Duisburg. Dieter Weber, Leiter des Duisburger Gesundheitsamts, hat Fehler im Umgang mit der Corona-Pandemie eingeräumt. Was er für die Zukunft fordert.

Schlechte Erreichbarkeit, keine Tests, keine Nachfrage nach Kontaktpersonen oder Hickhack um häusliche Quarantäne: Mehrere Duisburger haben zuletzt das Gesundheitsamt für den Umgang mit Corona massiv kritisiert. Amtsleiter Dieter Weber hat nun Fehler eingeräumt. Eine Lehre sei es, feste Ansprechpartner pro Fall zu gewährleisten. Im Gespräch mit der Redaktion blickt er auch auf die Probleme am Anfang der Pandemie zurück, nimmt Stellung zur neuen Teststrategie und sagt, wie sich das Gesundheitsamt für die Zukunft aufstellen sollte.

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Das Amt sei wie in vielen anderen Städten auch auf eine derart extreme Lage nicht vorbereitet gewesen. Als Anfang März die ersten Corona-Fälle in Duisburg aufgetaucht sind, haben seine Mitarbeiter demnach noch mit Excel-Tabellen gearbeitet. „Da sind wir bei der Erfassung schnell an unsere Grenzen gestoßen“, so Weber. „Nach ein paar Wochen haben wir deshalb eine webbasierte Datenbank in Angriff genommen, auf die jeder Mitarbeiter Zugriff hat, die aber je nach neuen Erfordernissen laufend neu programmiert wird.“

„Das Duisburger Gesundheitsamt ist personell sehr schlank aufgestellt“

Dazu sei das Gesundheitsamt in Duisburg im Vergleich personell sehr schlank aufgestellt, habe dazu eine hohe Fluktuation: „Wir reden hier zwar von 50 bis 60 Mitarbeitern, von denen aber viele in Teilzeit sind. Deshalb war es durch Corona zwingend nötig, rund 40 Mitarbeiter aus anderen Ämtern abzuziehen und zu uns zu holen“, so Weber. „Die mussten aber erst einmal eingearbeitet werden. Grundsätzlich ist die Einsatzbereitschaft sehr hoch.“

Es gebe nun drei Teams, das erste kümmere sich um die Erfassung der Corona-Fälle, das zweite um die Ermittlung und Nachverfolgung von Kontakten und das dritte Team versuche seit neuestem täglich mit derzeit rund 700 Personen, Corona-Infizierten und Kontaktpersonen, zu telefonieren, um etwa nach möglichen Symptomen zu fragen. „Wir machen aktuell im Grunde nichts anderes als Corona“, sagt Weber. „Noch ein paar amtsärztliche Untersuchungen, aber sonst nichts.“

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Mit derzeit über 10.000 Corona-Tests stehe Duisburg gut da – ebenso hinsichtlich des Sieben-Tage-Werts von 14 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner. „Bei einem Wert von 50 müssten wir hinsichtlich der Lockerungen die Notbremse ziehen“, so Weber. Über die Dunkelziffer könne er nur spekulieren. Es sei jedenfalls wichtig, jetzt mit einer neuen Strategie engmaschige Massentests überall dort zu organisieren, wo es Hinweise auf Corona-Schwerpunkte gibt.

1060 Grundschüler sind in Duisburg-Hochfeld getestet worden

So sind zum Beispiel 1060 Grundschüler in Hochfeld getestet worden. „Wir haben dort vor allem bei Großfamilien Probleme, Kontakte nachzuverfolgen, aber nun eine Mitarbeiterin als feste Ansprechpartnerin mit türkischen Wurzeln und gutem Zugang in den Stadtteil“, sagt der Chef des Gesundheitsamts.

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Besonders viele Corona-Fälle wie etwa im Awocura-Seniorenzentrum in Wanheimerort lassen sich laut Weber aber nicht immer erklären. „Da spielen mitunter ganz kleine Faktoren eine Rolle, die aber große Auswirkungen haben. Wenn ein Mitarbeiter zum Beispiel unerkannt an Corona erkrankt und den Virus verbreitet.“ Es habe am Anfang aber auch zu wenig Schutzausrüstung für die Altenheime gegeben.

Anfangs schlechte Erfahrungen mit einem Labor

Was die Auswertung der Tests betrifft, habe das Gesundheitsamt anfangs schlechte Erfahrungen mit einem Labor gesammelt. „Die Ergebnisse haben sehr lange gedauert. Da sind sogar Befunde weggekommen“, so Weber. „Das Labor hat sich schlicht übernommen, was unsere Probleme am Anfang noch verstärkt hat. Seit rund fünf Wochen arbeiten wir mit einem Labor in Bad Salzuflen zusammen, das viele andere Gesundheitsämter versorgt. Die Laborkapazitäten liegen allein für Duisburg bei bis zu 1000 Proben täglich. Das ist ausreichend. Wir sind insgesamt zufrieden.“

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Nach ein bis drei Tagen seien die Ergebnisse in der Regel da. Wenn es doch mal länger dauere, habe dies nicht immer unbedingt mit dem Labor zu tun. Näher geht Weber auf dieses Thema aber nicht. „Wir versuchen so etwas auf jeden Fall zu vermeiden.“ Dies gelte auch für lange Schlangen, die etwa in der vergangenen Woche vor dem Testzentrum in der MSV-Arena beobacht worden sind. Dies sei nicht im Sinne des Infektionsschutzes.

„Wir müssen künftig stärker in Notfallstrukturen denken“

„Da werden wir uns in Kürze aber sowieso andere Testverfahren überlegen“, so Weber, ohne auch bei diesem Punkt ins Detail gehen zu wollen. Ohnehin muss der Standort bald aufgegeben werden, weil der MSV die Räumlichkeiten benötigt, sagt Pressesprecherin Susanne Stölting.

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Wie die Redaktion erfuhr, stehen Corona-Tests, die Städte und Kreise in eigenen Testzentren zum Beispiel Beschäftigten in medizinischen Berufen anbieten, vor dem Aus. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen Lippe (KVWL) kündigte gegenüber der Stadt Bochum an, das „Corona-Screening“ ab Mittwoch nicht mehr zu bezahlen. Auch Dortmund und der Ennepe-Ruhr-Kreis erhielten Kündigungen.

Bei einem Blick in die Zukunft fordert Weber, den öffentlichen Gesundheitsdienst komplett auf den Prüfstand zu stellen: „Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass gerade in Städten mit größeren sozialen Brennpunkten stärker in Notfallstrukturen gedacht werden muss.“

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