Er hatte damals den inzwischen ebenfalls abgeschafften Job des Umweltdezernenten.
• Gegen diese vorgeschriebene Beratung sprach sich Oberbürgermeister Sören Link (SPD) im Rat Ende 2019 aus. Damals sagte er, es gebe in Duisburg heute „90 Fußballfelder mehr Waldfläche als 2010 und tausende Bäume mehr“. Er wies zudem darauf hin, dass die abgeschaffte Satzung keinerlei Auswirkungen auf Firmengelände und öffentliches Grün hatte.