Duisburg. Sozialarbeiterin Iris Sperg kann die Sperrbezirk-Forderungen verstehen, regt aber an, der Straßenprostitution ein Gelände zur Verfügung zu stellen.
Seit über zwei Jahren ärgern sich die Anwohner über den Straßenstrich, der sich am Ehinger Wäldchen eingerichtet hat. Bislang ungestört gehen die Prostituierten dort ihrem Geschäft nach, sehen sich die Bewohner der angrenzenden Häuser mit den Hinterlassenschaften des Sexgeschäftes konfrontiert, sorgen sich Eltern um ihre Kinder, weil die Prostituierten ihre Dienste auch tagsüber auf offener Straße nicht nur anbieten, sondern teilweise auch ausführen.
Das wird sich in absehbarer Zeit wohl ändern, weil die Stadt auf Druck der Bevölkerung bei der Bezirksregierung in Düsseldorf nun die Einrichtung eines Sperrbezirks beantragen will, der die Ausübung der Straßenprostitution verbietet. Umfassen soll der Sperrbezirk Mündelheim, Hüttenheim und Ungelsheim.
Die meisten Prostituierten kommen aus Krefeld
Ob damit das Problem gelöst ist oder sich nur in einen anderen Stadtteil verlagern wird, vermag auch Iris Sperg derzeit nicht zu sagen. Die Sozialarbeiterin beim Gesundheitsamt der Stadt Duisburg ist für die Prostituierten zuständig. Sie kennt auch einige der Frauen, die ihre Dienste am Ehinger Wäldchen anbieten. „Ich habe die Frauen verschiedentlich aufgesucht. Angetroffen habe ich nicht mehr als drei, aber die Anwohner berichten von bis zu acht Frauen, die dort den Straßenstrich bedienen“, sagt Sperg.
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Die Frauen, die sie getroffen hat, sind Rumäninnen und Bulgarinnen. „Doch nur eine von ihnen kam aus Duisburg. Die anderen aus Krefeld. Ich denke, sie sind wegen der dortigen Sperrbezirk-Regelung, die ihre Arbeit erst nach 22 Uhr erlaubt, nach Duisburg ausgewichen.“ Im besten Falle für die Stadt, würden die Frauen auch wieder nach Krefeld zurückkehren. „Aber das ist überhaupt nicht abzusehen“, meint Iris Sperg, die durchaus Verständnis hat, für die Forderung nach einem Sperrbezirk im Süden. „Ich kann das nachvollziehen, wenn die Anwohner dort sich belästigt fühlen. Und als Mutter würde ich das auch nicht gerne sehen, wenn meine Kinder damit konfrontiert werden, oder sogar selbst im halbwüchsigen Alter von Männern auf eindeutige Weise angesprochen werden.“
Straßenstrich hat schlechten Ruf
Doch Prostitution ist in Deutschland nun mal nicht verboten, nur deren Ausübung in aller Öffentlichkeit, wozu Sex im Auto nicht gehört. „Es gibt Prostituierte, die ganz bewusst den Straßenstrich einer Arbeit im Bordell oder in einem Club vorziehen“, hat Iris Sperg in ihrer langjährigen Arbeit erfahren. In Clubs, Bordellen oder FKK-Clubs müssten die Frauen entweder Eintritt oder Miete bezahlen. Sperg: „Auf dem Straßenstrich haben die Frauen das Geld, das sie verdient haben, erstmal ganz für sich.“ Zudem gebe es weitere Kriterien, wie ihr eine Klientin mal erzählt hat. „Wenn ein Kunde dies und das und jenes Spezielle verlange, sage sie meist: Schatz, machen wir alles. Und wenn sie dann im Auto sitze, sage sie: Für das, was du willst, ist dein Auto aber viel zu klein. Die meisten würden sich darauf einlassen und auf Spezialwünsche verzichten“, berichtet Sperg von dem Gespräch.
Auch sei der Kundenkontakt auf der Straße ein sehr kurzer. Sperg: „In einem Club haben die Frauen die Kunden länger an der Backe. Das wollen viele nicht.“ Der Straßenstrich habe keinen guten Ruf, aber es sei keinesfalls das unterste Segment der Prostitution, als das er gemeinhin angesehen wird, betont Iris Sperg. „Da arbeiten viele hübsche Frauen, die durchaus ihre Dienste auch woanders anbieten könnten.“
Fakt ist: Der Straßenstrich existiert in Duisburg, auch wenn manche das nicht wahrhaben und andere ihn weghaben wollen. Auf dem Zoo-Parkplatz an der Mülheimer Straße wird er geduldet. Doch auch dort kommt es hin und wieder zu Beschwerden, weiß Iris Sperg. „Deshalb stünde es der Stadt gut zu Gesicht, wenn sie dafür einen offiziellen Platz einrichten würde.“
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Köln und Essen als Vorreiter
Köln und Essen haben das getan. In Köln sei das ein eingezäuntes Gelände mit einer Halle, die mehrere sogenannte Verrichtungsboxen beherbergt. „Die sehen aus wie Parktaschen, die links und rechts durch Wände begrenzt sind. Auf der Fahrerseite aber so eng, dass sich die Tür nicht öffnen lässt. Auf der Beifahrerseite indes schon. Zudem gibt es einen Fluchtweg, damit sich eine Prostituierte bei kritischem Kontakt schnell in Sicherheit bringen kann“, beschreibt Iris Sperg. Auf dem Gelände stehe auch ein Container. Dort fänden die Frauen Sozialarbeiter als Ansprechpartner, die sie beraten können. „Es wäre wirklich schön, wenn Duisburg sowas auch hätte“, wünscht sich Iris Sperg, aber so ein Gelände und die Boxen gebe es eben nicht zum Nulltarif, und die Stadt habe nun mal kein Geld.
Aber sie hat beachtliche Steuereinnahmen, durch die Sexsteuer.