Duisburg/Düsseldorf. Verwaltungsgericht hat Klagen von vier Gastronomen aus Duisburg zur Gastro-Ampel stattgegeben. Weitergabe von Kontrollergebnissen ist rechtswidrig.
Dieser Freitag, der 13., bringt NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) wahrlich kein Glück. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat an diesem Mittag im Sinne der vier Duisburger Gastronomen entschieden, die gegen die umstrittene Gastro-Ampel geklagt hatten. (Az.: 26 K 4876/13) Danach hätte die Stadt Duisburg die Ergebnisse ihrer Lebensmittelkontrolleure nicht an die Verbraucherzentrale weitergeben dürfen.
Die „Gastro-Ampel“, die die Ergebnisse von Hygienekontrollen anzeigte, gilt als Vorzeigeprojekt von NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) und wird in Duisburg und Bielefeld erprobt. Rot-Grün strebt eine landesweite Ausdehnung an. Die Stadt Duisburg kündigte an, gegen das Urteil Berufung einzulegen.
Mit einer App oder auf der Internetseite der NRW-Verbraucherzentrale können Bürger anhand einer Ampel bisher sehen, wie städtische Lebensmittelkontrolleure ein Restaurant bewerten. Nicht konkrete Gründe, nur das Gesamtergebnis wird mit roter, gelber oder grüner Markierung wiedergegeben. Bisher gibt es das Pilotprojekt nur in Duisburg und Bielefeld, weitere Städte sollten folgen.
Warnfunktion ohne Begründung?
Die Richter haben moniert, dass der Verbraucher gar nicht weiß, was genau etwa hinter einem roten Ampelzeichen stehe. „Das Verbraucherinformationsgesetz geht davon aus, dass Verbraucher Daten über ein Restaurant verlangen können, doch hier erhalten sie lediglich Ergebnisse in Form einer Note“, begründete der Vorsitzende Richter Norbert Chumchal die Entscheidung. „Die gewollte Warnfunktion dieser Note kann keinen konkreten Tatsachen zugeordnet werden.“
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Rechtsanwalt Alexander Schink sprach auch für die Stadt Duisburg. „Dies ist ein schwarzer Tag für den Verbraucherschutz“, sagte der Jurist. „Wir sind hier dafür eingetreten, die Verbraucher zu informieren, dafür halten wir das Barometer für geeignet." Restaurantbesucher hätten sonst keine Möglichkeit zu erfahren, wie es in einem gastronomischen Betrieb aussieht. Die Stadt Duisburg will nun Berufung einlegen.
Gastronomen kritisieren "Pseudo-Transparenz"
Michael Willig, einer der betroffenen Gastronomen, nannte die richterliche Entscheidung eine sinnvolle. „Die Gastro-Ampel erzeugt eine Pseudo-Transparenz, bei der Gäste nicht erkennen können, wie es zur Bewertung eines Betriebs gekommen ist.“ Aus seiner Sicht müsse die Gastro-Ampel nachgebessert werden. „Wir haben nichts gegen Transparenz.“
Das Urteil ist ein Rückschlag für NRW-Verbraucherminister Johannes Remmel. Seit Jahren kämpft der Grüne gegen Schmuddelbetriebe und will ein Kontroll-Barometer etablieren. Kunden sollen sich vor dem Restaurantbesuch übers Mobiltelefon oder im Internet über Sauberkeit in der Küche oder bauliche Mängel informieren können. Bisher erhielten Kunden nur Auskunft, wenn sie das schriftlich bei den Behörden beantragten. Das ist kompliziert und dauert. Die Gastro-Ampel sollte dies vereinfachen und wurde 2013 als Pilotprojekt in Duisburg und Bielefeld gestartet.
Duisburg will Berufung einlegen
Das Verwaltungsgericht kritisierte, dass die Gastro-Ampel keinerlei Informationen biete, wie die Bewertung eines Betriebs zustande gekommen ist. Laut Gesetz dürften nur konkrete Verstöße weitergegeben werden, eine Generalisierung sei nicht zulässig. „Die gewollte Warnfunktion kann keinen konkreten Tatsachen zugeordnet werden“, urteilte der Vorsitzende Richter Norbert Chumchal. Die Stadt Duisburg will Berufung einlegen.
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Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga forderte die sofortige Abschaltung der Gastro-Ampel. Die FDP-Fraktion riet Remmel, schwarze Schafe der Branche aus dem Verkehr zu ziehen, anstatt Transparenz vorzugaukeln. Der Verbraucherminister verteidigte dagegen sein System. Es sei ein gutes Mittel, um Verbraucher zu informieren. Beenden wolle er die Gastro-Ampel nicht. Sobald die schriftliche Urteilsbegründung vorliege, wolle er prüfen, ob Veränderungen nötig sind. Nachbesserungen erwartet auch Kläger Michael Willig. Wenn die Kunden erführen, wie die Kontrolleure zu ihren Bewertungen gelangten, sei nichts gegen die Gastro-Ampel einzuwenden.
Grundlage der Gastro-Ampel sind Untersuchungen städtischer Lebensmittelkontrolleure. Sie prüfen etwa die Hygiene, den baulichen Zustand und die Schulung der Mitarbeiter in einem Restaurant oder einem Imbiss. Die Ergebnisse tragen die Kontrolleure in einem internen Punktesystem zusammen. Je höher die Gesamtpunktzahl, umso schlechter hat ein Betrieb abgeschlossen. Die Summe bestimmt vor allem darüber, wie häufig die Kontrolleure künftig die Betriebe wieder prüfen werden.
Toter Fuchs und falsche Seezunge - was Kontrolleure alles finden
Was Kontrolleure in Restaurants und Kneipen entdecken, kann dem Betrachter im wahrsten Sinne auf den Magen schlagen - ein kleiner Überblick von Fällen aus der Vergangenheit:
Mäuse und Kakerlaken: "Der schlagzeilenträchtige Klassiker ist Mäuse- oder Schabenbefall", sagt eine Vertreterin der Stadt Duisburg.
Dreck: Weitaus häufiger seien völlig verdreckte Küchen, die "ewig lange nicht gereinigt wurden". Sie sind ein Hort für Keime.
Toter Fuchs: Ein Fund mit Seltenheitswert: In einem Asia-Imbiss in Magdeburg entdeckten Kontrolleure 2011 einen toten Fuchs.
Falsche Seezunge: Zwar nicht gesundheitsgefährdend, aber dennoch Verbrauchertäuschung - Billigfisch wird als kostbare Seezunge deklariert oder Schinkenimitat als Schinken verkauft. Deklarationspflichtige Zusatzstoffe werden verschwiegen.
Falsche Lagerung: Der teure Fisch liegt neben der offenen Mülltonne. Zu warm gelagerte Eierspeisen, in denen sich Salmonellen prächtig vermehren, sind den Prüfern ebenfalls ein Dorn im Auge. In Stuttgart fanden Kontrolleure in einem China-Restaurant 78 tiefgefrorene Enten - die zum Auftauen auf dem Küchenboden lagen. (mit dpa)