Duisburg. Duisburg will mit einem Masterplan zur Smart City werden. Die Digitalisierung soll Bürgern das Leben leichter machen. Das sind die Pläne:

Duisburg soll zur Smart City werden. Einer Stadt, die in vielen Lebensbereichen durchdigitalisiert ist. Eine Utopie? Schon lange nicht mehr. In sieben Handlungsfeldern wird es im Masterplan Digitalisierung konkret: Breitband und 5G, E-Government, Wirtschaft, Mobilität, Wohnen, Infrastruktur und Bildung. Überschneidungen inklusive.

Der Rat der Stadt misst dem Thema große Bedeutung zu, nicht umsonst hat sie mit Martin Murrack einen eigenen Dezernenten für Digitalisierung. Er ist außerdem Stadtdirektor und Stadtkämmerer. Sehr praktisch, wenn man zugleich auf dem Geld sitzt, die Mitarbeiter dirigieren kann und qua Amt und Interesse mit neuer Technik Schritt hält.

Innovationen kosten Geld, bringen aber auch Vorteile

An den Kosten ist zumindest noch kein Projekt gescheitert, sagt Murrack scherzend. Tatsächlich hätten seine Vorgänger oft eine Schere im Kopf gehabt, weil das Geld in Duisburg zu knapp und der Datenschutz eine zu große Hürde sei. Dabei würden durch digitalisierte Prozesse Kapazitäten bei den Mitarbeitern freigesetzt, die den Bürgern wieder zu Gute kommen. Abgesehen davon würden die Projektpartner ihre Innovationsbudgets auch einsetzen.

Duisburg will eine „Smart City“ werden, die in Wirtschaft, Verwaltung, Mobilität und städtischem Leben durchdigitalisiert ist. Dafür wurde mit Uni, Stadt, dem chinesischen IT-Konzern Huawei und weiteren Partnern ein Innovation-Center gegründet, also eine Art Ideenschmiede. Denn Digitalisierung ist ein Prozess, alle zwei Jahre soll der Masterplan fortgeschrieben werden.

Analoge Pfade nicht 1:1 übertragen

Im Haushaltsplan steht ein zweistelliger Millionenbetrag, darin enthalten sind allerdings die Kosten für die komplette Telefonie, alle Arbeitsplätze, die Infrastruktur. Da bleibt nicht so viel übrig. Deshalb will Murrack nächstes Jahr ein Innovationsbudget einplanen, mit dem gute Ideen von einer Jury gewählt und dann umgesetzt werden könnten.

Auch interessant

Gerade im Bereich E-Government sollen analoge Pfade nicht eins zu eins übertragen werden: „Nicht umschalten, sondern besser machen!“, lautet die Devise. Duisburg solle durch die Digitalisierung „lebens- und liebenswerter“ werden, sagt Murrack. Manche Projekte tun das bereits, wie die Online-Terminvergabe, durch die es weniger Schlangen in den Ämtern und eine merkliche Entlastung für die Mitarbeiter gebe. Andere sind (noch) visionär: So soll die fliegende Feuerwehr-Drohne perspektivisch mit einer Wärmebildkamera ausgestattet werden. Im Test liefert sie bislang live Bilder von einer Unfallstelle oder einem Brand in die Leitstelle, um den Einsatz zu koordinieren. Künftig könnte sie auch über den Rhein fliegen und einen Ertrinkenden orten.

Keiner muss Online-Wege gehen

Auch interessant

Auch eine Duisburg-App werde es sicher irgendwann geben. Die Linke-Ratsfraktion hat sie beantragt. Murrack will aber erst das Serviceportal zum Laufen bringen. „Ein Schritt nach dem anderen.“ Wer bei dem Tempo Angst bekommt, dass ihn die Zukunftstechnologie abhängt, den beruhigt der Stadtdirektor: „Wir zwingen keinen, Online-Wege zu nutzen.“ Man wird weiter auch mit Menschen sprechen können, „aber mein Anspruch ist schon, dass unser Angebot so intuitiv wird, dass auch Technikmuffel es nutzen können.“ 80 Prozent der behördlichen Arbeit sei ohnehin nicht digitalisierbar, vor allem im sozialen Bereich. Da seien weiterhin menschliche Experten gefragt. Kollegen würden nicht wegrationalisiert.

Von Nachteil sei in diesem Zusammenhang der Föderalismus auf Bundesebene. Es gibt zwar ein Onlinezugangsgesetz, aber keine verbindlichen Standards. Dadurch bastele jede Kommune ihre eigenen Konzepte, „das ist eine gigantische Geldverbrennungsmaschine“. Über das Netzwerk Digitale Kommune gebe es immerhin einen Austausch. „Wir sind ja keine Wettbewerber, wir müssen alle mit den Steuergeldern optimale Prozesse hinkriegen.“

Mutig neue Systeme testen

Mit dem Ziel, kluge Lösungen zu adaptieren, reiste er kürzlich auch in die Partnerstadt Vilnius in Litauen. Erkenntnis: Mehr Mut haben. Im technikverliebten Deutschland müsse immer alles perfekt ausgetestet sein. Die Online-Terminvergabe habe man als Beta-Version getestet, das auch offensiv kommuniziert - und von den Rückmeldungen der Bürger profitiert. So konnte das System viel schneller als geplant ausgerollt werden, berichtet er begeistert. Und hängt gleich die nächste Idee dran: Im Fraunhofer Inhaus soll ein „Smart City Information Desk“ entstehen und nächstes Jahr eröffnet werden. Bauantrag? Ist gestellt.

Smart City: Die Handlungsfelder

E-Government

Die öffentliche Verwaltung will mit digitalen Mitteln nutzerfreundlicher werden.Verwaltungsdienste, die zeit- und ortsunabhängig erledigt werden können, sollen online abrufbar sein, etwa Anwohner-Parkausweise bestellen. In den Ämtern sollen digitale Akten angelegt werden. Wenn nichts per Post oder Boten auf den Weg gebracht werden muss, könnten die Prozesse beschleunigt werden.In einem Serviceportal sollen Bürger ihre Aufträge verfolgen können. Die digitale Terminvergabe hat bereits dazu geführt,  dass Wartezeiten und die Belastung der Mitarbeiter reduziert wurden. Bürger sollen aktiv an öffentlichen Ausschreibungen und Projekten teilnehmen können. Und: Alle städtischen Mitarbeiter sollen ins digitale Arbeiten eingeführt werden - „change management“ nennt sich das.

Breitband & 5G

Ohne Internet keine digitale Entwicklung, daher soll die Breitbandversorgung in der Stadt schnell ausgebaut werden. Davon würde die Wirtschaft profitieren. Auch die Schulen sollen ans schnelle Netz angeschlossen werden. „Der Breitbandausbau läuft zu schleppend, die Tiefbau- und Planungskapazitäten sind am Limit“, bedauert Dezernent Murrack, aber dafür  sind die Telekommunikationskonzerne zuständig.Das kostenlose WLAN-Netz der Stadtwerke für die Duisburger selbst und für den Tourismus soll weiter ausgebaut werden.

Wirtschaft

In diesem Segment soll vor allem Duisburg als Wirtschaftsstandort attraktiver werden. Durch das Smart-Cityprojekt soll die Wirtschaft zum einen effizienter werden, zum anderen umweltschonender.Geplant ist etwa, Waren- und Verkehrsflüsse zu optimieren. Dafür werden Daten gesammelt, zusammengeführt und auf einer offenen Plattform angeboten. Bei den Daten geht es etwa um die Pegelstände des Rheins, um Schiffspositionen, Wetter oder Luftbelastung. Die Smarte Wirtschaft will außerdem vernetzen, kommunal, aber auch international - und so den Standort Duisburg nach vorne bringen.

Bildung

Bürger sollen für das Thema Digitalisierung sensibilisiert werden, deshalb will die Stadt Kooperationen mit Bildungseinrichtungen eingehen. Auch der Transport der Schüler soll verbessert werden - von der digital beantragten Fahrkarte bis zur günstigsten Route, die per App abgefragt werden kann. Die VHS will eine Seminarreihe auflegen, ein Magazin herausgeben, Autorenlesungen anbieten und eine Eventwoche auf die Beine stellen. Für die Mitarbeiter sollen an der Uni Fortbildungen organisiert werden, die von allgemeinen Einführungsseminaren bis zum zweijährigen Studium „Master Digital Business“ reichen werden.

Wohnen

Die Heizung per Smartphone anmachen, das Licht über die App ausschalten - all das gibt es schon in smarten Haushalten. Im Rahmen des Smart-City-Projekts sollen Duisburger Unternehmen Dinge, die das Leben leichter oder schöner machen, breiter ausrollen. Und zwar sowohl aus den Bereichen Gesundheit und Sicherheit wie auch aus den Segmenten Unterhaltung und Komfort.Bewegungssensoren könnten die ambulante und stationäre Pflege erleichtern. Um die Lebensqualität zu erhöhen, sollen bestehende Angebote vernetzt und neue Ideen entwickelt werden.

Mobilität

Smart City macht mobil - den Duisburger selbst und die Wirtschaft. Dafür soll mit vernetzten Sensoren, Kameras und miteinander sprechenden Ampeln der Verkehr in Echtzeit analysiert und optimiert werden. Autofahrer sollen bei der Suche nach einem Parkplatz unterstützt werden, auch über Staus und Baustellen könne man sich aktuell informieren lassen. Eine App will Anwohner vorwarnen, wenn Baustellen anstehen und informieren, was gemacht wird und wie lange es dauert.Auch Busse und Bahnen können profitieren. Neue Busse und Bahnen bekommen freies WLAN. Schneller kommt man als Nutzer zum Ziel, wenn klar ist, wo wie viele Fahrgäste stehen, wie dicht der Verkehr auf welcher Route ist und welche alternativen Fortbewegungsmittel zur Verfügung stehen. Eine Fahrplanauskunft gibt es schon in Echtzeit. Künftig sollen alle Infos auch auf einer Karte visualisiert werden. Sogar die Umwelt soll gewinnen, weil durch den besseren Verkehrsfluss weniger Feinstaub frei wird. Eine höhere Energieeffizienz soll auch möglich sein.

Infrastruktur

So ein Kanalrohr kann auch heute schon smart sein: Der Energieverbrauch lässt sich messen, der Reinigungsbedarf feststellen, der Durchsatz im Wasserkanal erheben. In einer Smart City soll die lokale Strom-, Wasser und Gasversorgung weiter vernetzt und überwacht werden: „Smart Grids“.Die Wirtschaftsbetriebe wollen selbstfahrende Kehrmaschinen testen, Mülleimer sollen per Chips ihren Füllstand selbst melden.

1/7