Ruhrort. . In der Serie „Mein Ortsteil“ fragt die Redaktion auf Stadtteil-Spaziergängen die Bürger, warum sie ihr Quartier mögen. Den Anfang macht Ruhrort, der Stadtteil an Rhein und Ruhr.
Wenn man mit Bodo Antonin von der Terrasse des Ruhrorter-Yacht-Clubs den Blick schweifen lässt, vorbei am Fahnenmast der Mühlenweide, den in grüne Wiesen eingebetteten Rhein hinauf, da kommt Fernweh automatisch auf.
Antonin ist Vorstandsmitglied, Kassierer und die gute Seele des Vereins, der 2020 sein hundertjähriges Bestehen feiern wird. Gemeinsam mit Clubkamerad Wolfgang Schulz und Hund Max führt Antonin die Besucher durch das Clubhaus: „Wir haben hier gleich mehrere Terrassen, auf denen man draußen sitzen kann. Auf der hinten raus wurden Szenen vom Schimanski-Krimi ,Loverboy’ gedreht.“
Damals hat sich der in Ruhrort omnipräsente Götz George auf dem Mauerwerk verewigt: „Das war ‘ne spannende Sache“, sagt Antonin. Spannend sowieso, aber auch schön, sagt der Yacht-Club-Kassierer weiter, fänden die Lage des Clubhauses am Eisenbahnhafen auch zahlreiche Camper, die gerne hier Urlaub machen würden: „Wir möchten deshalb gerne die Stellplätze bei uns erweitern, aber die Stadt findet es der Umgebung nicht angemessen“, sagt der eigentlich so fröhliche Motorboot-Fan kopfschüttelnd, „dazu noch die Geschichte mit der Waterfront – lassen sie uns über schöne Dinge sprechen . . .“
Schön sei, sagt Antonin, Jugendliche an die Faszination Wassersport heran zu führen. Ruhrort biete alle Voraussetzungen dafür: „Wir wollen, dass die jungen Familien mit Kindern bei uns im Ruhrorter-Yacht-Club erfahren, was für ein tolles Erlebnis der Wassersport an Rhein und Ruhr sein kann.“
Wie (ent)spannend eine Tour in einem hölzernen Beenhakker-Lastkahn von 1961 sein kann, zeigt eine kurze Ausfahrt mit Wolfgang Schulz. Der Obermarxloher verbringt seit 15 Jahren seine Freizeit auf den Wassern rund um Ruhrort: „Am Anfang wurde meiner Frau sogar auf der Orsoyer Fähre schlecht“, sagt der Freizeit-Kapitän, „jetzt kann ihr sogar harter Seegang nichts mehr anhaben.“
An der Mühlenweide legt Schulz zum Abschied an. Während der Beenhakker sich tuckernd in Richtung Clubhaus verabschiedet, macht Jarka Tyl den Biergarten auf Duisburgs berühmtester Rheinwiese für die ersten Gäste fertig. Ebenso wie Rentnerin Ruth Waschert, die gerade an der Mühlenweide spazieren geht und ein Schwätzchen mit der Wirtin hält, ist Jarka Tyl begeisterte Ruhrorterin: „Da fragen sie gerade die Richtige, ob sie Ruhrort liebt: Na klar liebe ich Ruhrort, denn Ruhrort muss man lieben.“ Als Gastronomin habe sie fantastische Jahre erlebt, sagt sie. Gut, dass Ruhrort sich nun Kultur und Jugend öffne: „Viele junge Leute haben in den vergangenen Jahren das Flair Ruhrorts für sich entdeckt. Das freut mich sehr.“
Ruhrort und die Kunst – das passt: Auf der Uferpromenade in Richtung Schifferbörse wird mit prachtvollen, großformatigen Plakaten für eine Fotoausstellung geworben. Kent Olsson ist das auch schon aufgefallen. Der Schwede und sein Kollege sind beruflich in Duisburg und nutzen einen freien Tag für eine Hafenrundfahrt: „Wie es uns gefällt? Wir sind total positiv überrascht“, sagt Olsson, der sich wundert, dass die Deutschen ganz offensichtlich eine viel zu schlechte Meinung über Duisburg haben: „Wir haben in Schweden nur viel über Umweltverschmutzung und alte Industrie in Duisburg gehört und gelesen. Aber Ruhrort gefällt uns außergewöhnlich gut.“ Spricht’s und steigt ins Ausflugsboot.
„Die Seele von Ruhrort“, hatte Bodo Antonin gesagt, „die findet ihr in Gaststätten wie der Taverne.“ Zum Abschluss des Rundgangs, vorbei an prächtig restaurierten Gründerzeit-Fassaden, an Haniels edlem Firmensitz und dem hochherrschaftlichen Amtsgericht, geht’s in die gute Stube des Ehepaars Scholz.
Die Taverne, schmuckes Heimatmuseum und traditionsreiches Restaurant zugleich, ist ein gediegenes Stück Tradition inmitten eines Viertels im Wandel: „Und wenn mal einer der jungen, Zugezogenen zu uns kommt“, sagt Michael Scholz, „dann trinken wir mit ihm ein Ruhrorter Stadtgespräch. Oder auch zwei.“
Nach dem Genuss der Ruhrorter Spirituosen-Spezialität, sagt Scholz lachend, „fühlt sich hier sowieso jeder heimisch.“