Duisburg/Essen. Die Revierstädte Duisburg, Essen und Dortmund wollen gemeinsam gegen Clankriminalität angehen. So sieht das neue Konzept aus.

Im Kampf gegen kriminelle Clans geht Duisburg einen neuen Schritt: Gemeinsam mit Essen und Dortmund wird die Stadt Gründungsmitglied der „Sicherheitskooperation Ruhr“. Oberbürgermeister Sören Link formuliert für die Zusammenarbeit ein ambitioniertes Ziel: „Die Clankriminalität muss verschwinden und es muss deutlich sein, dass der Staat auf jedem Platz und in jedem Viertel Platzhirsch ist.“

Link unterzeichnet am Montag persönlich die Kooperationsvereinbarung. Damit wird Duisburg Teil einer Dienststelle, die in Essen angesiedelt wird. Dort sollen Experten aus den Ruhrgebietsstädten zusammenkommen.

Sie sollen Informationen über kriminelle Großfamilien sammeln und austauschen. Welche Immobilien besitzen sie? Wohin fließt ihr Geld hin? Wer gehört dazu? „Ich bin überzeugt, dass wir viele Erkenntnisse über kriminelle Clans schon haben. Wir müssen diese nur zusammenbringen und uns besser vernetzen“, ist Link überzeugt, kritisiert aber gleichzeitig: Die Datenschutzvorgaben der einzelnen Behörden hätten die Arbeit teilweise erschwert. „Dann wird Datenschutz zum Täterschutz“, findet der Oberbürgermeister und hofft durch die Zusammenarbeit in der Sicherheitskooperation auf Fortschritte.

Clankriminalität: Polizei und Mitglieder treffen in Marxloh aufeinander

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Das Thema Clankriminalität ist in Duisburg hochaktuell: Im Mai kam es kurz hintereinander bei zwei Festnahmen von jungen Männern in Marxloh zu Tumulten. Die Ermittler der Polizei sind sich sicher: Zahlreiche Clanmitglieder waren beteiligt. Nach Berichten der Polizei bedrängten, beleidigten und bespuckten sie die Einsatzkräfte. Die Fälle machten bundesweit Schlagzeilen.

Am 12. Juni wurde dann bekannt, dass kurze Zeit später eine E-Mail mit Anschlags- und Morddrohungen gegen Polizisten und Journalisten bei der Polizei Duisburg einging. Das NRW-Innenministerium wertet diese Drohung als Reaktion auf die Null-Toleranz-Strategie in den Stadtteilen.

Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link formuliert im Kampf gegen kriminelle Großfamilien klare Ziele.
Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link formuliert im Kampf gegen kriminelle Großfamilien klare Ziele. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Auch in Duisburg haben Polizei, Ordnungsamt, Zoll und Steuerfahndung in diesem Jahr schon mehrfach Cafés, Wettbüros, Shisha-Bars und Spielhallen kontrolliert. Lokale Schwerpunkte waren dabei Hochfeld, Marxloh und die Altstadt. Sören Link sagt zu der Drohmail: „Die Einschüchterungsversuche sind nicht hinzunehmen, beweisen aber auch, dass wir Erfolg haben.“ Die Reaktion zeige auch die „große Nervosität in der Szene“.

Duisburgs OB Link: Staat in jedem Viertel der Platzhirsch

Die Szene, das sind nach Einschätzung der Polizei in Duisburg etwa 2800 Menschen, die in 70 Großfamilien organisiert sind. „Das kriminelle und teils öffentlichkeitswirksame Agieren von Mitgliedern der Familienclans, insbesondere türkisch-arabischstämmiger Großfamilien, stellt neben der Polizei auch weitere Strafverfolgungsbehörden, Kommunalverwaltungen und sonstige Akteure der öffentlichen Hand vor zunehmende Herausforderungen“, heißt es in der Kooperationsvereinbarung.

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Die Clans wollten infrage stellen, dass der Staat in den Quartieren Platzhirsch ist, unterstreicht Link. Immer wieder wird in Duisburg über No-Go-Areas diskutiert. Link ist der Meinung: Der Staat sei in allen Duisburger Vierteln der Platzhirsch. „Es gibt aber kritische Situationen wie zuletzt auf dem Hamborner Altmarkt.“ Dort war Anfang Juni eine Corona-Kontrolle eskaliert.

Ausländeramt soll kriminelle Ausländer ausweisen

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Was kann die Sicherheitskooperation bei der Bekämpfung von Clan-Kriminalität bewirken? Der Oberbürgermeister wünscht sich, dass die Ermittler durch die bessere Vernetzung mehr Material haben, um Konsequenzen für die Straftäter durchzuboxen: Hintendran sei dann die Stadt am Zug. Denn mit entsprechender Vorarbeit könne das Ausländeramt kriminelle Ausländer ausweisen. „Da bin ich der Meinung, dass das in Deutschland oft nicht konsequent geschieht“, verdeutlicht Link und stellt den entsprechenden Stellen mehr Personal in Aussicht. Zusätzliche Kräfte im Ordnungs- und Ausländeramt sollen in Zukunft die Verfahren beschleunigen.

Welches Personal Duisburg für die Sicherheitskooperation stellt, sei noch unklar, sagt Link. Logisch wäre eine Besetzung durch die Polizei. Insgesamt zehn Mitarbeiter sollen im Essener Büro ihren Dienst aufnehmen. Link möchte Erfolg und Effekt dieser Kooperation in zwei bis drei Jahren überprüfen. Die Zuversicht in Rathaus und Polizeipräsidium scheint jedoch groß. Link sagt: „Ich bin zuversichtlich, dass wir gute Ergebnisse feststellen werden. Wir müssen als Gesellschaft immer wieder konsequent deutlich machen, dass solche bewusste Rudelbildung und Tumult-Inszenierung nicht hingenommen und niemals erfolgreich sein wird.“

Land NRW finanziert zwei Dienstfahrzeuge

Die „Sicherheitskooperation Ruhr“ ist organisatorisch an das NRW-Innenministerium abgebunden. Laut Kooperationsvereinbarung werden ihr keine originären Kompetenzen und Aufgaben der anderen Behörden übertragen.

Das Land NRW finanziert die Diensträume an der Müller-Breslau-Straße in Essen, die Büroausstattung, die IT-Technik sowie zwei Dienstfahrzeuge.

Die Personalkosten trägt weiterhin die Behörde, die das Personal stellt.