Duisburg. Die Duisburger „Missed in Action“-Kompanie präsentierte ihren ersten Tanzabend. Die jungen Künstler arbeiteten intensiv mit Gegensätzen.

Corona verarbeiten, aber wie? Nachdem Pandemie und Lockdowns nun schon ein paar Monate das öffentliche Leben überall verändern, gibt es mittlerweile die ersten künstlerischen Auseinandersetzungen mit der „neuen Welt“. Gerade erst hat US-Star Taylor Swift dem blutjungen Genre der „Corona-Alben“ ihr Werk „Folklore“ hinzugefügt, aber auch im kleineren Maßstab, in Duisburg, ist die Pandemie Thema von Künstlern. Die Jugendtanzkompanie „Missed in Action“, die in der Neudorfer Tanzwerkstatt Ulla Weltike probt, brachte jetzt ihr Erstlingswerk „(e)quality – Tanz Bewegung Geschichte“ auf die Bühne – wobei der Begriff „Bühne“ zu klein gefasst ist für den Raum, den die Tänzer mit ihrer Performance ausfüllten.

Duisburger Berufskolleg ist die Kulisse für junge Tänzer

Auch interessant

Bevor die kleine Band mit Oud, Gitarre und Schlagwerk den ersten Ton spielt, steht für das Publikum ein kleiner Spaziergang an. Von der Tanzwerkstatt zieht die Gruppe ein paar Straßen weiter, zum Friedrich-Albert-Lange-Berufskolleg, Kreidekreise auf dem Boden zeigen den Zuschauern ganz genau, wo sie zu stehen haben. Das ist nicht nur coronakonform, sondern auch wichtig für die Performance selbst. Mit den Tänzern bewegt sich nämlich auch das Publikum rund um die Berufsschule.

Der Tanz der jungen Menschen der Kompanie ist dann, in bester Tradition des Pina-Bausch-Tanztheaters, eine sehr metaphorische Angelegenheit. Keine eindeutig sichtbare Geschichte führt das Publikum durch die vier Spielorte, die im Glastunnel zwischen den beiden Gebäuden oder im Schulgarten liegen. Das Öffnen und Schließen der Körper, Anziehung und Abstoßung, aber auch choreographierte Ensembletänze prägen den kurzen, aber großen Tanzabend.

Von der Ruhe zur Eile und vom Beobachter zum Teilnehmer

Auch interessant

Untermalt wird jede „Tanzstation“ mit Musik, entweder Live oder aus der Box, etwa mit Strawinskys „Sacre“. Erzählerisch setzt das Choreographenteam vor allem auf Kontraste, so stehen sich etwa ruhige Soli und schnelle Ensembletänze gegenüber, oder die Kategorisierung des Raums als „Bühne“ und „Zuschauerraum“.

Besonders dieses Spannungsfeld löst die Kompanie auf, denn mehrmals muss der Zuschauerpulk über Flächen gehen, die eben noch Bühne waren – die sicht- und spürbare Verunsicherung des Publikums ist eine der größten Stärken des Tanzabends, die Heimatlosigkeit des Zuschauers als „Nebeneffekt“ der Performance. Vor lauter Metaphorik darf aber nicht unerwähnt bleiben, wie gut das ganz grundlegenden Level des Tanzes ist. Ihren Anspruch auf den Status eines „Corona-Werks“ festigt das Stück übrigens in der einzigen Szene, in der sich die Tänzer wirklich nah sind. Dann tragen sie nämlich – natürlich – Maske.