Duisburg. . Prof. Dr. Wilhelm Sandmann hat 2012 erst den OB angerufen, dann die Brüder Holk und Dierk Freytag für die Duisburger Rathausgespräche ins Boot geholt.
Die Rathausgespräche gehen in die vierte Runde. Bürger bekommen auch 2016 vier Mal die Gelegenheit, mit hochkarätigen Experten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und anderen Bereichen zu verschiedenen Themen zu diskutieren.
Ermöglicht wird dies seit Anfang an durch eine Privatinitiative von drei Männern, die sich nicht ins Rampenlicht drängen. Wir stellen die Macher hinter diesem Veranstaltungsformat vor.
Der Chirurg
Prof. Dr. Wilhelm Sandmann (73) ist derjenige gewesen, der 2012 spontan Oberbürgermeister Sören Link anrief, um ihm von seiner Idee der Rathausgespräche zu erzählen. Sandmann, in Lemgo geboren, in Wattenscheid aufgewachsen, trat nach dem Medizinstudium in Münster und Kiel als Chirurg in die Fußstapfen seines Vaters. Er kam 1971 an die Uni in Düsseldorf, leitete dort 25 Jahre lang die Klinik für Gefäßchirurgie und Nierentransplantation und entwickelte sich zu einem absoluten Spezialisten auf diesem Gebiet. Als solcher wurde er 2009 neuer Chefarzt am St.-Bernhard-Hospital in Kamp-Lintfort, ehe er 2012 zum Krankenhaus Duisburg-Nord nach Fahrn wechselte.
„Als ich mit meiner Frau das erste Mal über die Königstraße in der Duisburger City spazieren ging, fiel mir auf, dass die Leute hier irgendwie alle mit einem traurigen Gesicht herumlaufen“, erzählt der 73-jährige Baerler. „Das ist ja auch durchaus verständlich. Viele haben Angst um ihre Jobs, Duisburg ist insgesamt gebeutelt – auch durch die Loveparade-Katastrophe. Da wollte ich mit den Rathaus-Gesprächen etwas für Duisburg tun.“ Und der OB sei damals sofort begeistert gewesen.
Es ist aber von Anfang klar, dass Sandmann, ein langjähriger außerordentlich guter Cello-Spieler, so eine Veranstaltungsreihe nicht alleine stemmen würde.
Der Dramaturg
Mit Holk Freytag (72), dem Dramaturgen, Regisseur, Gründer des Schlosstheaters Moers und Intendanten an vielen Häusern, hatte Sandmann immer mal wieder über diese Idee gesprochen. Der Chirurg hatte ihn vor mehr als zehn Jahren zunächst als seinen Patienten kennengelernt.
Der Kontakt ist danach nie abgerissen. 2014 erfüllte Holk Freytag dem Mediziner sogar einen großen Wunsch und ließ ihn in der eigens erfundenen Rolle des Grafen Kent in einer Maria-Stuart-Inszenierung in Bad Hersfeld auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Im Vorjahr durfte Sandmann einen Bediensteten und den Gerichtsbüttel im Stück „Der zerbrochne Krug“ spielen. Freytag lebt in Schiefbahn, ist aktuell mit einem Puppentheater-Projekt in Gera beschäftigt und hat einen Bruder, der für die Rathausgespräche in Duisburg ebenfalls mit ins Boot geholt wurde.
Der Rektor im Ruhestand
Dierk Freytag (75) ist mit Holk in Neukirchen-Vluyn aufgewachsen. „Die ganze Familie war der Kunst gegenüber immer schon sehr aufgeschlossen“, erzählt er. Die Mutter spielte Klavier, der Vater, ein Marineoffizier, hat oft und gerne gesungen – auch auf den Segelschiffen. „Und Holk hat bereits früh auf dem Söller fürs Theater geprobt.“ Dort zog es den jüngeren Bruder nach dem Abitur am Adolfinum in Moers auch hin, während Dierk Freytag Geschichte, Deutsch und Politik studierte und später seine Doktorwürde in Heidelberg erlangte.
1969 fing der Neudorfer als Lehrer am Clauberg-Gymnasium an, ehe er die Schule von 1986 bis 2004 leitete. Umso mehr freut er sich, dass sich seit dem Vorjahr auch Duisburgs Gymnasien an den Rathausgesprächen beteiligen.
Rathausgespräche 2016 – von Flüchtlingen bis zum Quotenwahn
Auch diesmal haben sich Wilhelm Sandmann, Dierk und Holk Freytag wieder zusammengesetzt, um ausführlich über mögliche Themen für die Rathausgespräche 2016 in Kooperation mit der Volkshochschule zu reden. Los geht’s im Historischen Ratssaal am Sonntag, 13. März, von 11 bis 13 Uhr mit der aktuell drängenden Fragestellung: „Zur Situation der Flüchtlinge – Haben wir genug Platz für alle?“
Namhafte Gäste
Sandmann gibt bereits jetzt eine eindeutige Antwort: „Noch ist Deutschland reich genug, um alle, die vor Krieg aus ihren Ländern geflohen sind, zu versorgen.“ Namhafte Gäste werden dazu diskutieren – unter anderem auch Innenminister Ralf Jäger. Mit Lisa Brück, Lua Haverbeck und Karim Al Sakati sind auch Schüler des Duisburger Reinhard- und Max-Mannesmann-Gymnasium dabei.
„Hört auf zu quatschen. Wagt die Weisheit! Wie wir auf dem Weg von Platon zur Talkshow den Sinn verspielten“ lautet der lange Titel des zweiten Rathausgesprächs am 5. Juni, ab 11 Uhr. „Es geht um die Pflege der Gesprächskultur, den Umgang miteinander und das Zuhören, das weitgehend abhanden gekommen ist“, erklärt Dierk Freytag. Wer am 5. Juni diskutieren wird, ist noch nicht klar.
Die medizinische Versorgung steht im Mittelpunkt des dritten Rathausgesprächs am 25. September ab 11 Uhr. „Die Entwicklung des Gesundheitswesen ist beängstigend“, sagt Wilhelm Sandmann, Arzt seit mehreren Jahrzehnten. „Die Krankenhäuser werden von Konsortien oder Aktiengesellschaften übernommen, die nur das Ziel haben, möglichst viel Geld herauszupressen.“ Auf dem Podium sitzen unter anderem Prof. Dr. med Dietrich Grönemeyer und Dr. med. Lutz Helmig, Gründer der Helios-Kliniken.
Das vierte Rathausgespräch schließlich am 4. Dezember ab 11 Uhr thematisiert den Quotenwahn im Fernsehen, der laut Dierk Freytag aber auch im Theater und bei Konzertveranstaltungen spürbar sei. Wer über die Frage diskutiert, wie wieder für mehr Substanz gesorgt werden kann, steht noch nicht fest.
Die Journalistin Randi Crott moderiert wieder die Rathausgespräche. Anmeldungen sind bei Annette Thierfelder (VHS) möglich, a.thierfelder@stadt-duisburg.de.