Der Kneipen-Bachelor hat nun auch in Duisburg einen Ableger. Zwei Autoren der WAZ haben sich einschreiben lassen, um die „Hörsäle“ zu stürmen.
Duisburg. 19.38 Uhr: Ausgestattet mit Kräckern und Kleingeld, geht es für uns im Bürgerhof los. Mit von der Partie sind 15 weitere Studierende, die alle hoffen, ihren ersten Bachelor zu ergattern. Vor uns liegen zehn Kneipen, oder in diesem Fall, zehn Hörsäle, in denen wir jeweils ein Getränk bestellen müssen. Dafür gibt es einen Stempel. Ziel ist es, das Studium in der Regelstudienzeit von fünf Stunden zu schaffen und bis ein Uhr das Prüfungsamt im Grammatikoff zu erreichen.
Die Startkneipe zu Beginn sehr voll
20.25 Uhr: Die meisten anderen der 650 Teilnehmer nehmen den Weg vom Bürgerhof über den Finkenkrug zum Fährmann. Um dem Andrang zu entgehen, beschließen wir, antizyklisch vorzugehen. Deswegen ist als nächstes der Bierkönig dran.
Wir nutzen das BARfög-Angebot an diesem Tag: Das erste 0,2-Liter-Getränk gibt es für 1,50 Euro. Die angeheiterte Stimmung färbt auch auf die nüchterne Chrissi ab, die geradewegs gegen eine Laterne läuft.
20.40 Uhr: Die kesse Kollegin Katharina meldet, dass der Dozent im Baba Su seine Vorlesung schlecht vorbereitet hat: Es gibt bereits jetzt kein Fassbier mehr. Sichtlich genervt, nun Flaschenbier zum Preis von 1,50 Euro verkaufen zu müssen, stellt der Wirt Marius ein Kölsch auf den Tresen – den Rheinländer freut’s.
Immer noch nicht angetrunken – nach fünf Bier.
21.20 Uhr: Noch halbwegs nüchtern erreichen auch die Nachzügler den dritten Hörsaal. „Also mir geht es immer noch gut, ich wärme mich gerade erst auf“, ruft der 19-jährige Adrian nach seinem mittlerweile fünftem Bier.
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22.43 Uhr: Im Fährmann fällt Marius auf, dass er seinen Zettel für die Stempel im Finkenkrug liegen gelassen hat. Ein Fährmann-Pils muss er nach seiner Rückkehr trotzdem trinken: Runter damit, und weiter geht’s.
23.07 Uhr: Um Zeit zu sparen, wollen wir an der Haltestelle Schweizer Straße die Bahn nehmen. Doch zu spät, den Zug haben wir verpasst, also geht es zu Fuß weiter. „Ein Shuttlebus wäre jetzt optimal“, seufzt Ida (21). Zum Trost holen wir uns an der nächstliegenden Tankstelle ein Wegebier, der Pegel muss schließlich gehalten werden.
Der Kneipen-Bachelor ist hart: Zu hart für manche.
23.40 Uhr: Die erste Kommilitonin gibt auf, der Stress ist einfach zu groß. Aleyna verabschiedet sich von der Gruppe und schmeißt das Studium.
Der Zeitdruck steigt von Minute zu Minute, wir haben noch vier Hörsäle vor uns und nur noch knapp eineinhalb Stunden Zeit.
23.55 Uhr: Chrissie und Sibel sind im Prüfungsstress. Die letzten der Gruppe haben das Indie kaum betreten, da drängen die beiden aufs Weitergehen. „Was seid Ihr denn für Studenten, wenn Ihr nicht zwei Minuten vorher abgebt“, ruft Marius den Streberinnen zu.
00.00 Uhr: Das Djäzz hält nicht viel vom BARfög. Vom Rauchverbot auch nicht. Weiter geht’s zum Haus Graefen. „Seid leise auf der Straße und nehmt Rücksicht auf die Nachbarn“, steht auf dem Stadtplan. Das klappt mittlerweile nicht mehr ganz so gut.
Haus Graefen-Wirt: Anstrengender, aber toller Abend.
00.10 Uhr: „Es ist schon anstrengend heute, aber wir hatten nur nette Leute im Laden“, sagt Barmann Stefan Gorican, der vor dem Haus Graefen gerade Zigarettenstummel und Scherben zusammenkehrt. „Die Idee ist toll, so kommen die Leute mal rum in den Kneipenvierteln. Mit so einem Ansturm konnte aber keiner rechnen“, meint er.
00.51 Uhr: Marius hat im Webster Brauhaus das neunte Bier getrunken.
Nun steht er vor dem Grammatikoff und ist ziemlich glücklich: „Ich habe noch neun Minuten Zeit, da reinzugehen und ein Bier zu trinken, dann habe ich den Bachelor geschafft“, freut er sich.
00.53 Uhr: „Das war definitiv einer der legendärsten Abende, die ich je erlebt habe“, sagt Carla. Erschöpft und glücklich nehmen sie und die anderen die Bachelor-Urkunde entgegen. Nicht alle Studierenden haben es zum Grammatikoff geschafft, doch sie haben die typische Studien-Erfahrung von der anfänglichen Motivation hin zur totalen Verzweiflung erlebt. Sie können nun stolz sagen, den ersten Duisburger Kneipen-Bachelor in der Tasche zu haben.