Traumzeit-Festival erobert in Duisburg Herzen der Musikfans
•
Lesezeit: 3 Minuten
Das Traumzeit-Festival lässt dem Publikum auch 2019 Raum für musikalische Neuentdeckungen. Im Artikel finden Sie ein Video und viele Bilder.
Auch im 22. Jahr der „Traumzeit“ gilt die eherne Regel: Ohne persönliche Neuentdeckung geht kein Festivalgast vom Platz. So auch in diesem Jahr. Wer die dreitägige Konzertreihe unterm Hochofen im Landschaftspark Nord verpasst hat, dem sei etwa Glass Museum zum Reinhören ans Herz gelegt. Festivalleiter Frank Jebavy hatte sie schon bei der Eröffnung als seinen persönlichen Favoriten angekündigt – und nicht zu viel versprochen.
E-Piano und Schlagzeug: Mehr braucht es nicht, um einen Spannungsbogen zu erzeugen. Geradezu kämpferisch sitzen sich die beiden Belgier von Glass Museum gegenüber, getrennt nur von ihren Instrumenten. Und sie spielen und pushen sich gegenseitig nach vorne. Jazzige Rhythmen, mal druckvolle, mal schwelgend-gefühlvolle Passagen verzauberten das Publikum.
„Traumzeit“: Hauschka zum dritten Mal zu Gast
Ähnliches gelang auch Hauschka: Der Pianist aus Düsseldorf ist bereits zum dritten Mal zu Gast. Ihm gelang das Kunststück, kurz vor Mitternacht auch mit sanftesten Klängen wach zu halten. Dabei half eine Bühnenkulisse als zweites Instrument: Lange Metallstangen hingen wie Vorhänge von der Decke. Sie wurden über kleine Motoren von Stöcken und Kugeln bearbeitet, eine Art Windspiel in Größe XXL.
Die Konzerte in der Gebläsehalle waren am Ende auch eine Leistungsschau der Loopmaschine. Bestes Beispiel: Laura Perrudin, die auf ihrer Harfe ein regelrechtes Klanggewitter hervorzauberte. Fasziniert konnten Zuhörer lauschen, wie sie nach und nach einen Soundteppich webte, sich selbst die zweite Stimme einsang und dann loslegte, mal rappend, mal Björk-mäßig phrasierend.
Die Harfe taugte, mit dicken Schlägeln bearbeitet, als veritables Schlagzeug. Auch rockige E-Gitarren-Riffs zauberte Perrudin damit hervor. Sie ritzte mit Stöcken über die Saiten – und am Ende wurde selbst ihr Dekolleté zum Trommelfell.
Traumzeit-Festival im Landschaftspark Nord
1/35
„Traumzeit“ bedeutet aber immer auch, dass Gäste über ein und dasselbe Konzert gänzlich verschiedener Meinung sein können. So etwa bei Stephen Malkmus & The Jicks, deren Auftritt etliche für den besten des Abends hielten. Andere waren schon von der arroganten Attitüde und beleidigenden Art gegenüber dem Publikum so genervt, dass die Musik das nicht mehr wettmachen konnte. Wobei auch diese, mit all ihren Disharmonien und Rückkopplungen Stoff für reichlich Diskussionen bot. Immerhin: Beleidigungen in Richtung Düsseldorf einte Anhänger wie Skeptiker.
Motivationsworkshop auf einem Konzert
Enno Bunger machte aus seinem Konzert einen Motivationsworkshop. „Ich schieb nichts mehr auf meine Bucketliste“, sang er und forderte gesellschaftskritisch auf, sich zu widersetzen, zu widerstehen. Ein deutliches Mittelfingerzeichen gegen Rechts rundete seine Performance ab. Dabei kam er so authentisch rüber, dass man ihm Texthänger nicht weiter übel nahm. „Das Leben ist kein Ponyhof, wer will schon Pferde stehlen“, saß dann wieder.
Auf ein freundlich gewogenes Publikum traf Roosevelt, der als Viersener nahezu ein Heimspiel hatte. Die Combo groovt prima, pendelt musikalisch irgendwo zwischen Parcels und Air – und wirkt so britisch, dass man sich regelrecht erschreckt, als auf Deutsch anmoderiert wird. Tanzbarer Sound für einen lauen Sommerabend, die Gießhalle wippt mit.
Headliner Metronomy setzten da mehr auf druckvollen Bass, der durch und durch ging. Das Publikum feierte die Briten und ihren Elektro-Pop, mancher gar mit rhythmischem Pfützenspringen.
Hier lesen Sie weitere Texte rund um das Traumzeit-Festival
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.