Duisburg. Der BUND kritisiert den massiven Flächenverbrauch an Wald und Landschaftsschutzgebieten des Konzepts “Duisburg 2027“, das der Rat freigeben will.
Kann man mit der Zerstörung von 103 Hektar Landschaftsschutzgebieten und dem geplanten Abholzen von 21 Hektar kostbarer Waldfläche eine zersiedelte Industriestadt namens Duisburg lebenswerter und zukunftsfähiger machen? Die Verwaltung und die Mehrheit der Lokalpolitiker im Rathaus sind davon offenbar felsenfest überzeugt. Denn noch in dieser Woche wollen sie die politischen Weichen auf Grün stellen für ein lange diskutiertes Zukunftskonzept namens „Duisburg2027“. Denn, so sagen sie, eine Stadt braucht klare Flächenperspektiven, um sich für modernes Wohnen und gutes Wirtschaften weiter entwickeln zu können.
Naturschützer vom Duisburger Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) stellen sich nicht grundsätzlich gegen die Entwicklung von Gewerbe- und Wohnbauflächen. „Doch, was da jetzt in dieser Woche im Ausschuss für Stadtentwicklung und am 21. September abschließend im Rat verabschiedet werden soll“, kritisiert Johannes Messer, „macht Duisburg erheblich grauer statt grüner. Macht die Menschen ärmer statt reicher. Die Menschen wissen es heute nur noch nicht, aber sie werden deutlich an Wohnraumqualität in dieser Stadt verlieren.“
Berater-Gremium listete 50 Kritikpunkte am Konzept "Duisburg 2027" auf
Dr. Johannes Meßer ist der Vorsitzender eines 16-köpfigen Beirates der Unteren Landschaftsbehörde der Stadt, ein Gremium aus fachkompetenten Naturschützern und Landschaftsnutzern. Dieses hatte die Autoren des vielfach bejubelten Zukunftskonzepts schon vor Jahren aufgefordert, bei der Suche nach neuen Flächen für Wohnen und Gewerbe die Finger zu lassen von Wald und Landschaftsflächen, von Freiraumflächen im Außenbereich und Biotopverbundflächen, die keineswegs vermindert, sondern eher noch vergrößert werden müssten in dieser Stadt.
50 Kritikpunkte hatte das Gremium damals aufgelistet, praktisch keiner wurde berücksichtigt. Messer graust es, wenn er auf das Konzept „Duisburg2027“ schaut, das in den kommenden Jahren zum neuen Flächennutzungsplan für die Stadt umgewandelt werden wird. „Wieso“, fragt er, „sind Landschaftsschutzgebiete und Waldflächen eigentlich für Stadtplaner ohne weiteres Manövriermasse?“ Er verweist auf krasse Planungen: Zum Beispiel in Baerl: Sieben Hektar Wald und Landschaftsschutzgebiet im Baerler Busch sollen für Wohnbau weichen. Fünf Hektar landwirtschaftliche Fläche.
Beispiel Mündelheim: „Wer heute am Dorfrand wohnt, wird künftig mitten im Dorf wohnen
Oder in Neumühl, kein sehr grüner Stadtteil: Dort sollen acht Hektar Wald und 10 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche für Gewerbe weichen. Oder in Obermeiderich: Unter dem Stichwort „Wohnen am Wasser“ sollen drei Hektar Wald und Landschaftsschutzgebiet fallen. Oder Beispiel Mündelheim/Serm: 15,7 Hektar Fläche wird für Wohnbau verbraucht. Messer: „Wer heute am Dorfrand wohnt, wird künftig mitten im Dorf wohnen, denn drumherum wird zugebaut!“
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Alles akkurat versehen in einer Verwaltungsvorlage – mit Prozenten und Punkten einer „Umweltkonflitkintensivität“. Für Serm lautet die Konfliktintensivität 54% zu 41% Messer: „Eine Zahlen-Scheinobjektivität, die achselzuckend Umweltzerstörungen durchwinkt.“
Naturschützer fordern ehrliche Flächenbilanz
Die Forderung der Naturschützer an die Lokalpolitiker, die zum Teil in den Bezirksvertretungen gewissen Flächenfraß zurückgeholt hätten: Landschaftsschutzgebiete dürfen nicht angetastet werden. Und: Eine ehrliche Flächenbilanz aufstellen. Nicht in der Bilanz-Rechnung so zu tun, als würde man erst heute den Landschaftspark Nord und den Rheinpark als nagelneue Grünflächen dieser Rechnung hinzufügen. Messer: „Diese Flächen sind längst Parks und wurden schon als Kompensation für weitere Naturverbräuche eingesetzt.“
Was die Stadtentwickler mit dem Konzept "Duisburg 2027" konkret planen: