Duisburg. Zwölf Schafe hat ein Schäfer in den Duisburger Rheinauen durch wilde Uhus verloren. Frank Weirauch sah einen Greifvogel auf einem Lämmchen hocken.

Seit 20 Jahren hütet Frank Weirauch seine Schafe in den Friemersheimer Rheinauen. Einen Uhu hatte er in dieser Zeit noch nicht gesehen. Bis er eines Nachmittags noch einmal nach der Herde sah — und der mächtige Greifvögel auf einem der Lämmchen hockte und mit seinem krummen Schnabel auf seiner Beute herumpickte. Insgesamt zwölf Lämmer aus der Herde seien dem Greifvogel zum Opfer gefallen. Weirauch geht davon aus, dass der Uhu, den er gesehen hat, nicht alleine ist: „Jemand von der Greifvogelstation hatte versucht, ihn einzufangen, um zu sehen ob er markiert ist und wo er herkommt. Doch eingefangen hatte er dann einen anderen Uhu.“

Verlust kaum beklagt

Dass ein Brutpärchen mit der Beute seine Jungen versorgt hat, hält Weirauch für die sinnvollste Erklärung. Den Verlust aus der Herde beklagt er kaum: „Man muss Verständnis für die Natur haben. Wenn die Greifvögel hier wieder heimisch werden, gibt es eben auch Verluste.“ Zudem sei er nur nebenberuflich Schäfer. „Für jemanden, der davon als Haupteinnahmequelle lebt, wäre das sicher gravierender.“ Schützen könne er seine Jungtiere nicht: „Schafe mit ihren Lämmern müssen raus, sie haben einen großen Bewegungsdrang.“ Inzwischen sind die anderen Lämmer groß geworden — offenbar zu groß als Beute für den Uhu, den Weirauch erst kürzlich noch gesehen hatte.

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Der „König der Nacht“, wie der Uhu gerne betitelt wird, ist also zurückgekehrt nach Duisburg. Nicht nur in den Zoo, in dem seit der Vorwoche nach jahrzehntelanger Pause wieder zwei Jungtiere im Gehege wachsam umherblicken. Sondern auch nach Friemersheim und in andere Stadtteile.

Hochbedrohte Tierart

„Vor zehn bis 15 Jahren war es noch unvorstellbar, dass sich diese hochbedrohte Tierart so stark in den Ballungsräumen ausbreitet“, sagt Dr. Randolph Kricke, der Artenschutzbeauftragte der Stadt. Es gebe Hinweise auf Vorkommen in Dinslaken, an der alten Sinteranlage in Meiderich, im Ruhrbogen, im Baerler Busch hatte man ein Brutpärchen beobachtet, in Binsheim wurde ein Uhu tot aufgefunden, nachdem er offenbar vor einen Hochspannungsmast geflogen war.

„Die Bestände haben sich deutlich erhöht“, sagt Kricke. Die streng geschützten Uhus werden nicht mehr verfolgt, die Belastung durch das Insektizid DDT ist ausgesetzt. „Uhus sind aber offenbar auch deutlich anpassungsfähiger und nicht so störsensibel wie bisher allgemein angenommen“, sagt der Artenschutzexperte. Dass sie sich auch am Stadtrand ausbreiten, sieht Kricke als Zeichen, dass der Populationsdruck zunimmt. Uhus seien nicht im großen Maße ausgewildert worden, es sei vielmehr ein „Selbstläufer“, sagt Kricke.

Top-Räuber

Dass die „Top-Räuber“ sogar neu geborene Lämmer reißen, hält er nicht für ungewöhnlich: „Die sind für den Uhu ja sogar leichter zu erwischen als Kaninchen oder Hasen.“ Der Fall zeige aber auch, wie „eng das Feld für solche Arten in dicht besiedelten Gebieten“ sei. Allerdings müsse man das Ganze auch im Verhältnis sehen. „Die Verluste bei den Schafherden durch freilaufende Hunde sind weitaus größer“, sagt Kricke. „Schuld daran sind aber nicht die Hunde, sondern die Besitzer.“

Auch die Herde von Frank Weirauch hatte sich vor etwas mehr als einem Jahr durch Menschenhand dezimiert: 208 Heidschnucken hatten ihm Diebe von der Wiese gestohlen. Der Schäfer geht davon aus, dass Profis am Werk waren und es ihnen um das Fleisch ging. Zwar wurden die Täter nie geschnappt, Wochen später aber standen 117 der gestohlenen Schafe wieder auf der Weide — allerdings nur die weiblichen, deren Fleisch weniger begehrt ist. Über diesen Verlust hatte sich Weirauch jedenfalls deutlich mehr geärgert als über den Beutezug des Uhus.