Duisburg. Nicht erst seit der Bertelsmann-Studie stellt sich auch für Duisburgs Kliniken die Zukunftsfrage. Dabei sieht es nicht nach Zusammenarbeit aus.
Wirtschaftlicher und politischer Druck, Ärztemangel und Personalknappheit: Nicht erst seit der Bertelsmann-Studie, die jüngst die Konzentration von Kompetenzen in Deutschlands Kliniken nahelegte, stellt sich auch für Duisburgs Krankenhäuser die Zukunftsfrage. Nach Zusammenarbeit sieht es da nicht aus. Eher nach einem Konkurrenzkampf auf Biegen und Brechen.
Wachsende Zahl von Herzkatheterlaboren in Duisburg
Die Zahl der Herzkatheterlabore ist ein Beispiel, an dem sich der knallharte Wettbewerb festmachen lässt. Die gab es im Fahrner Krankenhaus (Ev. Klinikum Niederrhein) im St. Johannes (Helios) und bei den Johannitern in Rheinhausen. Vor fünf Jahren begann die Expansion: Die Malteser (St. Anna) warben den Kardiologen Dr. Gunnar Plehn mit seinem Team aus Rheinhausen ab und richteten einen Messplatz ein. 2015, nur ein Jahr später, zog das Sana-Klinikum nach, ehe Helios ein weiteres Herzkatheterlabor im neu errichteten Marienkrankenhaus in Hochfeld einrichtete.
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Wirtschaftlich mache das wenig Sinn, weil schon mit drei Einrichtungen die Versorgung der Duisburger gesichert war, sagt Otto Eggeling, Geschäftsführer des Ev. Klinikums und mit 18 Jahren im Amt dienstältester Verwaltungschef in Duisburg: „Wir haben eine Inflation der teuren Plätze und damit auch ein Qualitätsproblem, weil man die Notfallversorgung rund um die Uhr darstellen muss.“ Das, glaubt Eggeling, werde irgendwann zu teuer. „Eigentlich wissen das alle. Die Kardiologie als Melkkuh, das wird nicht funktionieren.“
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Verantwortlich für die Entwicklung sei die grüne NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens, die in den Feststellungsbescheiden die Teilgebiete nicht mehr konkretisiert und so den Kliniken die Möglichkeit zur Einrichtung der Katheterlabore über den Bedarf hinaus ermöglichte. Aber: Kein Haus wurde gezwungen, mit Investitionen ins Risiko zu gehen.
Kliniken kaufen Praxen niedergelassener Ärzte
Um sich den Zugriff auf die Patienten zu sichern, treibt der Konkurrenzkampf mit einer wachsenden Zahl medizinischer Versorgungszentren (MVZ) eine neue Blüte: Kliniken kaufen Praxen niedergelassener Ärzte, setzen die Inhaber auf ihre Gehaltsliste. Mehrere Millionen, so heißt es, sollen dafür über den Tisch gehen. „Aberwitzig“ nennt das Otto Eggeling: „Wie soll sich das jemals amortisieren?“
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Der Verband der Duisburger Krankenanstalten ist das gemeinsame Gremium. Zweimal pro Jahr treffen sich dort die Klinik-Geschäftsführer. „Absolut richtig“ sei es, über Zusammenarbeit und eine Regionalstruktur nachzudenken, ist oft zu hören.
Welches Haus bleibt erhalten und welches nicht?
„Es gibt Gebiete, auf denen man gut zum Nutzen beider Häuser kooperieren kann“, sagt Julia Disselborg, seit März Verwaltungschefin der Wedau-Kliniken. „Aber im Moment ist es eine Konkurrenz-Situation. Die Frage ist: Welches Haus bleibt erhalten und welches nicht.“
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Sana selbst heizt den Wettbewerb weiter an mit der Ankündigung, noch in diesem Jahr die Unfallchirurgie aufzurüsten und das eigene Leistungsspektrum um Senologie und Brustchirurgie zu erweitern. Auch daran herrscht kein Mangel: Im benachbarten Bethesda-Krankenhaus, das als Teil des Evangelischen Klinikums seit Jahren ein zertifiziertes Brustzentrum betreibt, hielt sich die Begeisterung in Grenzen.
„Wir wollen mit den anderen Trägern sprechen“, beteuert Julia Disselborg zwar, doch Ergebnisse sind kurzfristig kaum zu erwarten. „Absprachen setzen ein Grundvertrauen zwischen den Geschäftsführungen voraus“, sagt Otto Eggeling. Mit Ausnahme von Klemens Kemper (Johanniter) ist keiner seiner Amtskollegen länger als 18 Monate im Amt. „Das Bäumchen-wechsle-dich in kurzen Abständen macht es nicht leichter“, sagt Eggeling.
Bäumchen-wechsle-dich bei Geschäftsführungen
In der BG Klinik führt nach dem Abschied von Ralf Wenzel mit Thomas Dziuba ein Interimsgeschäftsführer aus der Berliner Zentrale die Geschäfte bis Ende des Jahres. Dann soll die Nachfolge geregelt sein. Unfallchirurgie und Orthopädie, Radiologie, Anästhesie und Rehabilitation sind die Schwerpunkte. „In anderen Gebieten sind wir angewiesen auf Kooperationen“, sagt Dziuba.
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Mit Sana läuft die Zusammenarbeit in der Neurochirurgie seit Jahren gut. Pläne, eine neurochirurgische Klinik in Buchholz neu zu bauen, scheiterten bisher aber am Widerstand anderer Duisburger Kliniken. Das gilt auch für die von der BG seit Jahren betriebenen Aufnahme in den Krankenhaus-Bedarfsplan des Landes. Damit sollen in größerem Umfang als bisher auch Patienten behandelt werden, die nicht über die Berufsgenossenschaft versichert sind.
Unfallchirurgische Expansion als Kampfansage
„Die Bezirksregierung hat uns aufgefordert, erneut darüber mit den anderen zu verhandeln“, kündigt Dziuba eine weitere Gesprächsrunde an. Eine Aussicht auf Einigung in dieser Frage besteht kaum – und die unfallchirurgische Expansion der Sana-Kliniken darf die BG getrost auch als Kampfansage begreifen.