Duisburg. Zwischenfazit nach drei Monaten Corona-Krise: Die Verwaltung ist strenger als andere, punktet bei Tests. Ihre Schwachstelle: das Gesundheitsamt.
Die Spitze der Stadtverwaltung hat den Schalter zu Beginn der Corona-Krise früh auf Katastrophenschutz umgelegt. Der Krisenstab, in dem auch Feuerwehr und Polizei vertreten sind, kam erstmals am 11. März zusammen, zuvor bereits die „Ämterrunde“. Der Krisenstab hat unter der Leitung des Beigeordneten Ralf Krumpholz (Dezernent für Gesundheit, Verbraucherschutz und Feuerwehr) gute Ideen anderer Städte rasch übernommen – die mobilen Testteams etwa – und ist zur Eindämmung des Infektionsgeschehens selbst oft entschlossener als die Landesregierung in die Offensive gegangen.
Stadt Duisburg: Infektionsschutz hatte früh oberste Priorität
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Einige unpopuläre Sicherheitsmaßnahmen im Rahmen des begrenzten kommunalen Handlungsspielraums zeigten früh, dass der Infektionsschutz für die Verwaltung Priorität hat. Bereits am 4. März beispielsweise – zwölf Tage vor den „Corona-Ferien“ in NRW – ordneten Schul- und Gesundheitsamt an, dass Lehrer Schüler mit Erkältungssymptomen nach Hause schicken sollen. Bei der Absage von Veranstaltungen ging die Stadt ebenso voran, und Duisburger Eisdielen waren landesweit mit die letzten, die wieder an den Theken verkaufen durften.
Der vergleichsweise restriktive Kurs setzte sich auch bei der Kontrolle auf der Straße durch das Ordnungsamt fort: Der städtische Außendienst (SAD), für dessen Mitarbeiter eine Urlaubssperre galt, ahndete mehr Verstöße gegen das Kontaktverbot als Ordnungshüter anderer NRW-Kommunen (Stand 15. Mai: 2500 Bußgeldverfahren).
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Zwar können die Ordnungshüter und die Polizei das komplette Stadtgebiet unmöglich flächendeckend kontrollieren. Das Kontrollvakuum im ÖPNV allerdings könnte im Falle einer zweiten Welle im Herbst Probleme bereiten: In vollen U-Bahnen müssen Uneinsichtige ohne Mund- und Nasenschutz zurzeit keine Bußgelder fürchten, da der SAD nicht mitfährt. Stattdessen sollen Ticketprüfer der DVG Maskenlose notfalls aus der Bahn werfen. Die meisten DVG-Fahrgäste halten die Maskenpflicht gleichwohl ein.
Dennoch: Die Entscheider im Rathaus schonen die städtischen Bediensteten nicht. Das verdient Anerkennung, auch für alle Mitarbeiter im Dauerstress. Zumal die mit Landesmitteln unterstützte Haushaltssicherungskommune viele offene Stellen wegen des Sparkurses in den vergangenen nicht besetzt hat.
Gute Noten für engagierte Testungen
Gute Noten hat sich die Verwaltung so bislang auch bei den epidemiologisch so wichtigen Testungen nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes (RKI) verdient. Die beiden „Fieberstraßen“ eröffneten am 17. und 18. März – bei den Drive-in-Testzentren (und den Sichtungszentren zur Entlastung der Notaufnahmen) war Duisburg ebenfalls vorne mit dabei. In Gesamtdeutschland ist der Anteil der getesteten Bürger zwar größer als hier, der Vergleich ist aber durch schwer betroffene Regionen verzerrt.
Und: Die Stadt lässt kontinuierlich, gezielt und im Verdachtsfall dort testen, wo viele Menschen zusammenkommen, etwa in Pflegeeinrichtungen, Asylunterkünften, zuletzt an Hochfelder Grundschulen. Die Anzahl der wöchentlichen Abstriche war zuletzt sogar größer als zum Höhepunkt der lokalen Ausbreitung.
Die Testungen verkleinern die Dunkelziffer, schützen nicht nur Risikopatienten in sensiblen Bereichen und sind möglicherweise ein positiver Grund dafür, dass die Duisburger Fallkurve nicht so schnell abflacht wie die in anderen Städten.
Schwachstelle Gesundheitsamt: Probleme bei der Nachverfolgung
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Schwachstellen der kommunalen Corona-Bekämpfung treten dagegen im stark unterbesetzten Gesundheitsamt zutage. Um die Nachverfolgung von Infektionsketten müssten sich nach den RKI-Empfehlungen deutlich mehr Mitarbeiter kümmern. Darum schickt der Krisenstab länger schon Verstärkung aus anderen Ämtern ins Callcenter des Gesundheitsamtes, darum sucht dieser nun studentische Aushilfskräfte. Gut, dass sich die Stadt um diese Achillesferse kümmert.
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Sorgen machten mehrere Berichte von Infizierten und Kontaktpersonen. Sie werfen einzelnen Mitarbeitern, möglicherweise angelernten Fachfremden, Fahrlässigkeit beim sogenannten „Contact Tracing“, schlechte Kommunikation und fehlende interne Abstimmung vor. Solche Versäumnisse können im Wortsinne weit reichende Folgen haben.
Kliniken mit Schutzausrüstung und Sichtungszentren geholfen
Beschwerden über die Zusammenarbeit mit Gesundheitsamt und Krisenstab hört man aus den Pflegeheimen und aus den Chefetagen der Duisburger Kliniken bislang nicht. Stadt und Feuerwehr unterstützten die Krankenhäuser mit Schutzausrüstung und haben diese und die Hausärzte wochenlang mit ihren medizinischen Sichtungszentren entlastet. Bis zuletzt waren dort mehr als 3100 Patienten begutachtet worden – auch hier packten viele Freiwillige mit an.