Duisburg. Um den Duisburger Landschaftspark erweitern zu können, muss auch die alte Sinteranlage in Meiderich fallen. Jetzt haben die Abbrucharbeiten begonnen.

Schlaglöcher über Schlaglöcher auf dem kurvenreichen Sträßchen, links und rechts verstellen junge Birken jeden Ausblick, und wo die Bäumchen fehlen, ist die Sicht nicht schöner: ein Loch wie im Tagebau – Schimanski-Landschaft pur.

Am Ende der Holperstrecke endlich das Ziel: eine Industrieruine, deren Tage nun gezählt sind, Jahrzehnte nach Ende der Produktion. Aus dem Areal der alten Sinteranlage des Ruhrorter Hüttenwerkes soll einmal ein Teil des Landschaftsparks werden. Wer sich dort umschaut, kann Zweifel bekommen, ob der Plan mit dem Grün gelingt.

Schutzanzug ist Pflicht

Keinen Zweifel erlauben indes die Abbruchkolonnen. Schwere Bagger stehen einsatzbereit vor dem alten Gebäude, im Inneren geht’s zunächst an die Feinarbeit. Und die hat es in sich. Geborgen werden muss, was vor Jahrzehnten ohne Sorge in Mengen verbaut wurde. Asbest beispielsweise, der im Fensterkitt steckt und nun herausgefräst werden muss. Schutzanzug ist Pflicht – nicht nur bei dieser Arbeit.

Auch PCB und Schwermetalle müssen beseitigt werden, bevor die eigentlichen Abrissarbeiten beginnen können. Und auch die haben es in sich. Statiker sind immer dabei, um Gefährdungen für die Abrisskolonnen auszuschließen. Denn schon in den Jahren vor dem offiziellen Abriss war in dem gewaltigen Bau, wo einst drei Sinterbänder parallel betrieben worden waren, demontiert worden – und nicht unbedingt von Fachpersonal.

Jede Menge Stahl

Denn innere Werte stecken in der Anlage, die wohl 1957 in Betrieb genommen wurde und für die damalige Phoenix-Rheinrohr AG Sinter für Hochöfen lieferte. 1983 wurde die Anlage stillgelegt, die seit 1964 zu Thyssen gehörte. Hinter der dünnen Backsteinfassade steckt jede Menge Stahl. Mächtige Träger, Anlagen über mehrere Etagen, künftiger Schrott, wohin das Auge blickt. 5000 Tonnen sollen es insgesamt sein. Die Erlöse für die Wertstoffe sollen die Abrisskosten decken, erwartet Wolfgang Baumann von NRW Urban.

Was geht, wird per Bagger abgerissen, ob Gebäudeteile gesprengt werden müssen, wird noch geprüft.Und bevor es überhaupt ans Innere des Industrie-Altbaus ging, mussten von außen zwei Treppentürme und ein provisorischer Aufzug montiert werden – eine Sache der Sicherheit.

Artenschutzrechtliche Baubegleitung

Auch die Ökologie kam nicht zu kurz, es gab eine artenschutzrechtliche Baubegleitung. „Eine Fledermaus ist gesichtet worden“, berichtet Dr. Rolf Nierhoff von der Ingenieurfirma Hydro. Die Arbeiter seien aber vorbereitet gewesen, sich um eine größere Zahl Tiere zu kümmern.

Abgebrochen wird in den nächsten Monaten nicht alles, was die Sinter-Ruine noch ausmacht. Der 120 Meter hohe Kamin, der an seiner Spitze noch neun Meter Durchmesser hat, bleibt ebenso stehen wie das hohe Gebläsehaus. Sie sollen erst fallen, wenn dafür Geld zur Verfügung steht.

2013 hatte es in der Anlage einen tödlichen Unfall gegeben 

„Ende April wollen wir fertig sein“, sagt Dr. Rolf Nierhoff, gesteht aber auch ein, dass beim Abbruch eines so alten Industriegebäudes Überraschungen nicht ausgeschlossen sind und damit auch mögliche Verzögerungen im Zeitplan.

So ganz hektisch war die Entwicklung auf dem 31 Hektar großen Gelände zwischen Beeck und Meiderich bisher auch nicht. NRW Urban, die Immobilientochter des Landes, hatte die Industriebrache an der Helmholtzstraße 1994 auf Antrag der Stadt Duisburg erworben – „zur Unterstützung des Strukturwandels im Revier“.

Wachdienst sichert das Gelände

Zur Beschleunigung der Abbruchpläne dürfte beigetragen haben, dass im Jahr 2013 ein 15-jähriges Mädchen beim Klettern in der Sinteranlage abgestürzt war und dabei tödliche Verletzungen erlitten hatte. Graffiti und haufenweise Reste abisolierter Kupferkabel sowie Fotos im Internet künden von weiteren nicht ungefährlichen „Nutzungen“ der Alt-Anlage. Inzwischen sichert ein Wachdienst das Gelände . Das ist übrigens nur durch das Abkippen von Schlacke entstanden. „Richtigen Boden gibt es hier nicht“, erklärt Nierhoff. Bis zu 15 Meter dick sei die Schlackeschicht, so der Fachmann.

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Was es außer der Sinteranlage noch gibt, sind ausgedehnte Tiefbunker für Rohstoffe entlang der Eisenbahntrasse, die nach wie vor munter genutzt wird für den Verkehr der Montanindustrie. Die meterdicken Betonmauern im Untergrund werden auch bleiben, wenn die Abrissarbeiter im Frühjahr abrücken.

Und: Auch im kommenden Jahr wird das Gelände noch nicht zu betreten sein. Wegen der nach wie vor bestehenden Unfallgefahr bleibt es gesperrt. „Erst nach der Herrichtung wird es für jedermann zugänglich sein“, heißt es bei NRW Urban.