Duisburg-Hochfeld. Mehr als schöne Blümchen: Mit der Internationalen Gartenschau (IGA) 2027 soll in Hochfeld einiges bewegt werden. Mahnende Worte gibt’s trotzdem.

Wird die Internationale Gartenschau (IGA) im Jahr 2027 in Duisburg-Hochfeld eine reine Blümchen-Präsentation oder kann sie nachhaltig etwas für den Stadtteil bewirken? Das war die Kernfrage, zu der sich nun Fachleute in der Reihe „Stadtentwicklung im Dialog“ im Lehmbruck-Museum austauschten. Schnell war man sich einig: Die IGA hat das Potenzial, Hochfeld zum Rhein hin zu öffnen. Mehr noch: Das neue Wohn-Quartier „Rheinort“, das parallel geplant wird, soll ebenfalls vom IGA-Standort am Rheinpark profitieren. Mahnende Worte von Seiten der Bürger gab es dennoch.

Das sind die Pläne für die Internationale Gartenschau in Duisburg

Horst Fischer,  Joachim Evers, Nina Frense (Regionalverband Ruhr), Hanspeter Faas  und Martin Linne stellten sich den Fragen der Bürger.
Horst Fischer, Joachim Evers, Nina Frense (Regionalverband Ruhr), Hanspeter Faas und Martin Linne stellten sich den Fragen der Bürger. © FUNKE Foto Services | Foto: Tamara Ramos

„Wir planen die grünste Metropole der Welt“, gibt Horst Fischer, Referatsleiter bei Regionalverband Ruhr als Marschrichtung vor. Die Organisatoren sehen die IGA in einer Reihe mit der Kulturhauptstadt 2010 und der Internationalen Bauausstellung, die in den 1990er Jahren den Umbau des ehemaligen Hüttenwerkes in Meiderich und die Entwicklung des Innenhafen anstieß. Damals habe sich kaum jemand vorstellen können, dass der Landschaftspark Nord ein Magnet für Touristen werde. „Wir werden nicht alle Probleme des Ruhrgebiets mit der IGA lösen, aber neue Modelle entwickeln und die Lebensqualität der Menschen verbessern“, ist Fischer überzeugt.

Das ist in Hochfeld vorgesehen

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Der Rheinpark in Duisburg wird einer von drei Hauptstandorten, an denen Besucher Eintritt bezahlen sollen. Um erste Ideen zu entwickeln, haben sich in der Vergangenheit fünf Planungsbüros zu Workshops getroffen. „Das sind noch keine Pläne, sondern Konzepte“, betont Jochen Evers vom Planungsbüro RMP. „Der Ort ist unheimlich spannend.“

Die Visualisierungen zeigen beispielsweise Segway-Fahrer, die auf den Wegen zwischen den schwebenden Gärten unterwegs sind. Die Hänge sind mit Blumen bepflanzt. In einer noch recht leeren Halle soll es eine Ausstellung zu Zukunftsthemen geben. Das Becken des Kultushafen ist mit Sand zugeschüttet und soll den Duisburgern eine Gelegenheit bieten, sich direkt an den Rhein zu setzen. Auch über eine Fähre, die zwischen der linken und rechten Rheinseite verkehrt, wird nachgedacht. „Natürlich wissen wir jetzt, dass die Fläche um den Kultushafen ein wichtiges Biotop ist“, so Evers. Martin Linne, Dezernent für Stadtentwicklung und Umwelt bei der Stadt Duisburg, schränkt außerdem ein: „Der Rhein ist eine internationale Wasserstraße. Wir müssen schauen, was möglich ist.“

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Evers und seine Kollegen haben nicht nur den Park an sich betrachtet, sondern auch Hochfeld. Als „Arrival City“ bezeichnen sie den Stadtteil: Viele Menschen kommen hier an, bleiben vielleicht nur kurz, müssen die Sprache und das Zusammenleben erst noch lernen. Der Grüngürtel, der durch Hochfeld führt und bisher keinen besonders gepflegten Eindruck macht, soll künftig eine Verbindung zum Areal schaffen. „Bisher hat Hochfeld dem Rhein den Rücken zugewendet. Man hat sich eher Richtung Innenstadt orientiert“, weiß Linne. Die IGA biete nun die Chance, neue Projekte zu realisieren.

Gartenschau bringt Touristen und Geld in die Stadt

„Gartenschauen sind ein starkes Instrument, Stadtentwicklung nach vorne zu bringen“, weiß Hanspeter Faas, Geschäftsführer des Bundesgartenschau Heilbronn. Und ein wirtschaftlich erfolgreiches obendrein. Der gelernte Gärtner und Ingenieur hat viele Ausstellungen in der Bundesrepublik begleitet. „Es ist ein tolles Fest mit wichtigen städtebaulichen Elementen.“ Natürlich ziehe eine Gartenschau auch Personen an, die sich für Blumen und Gärten interessieren. „Es ist auch eine Leistungsschau der Gärtner.“ In Heilbronn kamen in diesem Jahr sogar mehr Besucher, nämlich 2,3 Millionen, als geplant. „Jeder investierte Euro hatte sieben Euro Investition nach sich gezogen. Das ist gut für die Region, wenn man sich neu vermarkten und für Touristen interessant werden möchte“, erklärt Faas.

Die geplante Infrastruktur

Die Planer vom RMP haben ein erstes Konzept entwickelt, wie die IGA in Hochfeld aussehen könnte. Ihr Vorschlag: Die Schau sollte nicht hinter einem Zaun verschwinden.
Die Planer vom RMP haben ein erstes Konzept entwickelt, wie die IGA in Hochfeld aussehen könnte. Ihr Vorschlag: Die Schau sollte nicht hinter einem Zaun verschwinden. © Foto: RVR/ARGE RMP/De zwarte Hond/Raumtaktik

In dem ersten Konzept ist vorgesehen, dass auf der linken Rheinseite, etwa auf Höhe Logport, ein großer Parkplatz entstehen soll und die Besucher dann beispielsweise über die Eisenbahnbrücke den Rhein queren. „Der Blick von oben auf das Gelände ist sicher eines der Highlights“, glaubt Planer Evers. Dezernent Linne könnte sich aber auch vorstellen, dass bis 2027 das Gelände an der Duisburger Freiheit genutzt werden kann. Dies liege in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof und an der Autobahn und biete sich an, um dort die Gäste zu empfangen. Diese könnten dann den ÖPNV Richtung Hochfeld nutzen oder dort extra geparkte Räder leihen und über die Bocksbahntrasse und den Grüngürtel zum Rheinpark fahren. „Das Thema Parkplätze ist das unwichtigste. Der Verkehr bricht nicht wegen der IGA zusammen“, sagt Gartenschau-Fachmann Faas. Einige Bürger merkten allerdings an, dass ja in den nächsten Jahren der Ausbau des Kreuz Kaiserberg sowie Bauarbeiten auf der A59 anstehen.

Das sagen die Bürger

Das Interesse an der IGA ist groß. Rund 80 interessierte Bürger folgten der Diskussion im Lehmbruck-Museum. Grundsätzlich befürworten die meisten die Gartenschau. „Allerdings sollte man auf die Hochfelder, die sich schon jetzt für den Stadtteil engagieren und Ideen haben, mit einbinden“, fordert eine Anwohnerin. Eine andere gibt ihr Recht: „Bisher sieht es so aus, als wenn die IGA an Hochfeld vorbei geht. Und allein, dass das neue Quartier bewusst Rheinort genannt wird und nicht Hochfeld, macht uns Sorgen“, berichtet eine Nachbarin. Martin Linne entgegnet hingegen: „Der Name ist das geringste Problem. Wir werden dort auch sozialen Wohnungsbau schaffen.“ Die Wörthstraße müsse umgestaltet werden, damit sie nicht wie eine Barriere wirke.

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Heinz Kuhlen bringen die Pläne für den Kultushafen auf die Palme. Auf seiner Internetseite „Kultushafen bewahren“ hat er sämtliche Tier- und Pflanzenarten aufgelistet, die sich diesen Teil als Lebensraum erobert haben. Der Kultushafen leiste einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität. Und sollte man tatsächlich die Mole entfernen wollen, dann könnte sich gar das Strömungsverhalten des Rheins ändern. Torsten Steinke, Ratsmitglied und Vorsitzender des Bürgervereins Wanheimerort, begrüßt die IGA-Pläne grundsätzlich – und vor allem die geplante Weiterführung des Radwegs zur Rheinpromenade nach Wanheim. „Aber wir Wanheimerorter träumen auch davon, dass der Dickelsbach, der durch die Siedlung fließt und später verrohrt zum Kultushafen geführt wird, vielleicht einmal wieder frei gelegt wird. Dem widerspricht aber die jetzige Planung in diesem Bereich.“

Nina Frense, Beigeordnete für Umwelt beim Regionalverband Ruhr, sagt mit Blick auf die Debatte allerdings auch: „In Zukunft werden wir nicht jede Fläche für Kreuzkröte vorhalten können.“ Es gehöre der Mut dazu, Flächen auszuweisen, die eine wichtige Rolle bei der Stadtentwicklung spielen sollen. Andere wiederum würden für Natur frei gehalten.

Stadtteilmanager Reinhard Schmidt von der Entwicklungsgesellschaft Duisburg glaubt, dass die IGA Hochfeld noch einmal einen Schub geben könnte. „Wir sind damit noch einmal fünf Jahre länger in der Förderung“. Michael Willhardt, engagierter Hochfelder, ist von den Plänen überzeugt – und hofft, dass die Bürger entsprechend mit eingebunden werden. „Wenn wir in Hochfeld ein bisschen Gentrifizierung abbekommen würden, das wäre schon was.“