Duisburg. Auf dem Waldfriedhof in Duisburg sind einige Bäume mit weißer Farbe besprüht worden. Der seltsame Anblick hat einen ernsten Hintergrund.
Sonnenbrand: Unangenehm, nicht sehr hübsch und unter Umständen ganz schön gefährlich – nicht nur für Menschen, auch für Bäume. Das klingt seltsam, ist aber gerade in Zeiten extrem heißer Sommer ein großes Problem. „Wir mussten hier im letzten Jahr gut 50 Bäume fällen, weil sie abgestorben sind“, sagt Reinhold Adrian, Geschäftsbereichsleiter Grünflächen/Friedhöfe bei den Duisburger Wirtschaftsbetrieben. „Hier“, das ist der Waldfriedhof in Wanheimerort, der größte Duisburger Friedhof.
Um die Bäume vor Sonnenbränden zu schützen, wagen die Wirtschaftsbetriebe jetzt ein Experiment: Einigen Bäumen spendieren sie Sonnencreme.
Duisburg: Weiße Kalkfarbe soll Bäume schützen
Zugegeben, Creme ist es genau genommen nicht, was die Bäume auf dem Waldfriedhof so auffällig schneeweiß färbt. „Da wird eine weiße Kalkfarbe draufgesprüht“, erklärt Adrian und zeigt auf den strahlend weißen Stamm einer Buche.
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Die Idee ist in der Forstwirtschaft nicht unbekannt; so werden zum Beispiel alle Jungbäume, die aus Baumschulen in die Stadtlandschaft gepflanzt werden, damit eingesprüht. „Dann können sie einen eigenen Sonnenschutz entwickeln, der dem Sonnenbrand entgegenwirkt.“ Weiß ist die Sonnenschutzfarbe übrigens nicht ohne Grund. „Je heller die Farbe, desto höher der Schutzfaktor für den Baum“, weiß Reinhold Adrian.
Buchen auf Duisburger Friedhof stehen nach 80 Jahren das erste Mal in der Sonne
Bei den 80- bis 100-jährigen Buchen auf dem Waldfriedhof ist die Ausgangslage aber anders als bei den Jungbäumen. „Die haben sich ihr ganzes Leben lang gegenseitig beschattet“, erklärt Reinhold Adrian, „wenn dann ein Baum gefällt wird, steht ein anderer Baum plötzlich in der Sonne.“ Weil der Baum sich nie natürlichen Sonnenschutz „antrainieren“ konnte, kann er einen Sonnenbrand bekommen, die Rinde wird rissig und platzt ab. Das alleine ist noch nicht gefährlich, aber die beschädigte Rinde begünstigt einen Pilzbefall, „und das kann dann tödlich für den Baum sein“, sagt Adrian.
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Hier und dort blitzt auf dem Waldfriedhof eine der weißen Buchen durch das Geäst der Artgenossen, viele sind es nicht, 15 bis 20 Stück, schätzt Reinhold Adrian. „Die Arbeit ist sehr aufwendig, da müssen zwei Leute mit einem Hubsteiger an den Baum ran. Die haben natürlich auch noch andere Arbeiten zu tun.“ Zum Beispiel die toten Äste in den Baumkronen entfernen, denn gerade die großen Äste, sagt Adrian, könnten für Passanten unter den Bäumen äußerst gefährlich werden.
Mögliche Ergebnisse erst in einigen Jahren sichtbar
Ob das Experiment „Sonnencreme für alte Bäume“ funktioniert hat, wird sich erst in zwei bis vier Jahren zeigen, dieser Ansatz wird in Duisburg nämlich zum ersten Mal verfolgt. „Wir gehen aber kein Risiko ein“, versichert Adrian, „wir verwenden eine patentierte Farbe und nicht einfach Wandfarbe oder Ähnliches.“
Sorgen macht sich der diplomierte Gartenbauingenieur aber auch um den durch Regenmangel bedingten sinkenden Grundwasserspiegel. „So große, alte Bäume wie die Buchen holen sich das Wasser mit ihren Wurzeln direkt aus dem Grundwasser, die kann man gar nicht mehr gießen. Wenn jetzt der Spiegel plötzlich sechs statt vier Meter tief ist, kommen die Bäume nicht mehr ans Wasser.“ Eigentlich, sagt der Fachmann, müsse es bis zum Jahresende durchregnen, um dieses Problem wieder in den Griff zu bekommen.
Superlative auf dem Waldfriedhof
Der Waldfriedhof in Duisburg ist der größte Friedhof der Stadt und verbindet über eine „Achse“ die Stadtteile Buchholz und Wanheimerort.
„Etliche tausend Bäume“ stehen auf einem Gelände von 67 Hektar, das macht den Friedhof zum zweitgrößten in ganz Nordrhein-Westfalen.
Auf dem Friedhof liegen einige berühmte Duisburger, etwa Wilhelm Lehmbruck, Karl Jarres und Herbert W. Köhler, der Gründer der Köhler-Osbahr-Stiftung.