Duisburg. Keine Nachfrage nach Kontaktpersonen und weitere Fehler: Eine Corona-Patientin aus Duisburg nennt das Verhalten des Gesundheitsamts skandalös.
Erst der Verlust des Geruchssinns, kurz darauf schwere Atemnot und Abgeschlagenheit: Als Heike Krause Anfang April ihren Hausarzt anruft, handelt dieser sofort: Einweisung ins Krankenhaus in Duisburg-Homberg. Dort wird sie positiv auf das Coronavirus getestet, ihre Lunge ist vereitert. Die Gerichtsvollzieherin und SPD-Bezirksvertreterin informiert noch schnell fünf Personen, mit denen sie zuvor auf Abstand Kontakt hatte.
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Kurz darauf bekommt sie hohes Fieber, steht nach eigenen Angaben kurz vor einer künstlichen Beatmung. 14 Tage lange muss sie in der Klinik bleiben. Gleich am Anfang informiert eine Ärztin das Gesundheitsamt in Duisburg per Mail, gibt die Handynummer der 64-Jährigen durch zwecks Angabe von Kontaktpersonen. Was fortan passiert oder vielmehr nicht passiert, bezeichnet die Duisburgerin als skandalös. Hier die Chronologie der weiteren Ereignisse aus Sicht der Ruhrorterin:
Chronologie der Ereignisse aus Sicht der Duisburgerin:
17. April: Heike Krause wird aus dem Krankenhaus entlassen. Sie ist noch längst nicht wieder auf der Höhe und soll sich auf Anraten der Ärztin noch zwei Wochen in häusliche Quarantäne begeben. Bis zu diesem Zeitpunkt hat sich das Gesundheitsamt trotz mehrfachen Nachhakens der Klinik nicht gemeldet. Mittags ändert sich das. Eine Mitarbeiterin der Behörde teilt ihr mit, dass ihre häusliche Quarantäne nach dem positiven Test nun beendet sei. Heike Krause ist baff und erklärt, dass ihre häusliche Quarantäne jetzt erst begonnen und sie sich vorher im Krankenhaus befunden habe. Davon ist der Mitarbeiterin nichts bekannt. Warum bislang niemand nach Kontaktpersonen gefragt hat, kann sie auch nicht sagen. Sie will aber noch einmal nachforschen.
Duisburger Gesundheitsamt fragt Corona-Patientin nicht nach Kontaktpersonen
Zwei Stunden später wieder ein Anruf vom Gesundheitsamt. Eine andere Mitarbeiterin meldet sich. Sie weiß, dass die Duisburgerin gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden ist und will sie deshalb über die Notwendigkeit der häuslichen Quarantäne und die damit verbundenen Pflichten informieren. Heike Krause wundert sich weiter und fragt auch diesmal nach, warum es nicht längst einen Rückruf wegen der Kontaktpersonen gegeben habe. Sie habe dann allen Ernstes mitteilen sollen, welche Kontakte es denn in den vergangenen 14 Tagen gegeben habe. Die Duisburgerin betont daraufhin, dass sie sich auf der Isolierstation eines Krankenhauses befunden habe.
19. April: Heike Krause erhält noch einmal einen Anruf von jener Mitarbeiterin des Gesundheitsamts, die sie aus der häuslichen Quarantäne entlassen wollte, bevor diese begonnen hatte. Diese habe nachgeforscht und erfahren, dass das Gesundheitsamt erst am 9. April über den Corona-Fall informiert worden sei. Sie kann aber weiter nicht sagen, warum nicht wenigstens dann die Kontaktpersonen erfragt worden sind.
Große Verwunderung nach Schreiben des Duisburger Gesundheitsamts
Noch am selben Tag durchforstet Heike Krause die zuletzt liegen gebliebene Post und entdeckt ein Schreiben des Gesundheitsamts: Darin teilt das Amt mit, dass es am 3. April über den Corona-Fall informiert worden sei. Also doch schon früher. Die Duisburgerin wird um Rückruf gebeten. Dumm nur, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch im Krankenhaus lag.
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1. Mai: Heike Krause erhält einen Anruf eines weiteren Mitarbeiters des Gesundheitsamts. Er fragt sie, wie sie sich fühle. Sie sagt: „Danke, gut.“ Daraufhin sei sie aus der häuslichen Quarantäne entlassen. Die Duisburgerin fragt nach einem Test, um sicher zu stellen, dass sie nicht mehr ansteckend ist. Antwort: Dies sei nicht nötig und nicht vorgesehen. Heike Krause lässt sich daraufhin von ihrem Hausarzt eine Überweisung für das Testzentrum der MSV-Arena geben, wird dort noch mal getestet.
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9. Mai: Anruf vom Gesundheitsamt: Das Ergebnis des Tests ist positiv. Das könne man sich überhaupt nicht erklären. Vorerst eine weitere Woche häuslicher Quarantäne wird angeordnet. „Das ist doch ein Desaster“, so Heike Krause. „Hätte ich nicht selber aufgepasst, wäre ich in den vergangenen Wochen immer wieder als Infektionsschleuder durch die Gegend gelaufen.“
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15. Mai: Dieter Weber, Leiter des Gesundheitsamts, ist inzwischen über den Fall informiert und teilt der 64-Jährigen mit, dass ihre häusliche Quarantäne aufgrund weiterhin nicht mehr vorhandener Symptome nun endgültig beendet sei. Heike Krause lässt sich darauf nicht ein, besteht auf einen Nachtest, der nun an diesem Montag vorgenommen werden soll. Ende offen.
Duisburger Gesundheitsamts-Chef: „Da ist leider so ziemlich alles schief gelaufen“
Gegenüber der Redaktion äußert sich Weber zum Fall Krause: „Da ist leider so ziemlich alles schief gelaufen, was schief laufen kann“, so Weber. „Eine Lehre ist, dass wir feste Ansprechpartner brauchen. Sonst passieren zu schnell Fehler, obwohl wir mittlerweile eine webbasierte Datenbank haben, auf die bei uns jeder zugreifen kann.“
Dass ein Mitarbeiter die häusliche Quarantäne am 1. Mai für beendet erklärt hat, sei aus damaliger Sicht aber richtig gewesen, weil Heike Krause keine Symptome mehr gezeigt habe. Auch eine Nachtestung sei nach so vielen Wochen grundsätzlich nicht erforderlich. Ob die 64-Jährige trotz des positiven Ergebnisses und der danach vorsorglich noch mal angeordneten häuslichen Quarantäne überhaupt noch ansteckend ist, sei mehr als fraglich. Weber: „Nach neuen wissenschaftlichen Studien ist die Ansteckungsgefahr vor den ersten Symptomen am höchsten.“
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