Kunst als Ware und die Großen ihrer Zunft: Die Bandbreite, mit der die Museen 2017 ihr Feld erkunden, macht schon jetzt Lust aufs Hinsehen.
Dass Kunst ein Austragungsort des nie Gedachten, nie Gesehenen, ja des Ungeahnten sein kann und sollte, gerät im laufenden Museumsbetrieb schon einmal aus dem Blick. Dabei bietet fast jedes Museum zwischen Rhein und Weser neben klingenden Namen stets auch aktuelle Kunst und Kabinett-Schauen mit vermeintlich Randständigem. Deshalb sollte man vielleicht bei jedem Besuch bei Bekannten und Berühmten eine halbe Stunde extra einplanen – für Überraschungen.
Skulptur Projekte Münster
Programm ist die Experimentierlust ohnehin alle zehn Jahre in Münster, und das auch noch unter freiem Himmel: Die „Skulptur Projekte“ machen sich doppelt so rar wie die Documenta, dafür ist ihr Angebot auch weniger erschlagend und Erfahrungskunst im wahrsten Sinne: Die 100-Tage-Ausstellung hat sich längst über die Grenzen der beschaulichen Stadt ins Münsterland ausgedehnt und reicht in diesem Jahr gar bis nach Marl – man hofft ab dem 10. Juni auf eine halbe Million Besucher (bis 1. Oktober).
Ludwiggalerie Oberhausen
Thematische Schauen wie Beat Wismers glanzvoll-tiefgründiger Blick im Düsseldorfer Kunstpalast auf das, was sich „Hinter dem Vorhang“ (noch bis zum 22. Januar) mehr oder minder verbirgt, bleiben die Ausnahme. Die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen versucht es in diesem Jahr mit „Kunst und Kaufen“, also mit einer Wanderung zwischen dem Warencharakter und dem wahren Charakter der Kunst. Warten muss man darauf immerhin nicht mehr allzu lange: Die Themenschau eröffnet am 22. Januar (bis 14. Mai). Mit einem Namen lockt das Haus dann später, auch wenn er noch nicht zu den großen, klingenden gehört. Aber ein Bild von Sam Shaw (1912- 1999) kennen alle – das ist Marilyn Monroe mit dem wehenden Rock auf dem U-Bahn-Schacht. Ob Mr. Shaw auch andere Bilder gut konnte, enthüllt sich ab dem 21. Mai (bis 17. September).
Richter in Köln und Essen
Deutschlands Kunststar Gerhard Richter, dessen Bilder weltweit nach wie vor mehr Geld als die jedes anderen lebenden Malers kosten, kann am 9. Februar seinen 85. Geburtstag feiern.
Der Tempel für moderne Kunst vor seiner Haustür, das Kölner Museum Ludwig zeigt dazu neue Bilder von Richter, frisch von der Staffelei weg. Vorab raunt man in Köln von einer „intensiven, verdichteten Vielfarbigkeit“ (9. Februar - 1. Mai). Das Essener Folkwang präsentiert mit Richter auch die Sammelleidenschaft des Kunstmagnaten Thomas Olbricht. Als er vor einigen Jahren in seinem Berliner Privatmuseum „Me Collectors Room“ Richters Editionen (also die in Auflagen wie zehn, 20, 100 oder noch mehr Exemplaren aufgelegten Grafiken, Multiples und Objekte), hieß es noch, es seien „fast sämtliche“ Auflagenwerke – nun sind es „sämtliche“, die in Essen vom 7. April bis zum 30. Juli zu besichtigen sind.
Cranach, Tintoretto, Manet
Wer ältere Klassiker der Malerei besichtigen möchte, wird in diesem Jahr ebenfalls gut versorgt. Der Düsseldorfer Kunstpalas t nimmt das Reformationsjubiläum zum Anlass, einen Maler vorzustellen, der als Luthers wichtigster Propagandist neben Melanchthon gilt: Lucas Cranach wird mit einer 250 Werke starken Schau geehrt, als Künstler und Geschäftsmann unter dem Titel „Meister – Marke – Moderne“. Aus internationalen Museen reisen dazu Werke wie die lebensgroße „Venus“ oder „Christus und die Ehebrecherin“ an (8. April - 30. Juli).
Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum feiert als eins der ersten Ausstellungshäuser den 500. Geburtstag des venezianischen Malers J acopo Tintoretto (1518/19 - 1594), der ja freilich erst im nächsten oder übernächsten Jahr ansteht. Unter dem nicht ganz marktgeschreifreien Titel „A star was born“ zeigt man im Herbst das Frühwerk des Genies (6. Oktober - 28. Januar).
Das Wuppertaler Museum von der Heydt setzt seine ansehnliche Impressionisten-Reihe mit einer Lebenswerkschau zu Édouard Manet (1832 - 1882) fort, der sich auf seinem Lebensweg ja stets weiter entwickelt hat – bis hin zu den strahlenden Gartenbildern aus Rueil (24. Oktober - 25. Februar).
Die Kunstsammlung NRW widmet sich einem Klassiker der Moderne, dem selbsternannten Erfinder der „Neuen Sachlichkeit“ Otto Dix (1891 - 1969), der von 1922 bis 1925 in Düsseldorf, bei Mutter Ey und im „Jungen Rheinland“ zu Hause war. Das neue an der Sachlichkeit des satirischen, schonungslos zur Kenntlichkeit entstellenden Gesellschaftskritikers Otto Dix war allerdings, dass sie vollkommen unsachlich war, dafür aber durchdringend. Was der Schau am Düsseldorfer Grabbeplatz (11. Februar - 14. Mai) auch den Titel „Der böse Blick“ eingebracht hat.
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Das Lehmbruck und die Küppersmühle in Duisburg zeigen den Jux-Künstler Erwin Wurm (ab 3.7.), das Kunstmuseum Alte Post in Mülheim widmet dem beliebten Emil Nolde eine Ausstellung (7.5-7.1.)
Das Picasso-Museum in Münster blickt auf die vielen Fotos, die den „Mythos Picasso“ erzeugten (25.2.-21.5.).