Duisburg. „Distanzierte Wirklichkeiten“ heißt eine neue Fotoausstellung in Duisburg. Zu sehen sind Werke von Monzel, Zanier und de Schamphelaere.

In den entscheidenden Zehntelsekunden der Belichtungsphase setzt Friedrich Monzel konsequent auf Bewegung. Dann wackelt der in Köln lebende Fotograf so heftig mit seiner Digitalkamera hin und her, dass die fertigen Bilder ihren Betrachter mit einer verschwommen-verzerrten Welt zurücklassen. Und dennoch verlieren diese verfremdeten Objekte nicht gänzlich ihre Identität, sondern bleiben für das kundige Auge erkennbar – wie etwa die Fotos vom Empire State Building in Manhattan eindrucksvoll unter Beweis stellen.

Harmonie im Nebeneinander

Monzels Arbeiten sind nur ein Teil der neuen Ausstellung „Distanzierte Wirklichkeiten“, die am Samstag um 18 Uhr in der Cubus-Kunsthalle eröffnet wird. Auch die Werke des Belgiers Wim de Schamphelaere und des Schweizers Luca Zanier werden die Besucher in ihren Bann ziehen. Das Spannende: So unterschiedlich die jeweiligen Arbeiten des Trios auf den ersten Blick erscheinen mögen, so perfekt harmonieren sie im Neben- und Miteinander.

„Wir wollten hier drei völlig unterschiedliche Positionen und Perspektiven herausarbeiten“, sagte Jörg Loskill beim gestrigen Presserundgang und geriet ins Schwärmen: „Eine solche Fotoausstellung hat Duisburg noch nicht gesehen.“ Nach dem Rundgang durch die Räume lässt sich diese Begeisterung sofort teilen. Denn diese „Distanzierten Wirklichkeiten“ zaubern tatsächlich eine Nähe herbei, die fesselt. Und fasziniert.

Jörg Loskill ist Kurator der Fotoausstellung in der Duisburger Cubus-Kunsthalle.
Jörg Loskill ist Kurator der Fotoausstellung in der Duisburger Cubus-Kunsthalle. © Winfried Labus

Da wären die bis zu drei Meter breiten Bilder des bei Antwerpen lebenden Wim de Schamphelaere (53): Er betrachtet sich nicht als Fotograf, eher als Künstler. Kein Wunder, wenn man den immensen Aufwand betrachtet, den er pro Bild betreibt. Sein bevorzugtes Ziel war zuletzt Afrika. Ob im Senegal, in Ghana oder auf Madagaskar: Überall wollte er Dorfgemeinschaften abbilden. Doch vor dem Shooting kommt beim Belgier stets die Interaktion mit den Menschen. „Ich werde nie Fotos von Leuten machen, die ich nicht mag“, sagt er.

Ein Bild entsteht aus 300 Fotos

Aus bis zu 300 einzelnen Fotos entsteht später am heimischen PC ein einziges Bild, das aber so realistisch und perfekt komponiert daherkommt, als handele es sich um die eine, geniale Aufnahme. „Acht Monate im Jahr reise ich, die anderen vier sitze ich am Rechner, um diese Bilder zu erschaffen“, erzählt de Schamphelaere. Kein Wunder, dass er nur zwei bis drei Arbeiten im Jahr fertiggestellt bekommt.

So manche Geduldsprobe musste auch Luca Zanier (50) überstehen. Der Züricher Fotograf mit italienischen Wurzeln will Räume zeigen, in denen „systemrelevante Entscheidungen“ gefällt werden. „Die Menschen, die diese Entscheidungen treffen, kommen und gehen. Die Räume aber bleiben“, sagt Zanier. Zu seiner präsentierten Auswahl an Architektur-Fotografie gehört der Tagungsraum des UNO-Sicherheitsrats oder der Tagungsraum des Exekutiv-Komtiees des Weltfußballverbandes Fifa. „Auf die Erlaubnis, dort zu arbeiten, musste ich fünf Jahre warten“, so der Schweizer. Noch länger dauerte es im Vatikanstaat, der ihn nach Jahren des Anfragens – und trotz dann erteilter Genehmigung – letztlich den Eintritt verwehrte.

Friedrich Monzel malt mit der Kamera

Willkommen war Fotograf Friedrich Monzel hingegen im Kölner Dom, als er im Jahr 2007 das kurz zuvor dort installierte Fenster des Künstlers Gerhard Richter fotografierte. Auch hier experimentierte er mit seinem bevorzugten Stilmittel der Bewegungs-Unschärfe. „Alle Effekte erziele ich allein mit der Kamera. Auf eine digitale Bearbeitung danach verzichte ich bewusst“, sagt Monzel und fügt mit einem Lächeln hinzu: „Ich sage immer: Ich male mit der Kamera.“ Einen Abzug des Richter-Fenster-Bildes schickte Monzel dem weltberühmten Künstler. Und der antwortete ihm in einem persönlichen Brief – und zeigte sich beeindruckt.

>> Ausstellungseröffnung am Samstag um 18 Uhr

Die Ausstellung ist vom 4. Februar bis 30. April in der Cubus-Kunsthalle (Friedrich-Wilhelm-Straße 64, Innenstadt) zu erleben. Die Räumlichkeiten sind mittwochs bis sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet sowie nach vorheriger Vereinbarung unter: 0203/26 236. Zur Eröffnung am Samstag um 18 Uhr sind alle willkommen.