Duisburg. Kaum eine Fläche in der Stadt bewegte so sehr wie die „Duisburger Freiheit“. Jetzt soll Bürgerbeteiligung die Planung für die Brache begleiten.
Multi Casa, Masterplan „Duisburger Freiheit“, Loveparade-Katastrophe, Möbelhaus-Pläne, Bürgerentscheid über das Designer-Outlet-Center: Die alte Güterbahnhofsbrache am Rand der Duisburger Innenstadt hat wie keine andere Fläche Duisburgs Gemüter bewegt. Und sie bleibt die gewichtigste Zukunftsfrage städtischer Entwicklung. Noch firmiert das Areal unter dem Begriff „Duisburger Freiheit“. Doch was soll auf dem riesigen Gelände entstehen, nachdem Duisburg mit dem Kauf der Brache durch die städtische Wohnungstochter Gebag es wieder selbst in der Hand hat, zu planen, zu entwickeln und zu entscheiden?
Breite Akzeptanz in der Bürgerschaft
Was auf dem Gelände mit den weit sichtbaren Ruinen zukünftig passiert, sollen auch die Duisburger im Rahmen eines Beteiligungsprozesses mitbestimmen. „Mein Ziel ist es, eine breite Akzeptanz der Stadtgesellschaft für die grundsätzliche Ausrichtung und Zielsetzung der Entwicklung dieser Fläche zu erreichen. Dabei will ich auch die Duisburger Bevölkerung bei den Planungen mitnehmen und beteiligen“, betont Oberbürgermeister Sören Link. „Dafür müssen die inhaltlichen Ziele nachhaltig und zukunftsweisend sein, denn die Entwicklung der Fläche wird einige Jahre in Anspruch nehmen“, legt Gebag-Geschäftsführer Bernd Wortmeyer dabei Wert auf die Qualität eines Verfahrens- und Beteiligungsprozesses.
Vertrauen in die Entwicklung zurückgewinnen
In der Juli-Ratssitzung will die Stadt das weitere Vorgehen in einer Vorlage dem Stadtparlament vorlegen. Schon im Mai hatte sie die ersten Grundzüge der Bürgerbeteiligung und Vorschläge für die nächsten Schritte vorgelegt. Danach geht es auch darum, „verloren gegangenes Vertrauen in die Entwicklung zurückzugewinnen“ sowie „Transparenz und Akzeptanz“ zu schaffen. Unverrückbar bleibt dabei die „emotionale Historie des Geländes“. Hinterbliebene und Betroffene der Loveparade-Katastrophe von 2010 sollen eingebunden werden.
Zugleich: Das städtische Filetstück soll eine neue Leitbildidee erhalten und zu einer besonderen Duisburger „Marke“ werden. Sie soll ein nachhaltiges, positiv besetztes Image bekommen, nachdem das Areal in den vergangenen zehn, 15 Jahren nur als Unglücksort, als Fläche gescheiterter Projekte und als politisches Streitobjekt Schlagzeilen machte.
Areal hat überregionale Bedeutung
„Das Areal hat nicht nur lokale/regionale, sondern auch überregionale, wenn nicht eine internationale Bedeutung“, so die Stadt. Planungsdezernent Martin Linne: „Die einmalige Chance, diese zentrale Fläche in Duisburg und der Region entwickeln zu können, ist da. Jetzt gilt es, nach vorne zu schauen, auch mit einem qualitativen Anspruch.“
„Jetzt sollen die Bürger sagen, was sie wollen“
Die Grünen begrüßen den Plan der Verwaltung, die Bürger in einem frühen Stadion der Überlegungen, was auf dem Gelände der Duisburger Freiheit städtebaulich passiert, einzubinden. „Wir wollen nicht, dass die Planer sagen, wo es lang geht. Die Bürger haben durch den Bürgerentscheid zum DOC deutlich gemacht, was sie nicht wollen. Jetzt sollen sie auch sagen, was sie wollen“, sagt Claudia Leiße.
Die Grünen-Fraktionssprecherin betont aber, dass es wichtig ist, „den Bürgern vorab die Rahmenbedingungen klar zu machen.“ Es werde kein „Wunschpaket“ möglich sein. Es müsse einen Leitfaden geben, „sonst sind die Bürger unzufrieden wenn ihre Vorschläge nachher in der Schublade landen.“
Dass das nur beauftragte Büro deekeling arndt/amo (DAA) ein Konzept schreiben soll und dafür im Vorfeld Vertreter aus Politik und Wirtschaft befragt, wertet Claudia Leiße positiv. Das Gelände sei ein „Pfund“ für Duisburg. Es müsse modern und zukunftsfähig aufgestellt werden.
Büro- und Arbeitsflächen müssten neu gedacht werden. Heute brauche man nicht mehr kleine Büroräume, sondern im Zuge der Digitalisierung flexiblere Arbeitsplätze. Claudia Leiße hofft, dass die Bürgerbeteiligung für die Duisburger Freiheit anders als einst beim Bahnhofsvorplatz aussieht. „Dies war kein positives Beispiel. Da kamen die Bürger nur am Rande vor.“
Für den geplanten Beteiligungsprozess hat die Gebag das Düsseldorfer Büro deekeling arndt/amo (DAA) beauftragt, ein Konzept zu entwerfen. In einem ersten Schritt werden hierfür Interviews mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft sowie der Verwaltung geführt. Parallel dazu werden vergleichbare Projekte aus dem In- und Ausland gesichtet, „um mögliche Impulse für den in Duisburg anstehenden Prozess abzuleiten“. In einem weiteren Schritt steht die breite Bürgerbeteiligung an. Dazu soll im Spätsommer eine öffentliche Kick-Off-Veranstaltung stattfinden.Danach soll es auch Themen-Werkstätten geben. Parallel dazu sind Bürger-Aktionen auf allen digitalen Kanälen geplant, online, via Twitter und Facebook.
Ruinen-Abriss wird geprüft
Geprüft wird unterdessen, ob die Ruinen schon vor dem Start der Bauplanung abgerissen werden. Klar ist, dass die bisherigen Planungen im Masterplan von Sir Norman Foster, die ein exponiertes Büro- und Dienstleistungszentrum mit ergänzendem Wohnen und Gewerbe sowie einer zentralen öffentlichen Grünfläche vorsahen, ein „Update“ brauchen.