Duisburg. . Der afghanische Junge kam aus dem Friedensdorf in die BGU. Nach der Operation in der Klinik bekam er jetzt seine Prothese von Münch & Hahn.

Noch ein wenig unsicher geht Ezatullah durch Stangen des Parcours im Untergeschoss der BG Unfallklinik (BGU), dann fließen Tränen der Freude, als er Claudia Peppmüller vom Friedensdorf Oberhausen in die Arme fällt. Das rechte Bein des afghanischen Jungen konnte die ärztliche Kunst der Unfallchirurgen nicht retten, doch seiner neuen Prothese kann er nun in ein neues Leben starten, wenn er im August in seine Heimat zurückkehrt.

„Du musst mir versprechen, dass ich wieder Fußball spielen kann“, hat Ezatullah zu Dr. Martin Glombitza gesagt vor der Operation, bei der Unterschenkel, Kniegelenk und ein Fünftel des Oberschenkels amputiert werden mussten. Ein entzündeter Zahn, hierzulande eine Lappalie, hätte den Zehnjährigen fast das Leben gekostet.

Angst und Heimweh in den Nächten

Ezatullah Tokhi, ein afghanischer Junge aus dem Friedensdorf Oberhausen, freut sich über die Hilfe, die ihm in Deutschland zuteil wurde.
Ezatullah Tokhi, ein afghanischer Junge aus dem Friedensdorf Oberhausen, freut sich über die Hilfe, die ihm in Deutschland zuteil wurde. © Zoltan Leskovar

So schilderten es die Eltern, die ihren Sohn im Februar zum Roten Halbmond, dem Kooperationspartner des Friedensdorfes in Kabul brachten. Von dort wurde er ausgeflogen, nach der Untersuchung durch Ärzte im Friedensdorf umgehend in die BGU gebracht. „Die Entzündung hat sich wohl über das Blut ausgebreitet, der Unterschenkel hatte mehrere offene Stellen, auch das Kniegelenk war betroffen. Er kam mit einer schweren Sepsis, an der andere Patienten wohl schon verstorben wären“, erklärt Martin Glombitza. Versuche, die Schäden zu beheben, waren aussichtslos: „Es wäre kein belastbares Bein entstanden“, so der Unfallchirurg.

Getrennt von seiner Familie in einem Nachbarort der Hauptstadt Kabul, allein in einem fremden Land, umgeben von Unbekannten, wegen der Sepsis isoliert von den anderen Patienten in einem Klinikzimmer – eine enorm belastende Situation für den Jungen. „Der Anfang war schwierig“, berichtet Claudia Peppmüller. Mitarbeiter des Friedensdorfes verbrachten die langen Nachtstunden mit ihm, in denen Ezatullah immer wieder Angst und Heimweh überkamen.

Zunächst mit Gehstützen unterwegs

© Zoltan Leskovar / FUNKE Foto Services

Mit Gehstützen hat Ezatullah sich zunächst fortbewegt, als er nach drei Wochen ins Friedensdorf zurückkehrte. „Damit hat er auch bald schon wieder gekickt“, sagt Claudia Peppmüller, „die Zuversicht dieser Kinder, die nie aufgeben, fasziniert mich immer wieder.“

Optimistisch beurteilt auch Thomas Münch die Situation. Schaft und das Unterrohr der Prothese, die er passgenau fertigte, werden wohl schnell zu klein werden, das Sicherheitsgelenk – es ersetzt das Knie - lässt sich weiter verwenden. „In Kabul gibt es Orthopädietechniker, sie können die Größe anpassen, wenn der Junge wächst“, erklärt Münch. Sein Mitarbeiter Hamed Hajizada, ist für Ezatullah Übersetzer und auch Vorbild. Seit seinem 14. Lebensjahr trägt er eine Prothese – wer das nicht weiß, bemerkt es nicht.

Sein Fußball-Versprechen wird Dr. Martin Glombitza wohl halten können. Ezatullah, eigentlich Linksfuß, kickt schon mal mit einem Luftballon. Nicht mit dem Schussbein, sondern mit der Prothese: „Ich möchte ausprobieren, ob das geht.“

>>> FINANZIELLE HILFE IST GESICHERT

Eine Knie-Exartikulationsprothese mit polyzentrischem Kniegelenk – das ist der Fachbegriff für die 7000 Euro teure Prothese, die Orthopädietechnik Münch & Hahn in 40 Arbeitsstunden angefertigt hat.

„Die Kosten übernehmen wir gemeinsam mit unserer Familienstiftung, die sich für die Fortbildung von Orthopädietechnikern und die Versorgung von Kindern aus Krisengebieten engagiert“, erklärte Firmenchef Thomas Münch.