Duisburg-Ruhrort. Der Ruhrorter Yacht-Club liegt in Duisburg-Ruhrort zwischen Idyll und Industriekulisse. Das wusste schon Götz George als Schimanski zu schätzen.
Götz George hat dem Ruhrorter Yacht-Club schon vor sieben Jahren, nämlich am 10. Juni 2013, „viel Glück“ gewünscht. Damals drehte der Schauspieler in dem Clubhaus am Eisenbahn-Bassin den Film „Loverboy“ und verewigte sich samt Unterschrift an der Wand.
Der Yacht-Club, gelegen zwischen Idyll und Industriekulisse, war schon immer mehr Schimanski als Schampus. „Ein Abbild der Duisburger Gesellschaft eben“, beschreibt Vorstandsmitglied Jürgen Sauerland-Freer.
Duisburg: Clubhaus war Kulisse für Götz Georges Film „Loverboy“
Nicht nur Georges Signatur ist inzwischen historisch, auch das Bodendenkmal, das an den alten Trajektturm im Eisenbahnhafen erinnert und in dessen Nachbarschaft sich jetzt die Terrasse befindet. „Nicht zu vergessen der Grill, da lagen schon viele Würstchen drauf“, betont Rolf Köppen, der zweite Club-Vorsitzende, lächelnd. Aufzuzählen gibt es viel: Fakten ebenso wie Anekdoten. Am Montag, 20. Juli, wird der Ruhrorter Yacht-Club 100 Jahre alt.
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42 Mitglieder zählt der Verein, etwa 30 haben ein Boot. Die Lage, geschützt und doch mit direkter Zufahrt zum Rhein, spricht für sich: Es gibt mehr Anfragen als Liegeplätze. Und mittlerweile haben sie hier sogar Fans, die mit dem Wohnmobil kommen und in Ruhrort Urlaub machen. „Hier treffen Stadt und Strom, Industrie und Niederrhein aufeinander“, hebt Sauerland-Freer die Besonderheit der Lage hervor und schaut versonnen zur Brücke, die Ruhrort mit Homberg verbindet.
Yacht-Club bei Hafenrundfahrt mit der „Rheinfels“ entdeckt
Bei einer Hafenrundfahrt mit der „Rheinfels“ entdeckte er vor Jahren den Club. Dann schenkte seine Frau ihm den Bootsführerschein. „Wie der Zufall es wollte, stand gerade ein Boot zum Verkauf. Erst hatte ich das Boot, dann den Liegeplatz“, zählt er auf – und Rolf Köppen frotzelt: „Und jetzt hast du auch endlich Freunde.“ Die Stimmung ist entspannt. „Der Verein hat einen geregelten Zusammenhalt“, findet auch Ralf Cuber, der sein Boot „Magic Moments“ klar macht, um nach Sylt zu fahren. Vier Tage hat er dafür eingeplant.
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„Hier haben zum Glück viele eine handwerkliche Ausbildung und können weiterhelfen, wenn man eine Frage hat“, dankt Sauerland-Freer. „So ein Boot ist ja eine unendliche Geschichte.“ Ihn, den ehemaligen „Schreibtischtäter“, haben sie zum Schriftführer gemacht. Er hat zusammen mit Rolf Köppen die Chronik zusammengestellt. Der kenne sich ohnehin am besten aus, sagt Kassierer Udo Kraus.
Strenger Blick von Köppen – er ist ja erst 65 Jahre alt. „Aber stimmt schon, ich erinner’ mich noch die Zeit, als der Yacht-Club ein Kanuverein war. Da bin ich mit meinem Vater gepaddelt. Erst nach und nach wurden die Boote mit Außenbordmotoren ausgestattet, bis man sich irgendwann dachte: ,So mit Motor ist auch ganz schön.’“ Köppen hat den Hafen schon als Schüler kennen gelernt, bietet mit seiner „Oskar“ auch Hafenrundfahrten an und hat allerlei Geschichte(n) auf Lager. Für die Anfänge des Vereins musste aber auch er das Stadtarchiv bemühen.
Yacht-Club: Anfänge in den 1920er-Jahren
In der Vereinschronik heißt es zum Beginn der 1920er Jahre: „Unmittelbar nach dem katastrophalen Ersten Weltkrieg erlebte der Kanusport nicht nur in Duisburg eine immense Entwicklung. Bereits 1919 fanden die ersten Meisterschaften in Deutschland statt. Gleich mehrere Kanuvereine entstehen in Duisburg, in das Ruhrort 1905 eingemeindet worden war.“
1924 benennt sich der Verein dann in „Kanu-SegelClub“ um, um die Bandbreite seiner sportlichen Aktivitäten im Namen zu dokumentieren. „Die selbstbewusst ausgerichtete Gründungsfeier mit Musik und Tanz findet am 1. März 1924 im Prunksaal der Städtischen Tonhalle statt.“ Eröffnet wurde der Abend laut Programm mit dem Carmen-Marsch von Bizet, zudem wurden „Überraschungen und Tanz“ geboten.
Sportlicher Erfolg im Jahr 1928
In den Folgejahren wurde der Kanusport immer beliebter. 1927 schließlich pachtete der Verein von der Duisburg-Ruhrorter Häfen AG neben dem Trajektturm ein Grundstück und ein Gebäude als Bootshalle. „Das war ein maritim tradierter Ort, da diese Halle bereits von 1897 bis 1914 der Ruhrorter Ruder-Gesellschaft als Bootshalle gedient hatte“, wird dazu im Vereins-Geschichtsbuch notiert.
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Sportliche Erfolge gab es, etwa 1928, ebenso zu verzeichnen: „Wir können mit Befriedigung und Stolz auf unsere sportlichen Leistungen in der abgelaufenen Sportsaison auf dem Gebiet des Wanderpaddelns zurückblicken; haben wir doch mit insgesamt 1717 Fahrten rund 27.000 km auf den verschiedenen Flüssen zurückgelegt.“ Die Vereinsflagge wurde beispielsweise auf der Lahn, Mosel, Lippe oder Erft gezeigt.
Vereinsheim wurde während des Zweiten Weltkriegs zerstört
Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Vereinsheim zerstört und in den 1940er Jahren wieder aufgebaut. „Nach dem Krieg ist der Wiederaufbau des Vereins eine schwere Aufgabe, menschlich, materiell, sportlich“, lässt sich in der Chronik nachlesen. Der benachbarte Trajektturm hatte schon seit 1885 keine Funktion mehr. Mit dem Bau der Eisenbahnbrücke wurde der Kohletransport via Trajekt eingestellt. Die Mitglieder des Yachtclubs hatten eigentlich vor, das industriegeschichtliche Denkmal Ende der 1960er Jahre für die Vereinsarbeit herzurichten und zu nutzen.
Dies wurde mit Hinweis auf die Baufälligkeit des Gebäudes aber abgelehnt, der Hebeturm 1971 abgerissen. Ende der 1960er Jahre gab sich der Verein übrigens erneut einen neuen Namen, wurde zum „Yacht-Club“, „doch die Mitglieder bleiben bodenständig“, weiß Sauerland-Freer. „Wir sind kein Club der Millionäre“, lautet die Überschrift eines Zeitungsartikels aus dem Jahr 1985.
Ruhrorter Yacht-Club vom „ADAC Marine-Führer“ zertifiziert
Am Vereinsheim klebt übrigens noch ein Aufkleber: 2009 wurde das Örtchen vom „ADAC Marine-Führer“ zertifiziert. Doch schon viel früher wusste Helga Kanies, ihres Zeichens „Hafenmutter“ und Betreiberin der damaligen vereinseigenen Gaststätte, wie schön es am Stromkilometer 781 ist. „Erst wenn die Brücke passiert ist, die Ruhrort mit Laar verbindet, sieht man das Kleinod zur Linken. Und wenn im Sommer die leuchtendroten Geranien und die aufgespannten Sonnenschirme die Ankommenden begrüßen, fühlen sich die Skipper schon fast heimisch“, werden Erinnerungen von Helga Kanies zitiert.
Sie war ein Ruhrorter Original: Als Gründerin des ersten Damen-Skatclubs kloppte sie sogar mal Karten mit Johannes Rau. Schlagersängerin war sie außerdem. Nicht nur wegen des Titels „Hallo Kommissar Schimanski“ ließ sich auch ein Götz George mal einen von ihr einschenken. „Die Frau ist ein Phänomen, über sie gibt es sogar einiges im Stadtarchiv zu finden“, hat Sauerland-Freer recherchiert.
Als Film-Kulisse diente das Clubhaus schon oft. Als Ruhrorter Institution pflegt der Verein den Austausch mit dem Bürgerverein oder Kreativquartier. „Unsere Öffentlichkeit ist allerdings begrenzt, seitdem wir keine Gaststätte mehr haben“, weiß Rolf Köppen. Normalerweise gibt’s im Rahmen des Hafenfests einen Tag der offenen Tür.
Die große Jubiläumsfeier wurde aus Corona-Gründen auf nächstes Jahr verschoben. Die Party soll 2021 samt Musik auf dem Wasser spielen. Ist vielleicht auch besser so, es gemütlich angehen zu lassen. Der Wahlspruch von Rolf Köppen heißt schließlich: „Passt gut auf. Das Leben an Land ist gefährlich.“