Duisburg. Verein „Wirtschaft für Duisburg“: „Die Zeit der Großindustrie ist vorbei.“ Um mehr Firmen anzuwerben, müsste die Stadt aktiver Flächen entwickeln.

Eher Schlusslicht als Spitze – dies galt für Duisburg lange Jahre in vielen Städterankings. Auch im jüngsten Städtetest der Wirtschaftswoche liegt Duisburg in allen Kategorien auf den hinteren Plätzen. Trotzdem ist für Alexander Kranki das Glas in seiner Wahlheimatstadt halb voll: „Bis vor fünf Jahren hatte man das Gefühl, es geht hier nicht weiter. Aber zurzeit ist die Dynamik groß.“ Der Vorsitzende des Vereins „Wirtschaft für Duisburg“ und Gründer des IT-Unternehmens Krankikom blickt zuversichtlich nach vorne: „6-Seen-Wedau“ nimmt Form an, die Bürgerbeteiligung zur Entwicklung der „Duisburger Freiheit“ ist angelaufen, „Mercator One“ am Hauptbahnhof ist auf der Zielgeraden, das Mercatorhaus kann gebaut werden. Neben Duisburgs Defiziten sieht Kranki viele Chancen: „Wir haben einen Gestaltungsspielraum in der Stadt wie schon sehr lange nicht mehr.“ Mit dem Masterplan Wirtschaft sei viel Vertrauen zwischen Politik, Verwaltung und Wirtschaft aufgebaut worden. „Die Zusammenarbeit ist gut“, sagt Kranki.

„Der Verein ist eine Ideenplattform für Unternehmer, die Herzblut für Duisburg haben“

Seit gut zwei Jahren versteht sich der Verein „Wirtschaft für Duisburg“, der mit elf Mitgliedern gestartet ist und mittlerweile fast 60 Aktive zählt, als Themen- und Ideenplattform für Unternehmer, „die Herzblut für Duisburg haben und etwas im Sinne der Stadt verändern wollen“, sagt Christian Kleff, Geschäftsführer des Vereins. Dabei setze Wirtschaft für Duisburg auf enge Kooperationen, etwa mit der IHK, der Wirtschaftsförderung oder Duisburg Kontor. Erste Erfolge gebe es bereits. Das neue Stadtmarketingkonzept, dessen Wort-Bild-Marke jüngst vorgestellt wurde, sei ein Eckpfeiler des Masterplanprozesses gewesen; viele Ideen seien aus dem Arbeitskreis Image des Vereins in das Kommunikationskonzept eingeflossen. Ein besseres Image sei wichtig, „um neue Firmen und neue Einwohner nach Duisburg zu lotsen, die hier Steuern zahlen“, so Kleff. Duisburg brauche nachhaltig höhere Einnahmen, um investieren zu können. Die bekomme man aber „nicht durch immer höhere Grund- und Gewerbesteuern oder hohe Kita-Gebühren, sondern nur durch eine deutlich breitere Steuerbasis.“

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Die vergleichsweise hohe Gewerbesteuer in Duisburg wird oft aus der Wirtschaft kritisiert. Von einer erneuten Erhöhung hat die Stadt in dem jetzt vom Rat gebilligten Doppelhaushalt 2020/2021 abgesehen. „Das ist ein positives Signal“, sagt Christian Kleff. Ein Ziel wäre, „in den kommenden Jahren wenigstens den Landesschnitt zu erreichen.“ Von einem niedrigen Satz wie in Monheim wolle man gar nicht reden. „Das ist nicht nachhaltig. Ich würde mir wünschen, dass das Land in krassen Fällen eingreift und einen Korridor einführen würde, in dem die Gewerbesteuer liegen muss. Und Standorten mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten sollte es ermöglicht werden, die niedrigsten Steuersätze zu haben, um neue Unternehmen anzuziehen“, sagt Alexander Kranki.

Für IT-Unternehmer Alexander Kanki war es keine Frage in Duisburg neu zu bauen

Neben positiven Botschaften brauche es konkrete Projekte, die zeigten, dass Duisburg an seinen vielen Baustellen tatsächlich arbeite. „Das fängt an bei schmuddeligen Parkhauszugängen an der Königstraße und geht bis zu einer städtebaulichen Visitenkarte auf dem Gelände des alten Güterbahnhofs, dem Eingangstor zur Stadt. Der erste Eindruck zählt. Standortmarketing ist für uns Stadtentwicklung“, so Kleff.

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Für Alexander Kranki gibt es viele Argumente für Duisburg als Wirtschaftsstandort. Jüngst ist er mit seiner Firma in den eigenen Neubau am Innenhafen eingezogen. Für ihn war es keine Frage, ob er in Duisburg neu baut oder sich in einer anderen Stadt ansiedelt. „Duisburg hat positive Standortfaktoren und Potenzial: die Stadt ist gut an Autobahnen angebunden, der Flughafen ist schnell zu erreichen, die ICE-Strecke auch und die Mieten für Wohnraum sind bezahlbar, mit der Uni Duisburg-Essen und auch den Hochschulen Rhein-Waal und Ruhr West hat man Wissensstandorte in unmittelbarer Nähe“, listet er auf. „Mit am wichtigsten ist aber, dass ich hier die Fachkräfte bekomme, die ich brauche.“ Kranki ist überzeugt, dass Duisburg als Standort für mittelständische Unternehmen noch viel interessanter werden könne.

Bedürfnisse verändern sich, da die Unternehmerschaft kleinteiliger wird

„Früher funktionierte die Wirtschaft, ohne dass die Stadt viel getan hat. Das hat sich geändert. Die Zeit der Großindustrie ist vorbei. Die Unternehmerschaft wird kleinteiliger. Entsprechend verändern sich die Bedürfnisse der Unternehmen.“ Sie bräuchten schnelle Entscheidungen und Gewerbeflächen. „Was die Gebag für die Entwicklung von Wohn- und Büroflächen tut, brauchen wir auch für die Wirtschaft: eine aktive Flächenentwicklung.“ Wirtschaftsdezernent Andree Haack sei dabei, die Wirtschaftsförderung GFW neu aufzustellen. „Im Zuge dieses Prozesses sollte man auch in diese Richtung denken.“

Klar sei, dass die GFW deutlich mehr Schlagkraft benötige. „In vielen Städten hat die Wirtschaftsförderung einen ganz anderen Stellenwert.“ In Dortmund könnten die rund 100 städtischen Wirtschaftsförderer mit ihrem Etat von fast 14 Millionen Euro Projekte in ganz anderen Dimensionen stemmen. „Wir brauchen ein klares Bild, wo wir mit dem Wirtschaftsstandort Duisburg hinwollen. Und wir brauchen Experten für Flächenentwicklung und -management, Innovation und Investition“, so Kranki.

„Japaner oder Chinesen verstehen nicht, warum es 53 Städte in der Metropole Ruhr gibt“

Wenn sich Duisburg beispielsweise dazu entscheiden würde, einen Wasserstoffpark aufzubauen, „muss man auch gezielt Firmen aus der Branche ansprechen und das nicht nur in der Region. Dafür muss es ein Management geben, denn das macht man nicht nebenbei. Manchmal braucht es Expertise von außen“, sagt Kranki und spricht von einem „Zentrenmanagement“, das die Firmenakquise betreiben könnte und das sich die Stadt über die bestehende Wirtschaftsförderung hinaus leisten sollte.

Derzeit würde eine Firma aus Ingolstadt nicht unbedingt nach Duisburg umsiedeln. „Heute wäre eine Ausgründung mit ein paar Mitarbeitern ein erster Schritt. Und aus ein paar Mitarbeitern können in ein paar Jahren mehr werden“, sagt Kranki. Auch seine Firma ist über die Jahre auf mittlerweile 100 Mitarbeiter gewachsen, die nun auf den Steiger Schwanentor blicken können. „Wir müssen heute säen, damit wir in der Zukunft ernten können.“

Auch wenn der Verein „Wirtschaft in Duisburg“ gezielt auf die Stadt fokussiere, so sind sich die Mitglieder einig, dass man die Region im Blick haben muss, „wenn man Investoren im weltweiten Maßstab gewinnen will“, sagt Alexander Kranki und schaut auf Projekte wie Olympia 2032, „die nur groß gedacht und umgesetzt werden können.“ Japaner oder Chinesen würden nicht verstehen, warum es 53 Städte in der Metropole Ruhr gibt: „Die sehen nur einen Fleck auf der Landkarte.“