Duisburg. . Emil Noldes Gemälde „Frauen im Blumengarten“ wurde den Erben der ehemaligen Besitzer erstattet. Die Kunstsammler wurden in Auschwitz ermordet.
- Zum ersten Mal wird „Raubkunst“, die seit 1958 in Duisburg zu sehen war, aus der Sammlung genommen
- Urenkelinnen der jüdischen Kunstsammler, die in Auschwitz ermordet wurden, hatten 2004 Ansprüche angemeldet
- 2015 wurde die Restitution beschlossen, weil ein Gutachten die Voraussetzungen bestätigte
Das Lehmbruck-Museum hat zum ersten Mal „Raubkunst“ zurückgegeben: „Frauen im Blumengarten“ von Emil Nolde aus dem Jahr 1916 wurde den in den USA lebenden Urenkelinnen der ehemaligen Besitzer Eduard und Rita Müller übergeben. Damit hat sich die Hoffnung von Museumsdirektorin Dr. Söke Dinkla zerschlagen, das Bild trotz der bereits 2015 beschlossenen Restitution weiter in Duisburg zeigen zu können, etwa als Dauerleihgabe. Das Stiftungs-Kuratorium hatte sie nach dem Ergebnis des Gutachtens, das Bild sei 1942 verfolgungsbedingt verkauft worden, beauftragt, mit den Erbenvertretern eine „faire und gerechte Lösung“ zu finden.
Bereits 2004 hatten die Erben des jüdischen, in Dresden ansässigen Sammlerehepaares Müller das Lehmbruck-Museum zur Rückgabe aufgefordert. Über zehn Jahre vergingen, bis das Gutachten eines Berliner Forschungsinstituts über die Herkunft des Gemäldes vorlag. Fazit des Gutachtens war, dass das Gemälde eindeutig zur Sammlung Müller gehörte und dass es sich um einen NS-verfolgungsbedingten Verlust handelt.
Kindern gelang die Flucht
Anfang 1942 war Eduard Müller im Konzentrationslager Auschwitz ermordet worden. Kurz darauf versuchte Rita Müller die Flucht zu ihrer Tochter nach Budapest; das sollte unter anderem durch den Verkauf des Nolde-Gemäldes finanziert werden. Doch auch Rita Müller wurde von den Nazis aufgegriffen und erlitt das gleiche Schicksal wie ihr Ehemann. Ihr Sohn war 1938 von Prag aus nach Ecuador emigriert. Das Gemälde war an einen Freund verkauft worden, der sein Vermögen später in Prag verlor.
Das Lehmbruck-Museum hat die „Frauen im Blumengarten“ 1958 für 40.000 DM im Kölner Kunsthandel erworben, es hatte zuletzt einen Versicherungswert von 1 Million Euro.
Kulturdezernent hatte Rückgabe-Gespräche geführt
„Mir ist es eine Herzensangelegenheit, dass wir zu einer fairen und gerechten Lösung gefunden haben, wie es die Washingtoner Erklärung vorsieht. Das geschehene Unrecht kann damit nicht wiedergutgemacht werden, aber das in unseren Mitteln Stehende haben wir nun getan“, so Oberbürgermeister Sören Link als Vorsitzender des Stiftungskuratoriums. Und Kulturdezernent Thomas Krützberg, der seit Beginn seiner Amtszeit 2013 die Gespräche um die Rückgabe maßgeblich mitgeführt hat, zeigt sich erleichtert: „Dass dieser Weg so lang war, ist der Verantwortung geschuldet, die das Museum als Bewahrer öffentlichen Eigentums besitzt.“
Söke Dinkla „sieht das Museum in der historischen Verantwortung, die Enteignung der jüdischen Bevölkerung fundiert zu erforschen und Werke unserer Sammlung, die, wie Noldes Blumengarten, unter dem Druck nationalsozialistischer Verfolgung entzogen wurden, zu restituieren“, heißt es in einer mit den Erbenvertretern abgestimmten Erklärung.
>> Zwei weitere Gemälde stehen in Verdacht
Es gibt zwei weitere expressionistische Gemälde im Lehmbruck-Museum, die im Verdacht von „Raubkunst“ stehen. Dies sind „Buchsbaumgarten“ – ebenfalls von Nolde – sowie Erich Heckels „Frauen am Meer“, dessen Verkauf 1936 nach einem Gutachten „nicht als verfolgungsbedingt entzogener Verlust zu betrachten“ sei.