Duisburg. Wegen der wenigen Niederschläge stirbt der Wald in Duisburg ab – dabei ist er ein Gegner des Klimawandels. Wie ein Förster den Wald retten will.

Wenn der Wald in Duisburg nicht aus Bäumen, Sträuchern und Hügeln bestehen würde, sondern ein Mensch wäre, wie wäre er dann beschaffen? „Eigentlich ein kräftiger Super-Kerl, dem nichts zu schwer ist“, sagt der Duisburger Förster, Axel Freude, „der aber nun dasteht, mit einer Krücke mindestens, am Körper an vielen Stellen verwunden, mit Augenklappe und schwerem Sonnenbrand.“

Der 60 Jahre alte Stadtförster Axel Freude beobachtet den Duisburger Wald schon seit 30 Jahren, er kennt ihn so gut wie kaum ein anderer. Die beiden Dürresommer von 2018 und 2019 hätten den Bäumen schwer zugesetzt, erklärt Freude. Dann ist dieses Jahr von Mitte März bis Ende April so gut wie kein Regen gefallen. „Die Lage ist jetzt absolut dramatisch, der absolute Tiefpunkt ist eingetreten: Wir nähern uns der Apokalypse.“

Duisburg: Kaum Regen im März und April

Im Frühjahr wechseln sich in der Regel in Deutschland Wetterlagen ab. In diesem Jahr löste aber ein Hochdruckgebiet das nächste ab. „Auf einen Quadratmeter hat es von Mitte März bis Ende April auch in Duisburg höchstens in homöopathischen Dosen geregnet, das hat der Vegetation nichts gebracht“, sagt der Meteorologe Malte Witt vom Deutschen Wetterdienst in Essen. Sonst regne es in Duisburg in der Zeit etwa 51 Liter pro Quadratmeter.

In der Tendenz gebe es mehr sogenannte blockierende Wetterlagen: lange Trockenphasen und länge Regenphasen. Der Boden kann, wenn es dann regnet, nicht gut Wasser aufnehmen, weil er ausgetrocknet und hart ist. Die Dürre ist eine Folge des Klimawandels, wie Studien belegen.

Wie der Wald in der Stadtmitte für Abkühlung sorgt

Ohne Niederschlag sterbe der Wald – dabei sei er ein wichtiger Gegner des Klimawandels, weil er Temperatur-Extreme abmildert, erklärt Förster Freude. Bäume verdunsten Wasser und kühlen so die Stadt. „Die Kaltluft aus dem hohen Stadtwald wandert die Hänge hinab nach Neudorf, Duissern und in die Innenstadt.“

Zudem bindet der Wald Stäube, zum Beispiel Autoabgase. „Der Wald veratmet Luftschadstoffe.“ Und er filtert und speichert Wasser, verringert Lärm, spendet tagsüber Sauerstoff, bietet Erholung. Gerade in der Coronakrise entspannen viele Duisburger zwischen den Bäumen. „Der Wald hat hier ein Irrsinns-Paket an Leistungen, die er für uns einfach so, still und brav erbringt. Das ist schon gigantisch.“

Im Duisburger Wald sterben gerade 200 Jahre alte Buchen

Besonders die Fichten und der Berg-Ahorn sind in Duisburg betroffen. „Die wenigen Fichten, die wir hatten, sind bis auf einige Exemplare so gut wie tot.“ 20 bis 30 Prozent des Berg-Ahorns seien umgekippt oder hätten gefällt werden müssen. Von den anderen Baumarten in Duisburg seien zwei bis zehn Prozent weg. 200 Jahre alten Buchen würden gerade massiv absterben. Und wegen der Dürre wüchsen weniger Bäume nach.

Die Trockenheit greift die Abwehrkräfte der Bäumen an. „Der Wasserentzug führt zu einer Schwächung der Vitalität.“ Sie sind dann anfälliger für Borkenkäfer und Pilze. Bäume sind durchzogen von Leitungsbahnen, über die sich der Baum mit Nährstoffen versorgt.

Der Berg-Ahorn leidet häufig unter der sogenannten Rußrindenkrankheit, ein Pilz verstopft die Leitungsbahnen und zerstört sie, was zum Tod des Baums führt. Die Borkenkäfer-Männchen bohren sich unter die Rinde, „dort bauen sie die Rammelkammer für Liebesspiel mit den Weibchen“. Die Weibchen knabbern dann weitere Gänge, um die Eier abzulegen. „Dadurch werden die Leitungsbahnen im Baum mechanisch zerstört, irgendwann kapituliert er, kollabiert.“

Wie Förster Freude den Wald retten will

Kranke Bäume sind unmittelbar für Menschen in der Stadt gefährlich, denn sie drohen umzukippen. Dann fällt Freude sie vorsorglich. „Das ist besonders problematisch in der Nähe von Gewerbegebieten, Wohnhäusern und Schulen.“

Im Wald gibt es aber auch Gewinner der Trockenheit: „Die krautige Flora im Wald, wie Brombeere, Brennnessel oder Knoblauchrauke, wuchern jetzt und darüber freuen sich auch einige Insekten.“

Um dem Waldsterben beizukommen, pflanzt Freude mehr „klassische, heimische Baumarten“. Also insbesondere Eiche, Esskastanie und Buchen, und er experimentiert mit Mammutbäumen. „Vor allem die Eiche hat sich bisher gut geschlagen.“ Zudem lässt er Baumkronen mehr im Wald liegen, so dass sich Humus bildet, der wie ein Schwamm Feuchtigkeit aufsaugt. Sie bieten Igeln und Vögeln aber auch Verstecke, „das ist gut für den Artenschutz“.

Er wirbt auch für eine engere Verbindung zwischen Natur und Mensch. „Das Credo ,Wir machen uns die Welt zum Untertan' ist zerstörerisch.“ Uns müsse klar werden, dass wir ein Teil von ihr sind. „Sie ist unser Ursprung und unsere Lebensgrundlage.“

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