Duisburg. Duisburg sitzt auf 1,75 Milliarden Euro an Kassenkrediten, die der Stadt “wie ein Mühlstein um den Hals hängen“, sagt die Duisburger Bundestagsabgeordnete Bärbel Bas (SPD). Sie fordert einen Altschuldenfonds.

Der Schuldenberg ist gewaltig: Insgesamt 4,34 Milliarden Euro betragen die Verbindlichkeiten der Stadt und ihrer Tochtergesellschaften. Alleine auf 1,76 Milliarden Euro belaufen sich die Kassenkredite im sogenannten Kernhaushalt: Vereinfacht ließe sich auch davon sprechen, dass die Stadt ihren „Dispo“ in dieser Höhe überzogen hat.

Zwar hat der Kämmerer erstmals nach einem viertel Jahrhundert für 2016 einen ausgeglichen Haushalt vorgelegt. Dass die Stadt damit nicht länger mehr ausgibt als sie einnimmt, also keine neuen Schulden macht, ändert aber nichts daran, dass sie auf den alten Schulden weiter sitzen bleibt.

Wie kommt Duisburg von dem Schuldenberg runter?

Die Gretchenfrage: Wie kommt Duisburg von diesem Schuldenberg jemals herunter? Die Lösung hatte zuletzt Bärbel Bas in ihrer Plenarrede zum Thema gemacht: „Wir brauchen einen Altschuldenfonds“, erklärte die Duisburger SPD-Abgeordnete im Bundestag. Für Duisburg seien die 1,75 Milliarden Euro Altschulden „ein Mühlstein um den Hals“, so Bas. Wer auf der Besuchertribüne aufmerksam zuhörte, war Duisburgs Kämmerer Peter Langner, der mit dem Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ nach Berlin gereist war.

Bärbel Bas,  SPD-Bundestagsabgeodnete aus Duisburg:
Bärbel Bas, SPD-Bundestagsabgeodnete aus Duisburg: "Mal sieht es nach einem Durchbruch aus, dann rechnen wieder alle nach und dann ist wieder alles offen." © Jörg Schimmel / Funke Foto Services

Doch wie soll eine solche staatliche „Bad Bank“ für kommunale Altkredite denn überhaupt funktionieren? „Die Chance ist günstig, über eine Neuverteilung zu reden“, sagt Bas im Gespräch mit der Redaktion. Denn 2019 muss der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern neu geregelt sein, in diesem Zusammenhang steht auch der Solidaritätszuschlag. Im Gespräch war schon seine Abschaffung, jetzt soll er als „Tilgungs-Soli“ dienen. „Es wäre die Gelegenheit, die Einnahmen nach Bedürftigkeit und nicht mehr nach Himmelsrichtung zu verteilen“, sagt Bas.

Altschuldenfonds könnte der neue Soli werden

Der Vorschlag ist nicht neu, ähnliches ist auch vage im Koalitionsvertrag formuliert, die Diskussion darüber hatte sogar schon in der Legislaturperiode zuvor begonnen. Eigentlich geht es dabei um die Länder. „Aber die Kommunen darf man dabei nicht vergessen, ihre Schulden machen schließlich ein Viertel der Gesamtschulden aus.“

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Die Grundidee des Altschuldenfonds: Der Bund übernimmt die Zinslast für die Schulden der Länder und Kommunen, die dann wiederum selbst für die Tilgung sorgen. Doch bisher ist die Bund-Länder-Kommission, die bis Ende diesen Jahres konkrete Ergebnisse liefern sollte, nicht richtig vorangekommen.

„Mal sieht es nach einem Durchbruch aus, dann rechnen wieder alle nach und dann ist wieder alles offen“, sagt Bas, die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion. Das Problem: Es gäbe bei dieser Verwendung klare Gewinner und Verlierer, den Osten plagen zum Beispiel keine Altschulden, auch anderen Bundesländern geht es besser als NRW und dem strukturschwachen Revier.

„Wie in einem Hamsterrad“

„Die Gemengelage ist schwierig“, sagt Bas. Und letztlich gilt das „Einheitsprinzip“, sprich: alle 16 Bundesländer müssen zustimmen. Dennoch: „Der Druck zur Einigung ist hoch, bis 2016 muss die Frage geklärt sein“, sagt Bas. „Es wird zu einer Lösung kommen. Aber ich weiß nicht, wie sie aussieht.“

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Letztlich wird in Berlin auch nicht nur über die Zukunft des Soli, sondern auch generell über die Steuerverteilung diskutiert. „Duisburg hat ja nicht in erster Linie ein Ausgabe-, sondern ein Einnahmeproblem“, sagt Bas.

Zum einen gehe es darum, dass die Soziallasten, die vor allem in strukturschwachen Regionen die Stadt-Haushalte belasten, künftig auch eins zu eins vom Bund übernommen werden. Zum anderen bereite die schwankende Gewerbesteuer als Hauptsteuerquelle der Kommunen immer wieder Probleme: Eine schwächelnde Konjunktur reißt sofort Löcher in den Haushalt. Und während strukturschwache Städte immer weiter an der Steuerschraube drehen müssen, werben andere Städte mit niedrigen Sätzen die Unternehmen ab. Kommunen wie Duisburg befördere das in ein „Hamsterrad“, sagt Bas. Daher gibt es Vorschläge, die Kommunen stattdessen stärker an den stabilen Einnahmen aus der Einkommenssteuer zu beteiligen.

Derzeit erhalten die Städte einen Anteil von 15 Prozent. In Duisburg sind die Einnahmen aus diesem Steueranteil in den vergangenen Jahren stetig um rund fünf Millionen Euro angestiegen, in 2014 lagen sie bei 155,5 Mio Euro — das waren nur zwei Millionen Euro weniger als die Einnahmen aus der Gewerbesteuer als Hauptsteuerquelle.

Kassenkredite der Stadt Duisburg belaufen sich auf 1.767.100.470 Euro

Die Kassenkredite der Stadt Duisburg bewegen sich auf einem historischen Höchststand: laut Kämmerei liegen sie im Mittelwert dieses Jahres bei 1,767 Milliarden Euro. Die Einnahmen des Bundes aus dem Solidaritätszuschlag belaufen sich in diesem Jahr auf rund 15 Milliarden Euro.

Der „Soli“ (5,5 % auf Einkommen-, Lohn-, Kapitalertrag-, Abgeltungs- und Körperschaftsteuer) ist wie alle Steuern nicht zweckgebunden. Der Zusammenhang wird aber in der Regel mit dem „Solidarpakt“ hergestellt, in dem Bund und Länder die Kostenverteilung für den Aufbau Ost vereinbart haben. Dieser Pakt ist bis 2019 befristet, danach muss der Finanzausgleich neu geregelt werden.

Bei einem Altschuldenfonds auch die Kommunen einzubeziehen, geht auf einen Vorschlag des Hamburger Bürgermeisters Olaf Scholz zurück. Die Friedrich-Ebert-Stiftung hatte dazu ein Modell-Papier veröffentlicht. Demnach übernimmt der Fonds, finanziert mit dem „Tilgungs-Soli“, die Zinsen für Länder und Kommunen, die mit der Entlastung wiederum ihre Altschulden tilgen.