Duisburg. Wie umgehen mit der Szene im Kantpark? Auch nach der Umgestaltung treffen sich Trinker und Drogenkonsumenten im Duisburger Park. Ein Besuch.
Als „Schmuckstück“ oder „Central Park von Duisburg“ bezeichnet Oberbürgermeister Sören Link den neu gestalteten Kantpark gerne. Er soll Naherholungszone mitten in der Großstadt sein und Spielmöglichkeiten für Kinder bieten. In einem mehrjährigen, aufwendigen Planungsverfahren haben verschiedene Architekten mit Bürgern gemeinsam Ideen für die Umgestaltung entwickelt. Bäume sind gestutzt, Sträucher entfernt worden. Das sollte mehr Licht in den Park bringen und mehr Sicherheit obendrein – der Kantpark war seit jeher Treffpunkt der Drogen- und Trinker-Szene. Die Hoffnung: Wenn erst einmal wieder mehr Spaziergänger den Park nutzen und beleben, würde man auch die sozialen Probleme in den Griff bekommen. An diesem sonnigen Spätsommertag im September zeigt sich: Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt.
Die Wege sind einigermaßen sauber, Kinder toben über den Spielplatz. Im vorderen Bereich, dort, wo zahlreiche Bänke aufgestellt wurden, haben es sich indes ein gutes Dutzend Männer und Frauen aus der Szene bequem gemacht. Die Probleme sind vielfältig, einfache Antworten gibt es nicht. Ein Rundgang durch den Kantpark.
Polizei und Ordnungsamt gehen regelmäßig Streife
„Schauen Sie mal hinter die Bänke, da ist schon ein kleiner Weg, weil die meisten Leute nicht vorne an den Menschen vorbei gehen möchten“, macht ein Mitarbeiter des Café Museum auf einen sichtbaren Trampelpfad aufmerksam. Angst habe er als Mann nicht, aber ein unangenehmes Gefühl bleibe trotzdem.
„Der Kantpark wird von uns regelmäßig bestreift. Aber wir können nur gegen Delikte vorgehen, die wir unmittelbar beobachten“, erklärt Polizeisprecherin Stefanie Bersin. Zudem sei der städtische Außendienst des Bürger- und Ordnungsamts zweimal täglich im Park unterwegs. Stadtpressesprecher Peter Hilbrands betont: „Im Rahmen dieser Streifengänge werden selbstverständlich alle festgestellten Ordnungswidrigkeiten geahndet. Allerdings werden von den Mitgliedern, der sich hier aufhaltenden Drogenszene verständlicher Weise kaum Ordnungswidrigkeiten begangen, sobald uniformierte Kräfte gesichtet werden.“
Grundsätzlich sei man aber positiv gestimmt, so Hilbrands: „Der Park ist stark frequentiert.“ Eine Nachbarin stimmt diesem Eindruck nur teilweise zu: „Der Spielplatz ist höher frequentiert als früher, vor allem von Auswärtigen. Diese steuern gezielt den Spielplatz an und beleben den Park somit sehr konzentriert.“ Die Szene breite sich an manchen Tagen hingegen räumlich noch mehr aus als sonst. Und gepinkelt werde weiterhin - ganz gleich, ob ein Passant gerade vorbeilaufe und zugucke. Eine Mutter berichtet: „Der Spielplatz ist wirklich schön und die Kinder können hier auch Spaß haben, aber je eher es gegen Abend geht, umso schlimmer wird es. Insgesamt lassen die den Spielplatz aber in Ruhe.“
Das kann auch Rainer Brauner bestätigen. Der Schulhausmeister am angrenzenden Steinbart-Gymnasium dreht jeden Tag mit seinen Hunden eine Runde durch den Park. „Zum Teil sitzen die jetzt auch näher an der Schule. Da kann ich nur appellieren, dass sie an die Kinder denken sollen.“ Die Nachbarin aus dem Dellviertel schlägt vor: „Mein Wunsch wäre eine gemeinsame Aktion der Szene mit den Anwohnern, um deutlich zu machen, dass es hier Bedürfnisse gibt und die dazu führen soll, dass es allen Beteiligten besser geht und eine friedliche und nachsichtige Koexistenz möglich wäre.“
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Susanne Breidenbach von Kants Garten hat in der Vergangenheit, vor dem Umbau des Parks, bereits Kontakte zur Szene geknüpft. „Es wäre sinnvoll, wenn man den Menschen, die tun, was sie tun müssen, weil sie abhängig sind, einen Raum zur Verfügung stellen könnte.“ Vor einigen Jahren gab es zudem ein Projekt der ehrenamtlichen „ARTgenossen“ , die die Szene aus dem Park regelmäßig zu Rundgängen ins Lehmbruck-Museum eingeladen haben. Dies sollte das gegenseitige Verständnis dafür wecken, dass man nicht gegen die Museumsmauern pinkelt oder vor den Augen der Besucher Drogen konsumiert. Während der Umbauphase ist dieser Kontakt allerdings abgerissen.
Szene teilt sich in verschiedene Gruppen auf
„Mit denen da unten, die vor dem Museum sitzen, haben wir nichts zu tun“, betont einer der Männer, die sich regelmäßig im Kantpark treffen. Er ist „im Programm“, wie er sagt. Er substituiert seine Drogensucht und trifft sich anschließend mit den anderen im Park. Zu ihnen gehört auch Natascha. „Ich bin ganz ehrlich, ich krieg’ momentan den Arsch nicht hoch“, sagt die Frau, die aktuell auf der Straße lebt. „Die Polizei fliegt hier manchmal drei Mal am Tag ein. Aber die wissen, wen sie suchen“, erklärt sie. Stress haben sie selten mit den Beamten.
Stattdessen seien es „Migranten“, die vor Ort Drogen verticken. „Neulich hat einer einen Rentner angesprochen, der hier vorbeigegangen ist, ob er vielleicht was kaufen wolle. Sowas macht man doch nicht, da muss man sich nicht wundern, wenn die Polizei kommt“, empört sich ein anderer. Die „Szene“ besteht in Wahrheit aus viele Grüppchen. Es gibt die Menschen, die vorne an den Bänken sitzen, andere, die in der Innenstadt Bier trinken und die Drogenkonsumenten und -verkäufer.
Neue Streetworker vor Ort im Einsatz
Seit einigen Tagen bekommen sie regelmäßig Besuch von zwei Streetworkern des Suchthilfeverbundes. Dieser betreibt zudem an der Gutenbergstraße einen Raum, in dem sich die Besucher duschen und ihre Wäsche waschen können. „Das ist ein niederschwelliges Angebot. Wir versuchen gerade einen Fuß in die Tür zu bekommen und Kontakte zur Szene zu knüpfen“, erklärt Dita Gomfers, Geschäftsführerin beim Suchthilfeverbund die Arbeit ihrer Kollegen. „Die kommen vorbei und reden. Gut ist das“, erzählen die Menschen aus dem Kantpark.
Bereits 2017 hat der Suchthilfeverbund ein umfassendes Konzept zur Einrichtung eines so genannten Konsumraums eingerichtet. „Langfristig ist es unabdingbar, einen Konsumraum in unmittelbare Nähe des Kantparks einzurichten“, sagt Stadtsprecher Hilbrands. Doch momentan fehlt der Stadt das Geld, um das Konzept umzusetzen.
Während anderswo in der Stadt die Bänke abgebaut werden, um die Szene zu vergrämen, denkt die Stadt an solche Maßnahmen noch nicht. Die Bänke waren für die Architekten ein wichtiges gestalterisches Mittel. „Ordnungsamt und Polizei haben eine Auge auf den Park und dann auch darauf, was auf den Bänken geschieht.“