Dortmund. Nach langer Pause darf Heiko Wasser für RTL wieder die Formel 1 kommentieren. Dabei ist für den Dortmunder etwas jetzt völlig anders als früher.

Heiko Wasser ist die Stimme der Formel 1. Seit mehr als 30 Jahren kommentiert der Dortmunder für RTL die Rennen der Königsdisziplin des Motorsports. Doch Ende 2020 wurde das Aus verkündet: Der Sender verabschiedete sich aus der Formel 1, übertrug in den Folgejahren jeweils nur noch vier Rennen.

2023 war dann ganz Schluss. Jetzt kam die überraschende Kehrtwende – und Heiko Wasser ist zurück auf Sendung. Seinen Einstand hat er mit den Rennen Anfang März in Bahrain schon gegeben. Im Interview hat uns der 66-Jährige jetzt erzählt, wie es ist, zurück in der Sprecherkabine zu sein und welche geheimen Dokumente ihn am Abend vor dem Rennen beschäftigt haben.

Nach einem Jahr Sendepause wieder Formel 1. Wie war der Einstand?

Ich hab‘s genossen und es hat sich gut angefühlt. Ich war sofort wieder voll drin, hab den richtigen Ton getroffen. Es ist wohl wie mit dem Radfahren: Das Kommentieren verlernt man nicht. Auch die Kritiken waren super. Zum Glück, denn ich brauche auch das Lob und die Streicheleinheiten. Ich bin nicht dazu geschaffen, nichts zu tun.

Der Ausstieg Ihres Senders aus der Formel 1 hatte Sie also schwer getroffen.

Ja klar, das war hart. RTL hatte damit ja nicht nur mir, sondern auch 200 anderen Mitarbeitern von heute auf morgen den Stecker gezogen. Das war ein Schock, mit dem wir alle nicht gerechnet hatten. Und ein Schock war es auch, als es hieß, dass es jetzt plötzlich doch weitergehen soll. Allerdings ein positiver.

Seit 1993 kommentiert der Dortmunder Heiko Wasser das Formel-1-Geschhehen. Auch Michael Schumacher hat er interviewt, hier ein Foto aus dem Jahr 2003.
Seit 1993 kommentiert der Dortmunder Heiko Wasser das Formel-1-Geschhehen. Auch Michael Schumacher hat er interviewt, hier ein Foto aus dem Jahr 2003. © Imago | Pakusch

Gab‘s da denn keine Gerüchte vorher?

Nein, das hatte sich überhaupt nicht abgezeichnet. Das haben die Chefs von Sky und RTL klammheimlich ausbaldowert. Hintergrund ist wohl: Immer mehr Leute hatten sich durch den Wegfall des Free-TV von der Formel 1 verabschiedet. Deswegen ist der Wiedereinstieg nicht nur für mich, sondern auch für die Zuschauer eine gute Nachricht: Jetzt können sie wieder 19 Mal Autos auf RTL fahren sehen.

Sie selbst sind wieder am Mikro, aber nicht an der Strecke. Kommentiert wird aus dem Studio in Köln, oder?

Ja, und das ist natürlich ein Wermutstropfen. Meine Kollegen Kai Ebel und Florian König berichten vor Ort aus dem Fahrerlager, Christian Danner und ich aus dem Studio in Köln. Das ist ein Trend, der sich leider durchsetzt, es geht natürlich auch um die Kosten.

Sie wären also lieber an der Strecke?

Klar, das ist kein Geheimnis. Da kann ich ganz anders arbeiten. Da gehe ich morgens durchs Fahrerlager, trinke einen Kaffee bei drei Teams, reden mit jedem, der mir entgegenkommt, und habe dann alle Infos zusammen. Jetzt wird viel telefoniert und wir machen eine Schalte – aber das ist nicht das Gleiche, wie die tolle Atmosphäre an der Strecke zu spüren.

Können Sie es mir erklären: Was macht die Faszination der Formel 1 aus?

Für mich ist es die Mischung aus Sport, Technik, Wirtschaft und Glamour. Mit Wirtschaft meine ich, wie die Teams finanziert werden, wie aus Hinterhofwerkstätten millionenschwere Unternehmen werden. Und das war oft der Kampf David gegen Goliath – das macht den Reiz aus.

Aber eine große Überraschung, wer in dieser Saison vorne liegen wird, dürfte es nicht geben, oder?

Nein, an Verstappen wird wohl kaum vorbeizukommen sein. Er ist ein großartiger Fahrer und hat ein Auto, das besser ist als die Konkurrenz. Adrian Newey, der technische Direktor von Red Bull, ist einfach ein genialer Konstrukteur. Mit ihm im Team kann gar nichts schiefgehen – das ist, als wenn man einen Klopp oder Guardiola als Trainer hat.

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Wird die Saison denn trotzdem spannend?

Aber ja, denn hinter Verstappen liegen alle nah beieinander. Und weil Lewis Hamilton angekündigt hat, von Mercedes zu Ferrari zu wechseln, dürfte es in beiden Teams hoch hergehen. Da ist viel Brisanz drin. Und dann gibt es ja noch das „Horner-Gate“, die schweren Vorwürfe gegen den Red-Bull-Teamchef Christian Horner wegen sexueller Belästigung.

Da hatte es ja vor ein paar Tagen neue anonyme Hinweise zu den Anschuldigungen gegeben.

Ja, und ich war einer von 100 Journalisten, die den Leak mit 150 Dateien am letzten Freitag bekommen haben. RTL hat das Material überprüft und verifiziert. Es spricht einiges dafür, dass es echt ist, wir haben uns aber entschieden, es nicht zu veröffentlichen. Auch so etwas ist Formel 1 – es ist immer was los.

Kommentator Heiko Wasser ist mit seinen Hunden Holly (re.) und Dannyboy oft in Dortmunds Wälder unterwegs.
Kommentator Heiko Wasser ist mit seinen Hunden Holly (re.) und Dannyboy oft in Dortmunds Wälder unterwegs. © Funke Digital | Wasser

Aber bis Sie das nächste Mal am Mikro stehen, beim Qualifying in Imola am 18. Mai, geht noch etwas Zeit ins Land. Wo kann man sie denn bis dahin sehen?

Ich kommentiere ja auch Fußball für RTL. Ansonsten trifft man mich im Stadion, vor und nach dem Spiel im Strobels, bei den BVB-Handballfrauen oder einer Joggingrunde am Phönixsee. Und täglich mit meinen Hunden in den Wäldern im Dortmunder Süden. Ich wohne ja in Lücklemberg.

Ach ja, Ihre Hunde. Sehen wir die noch mal bei Martin Rütter?

Nein, das geht mit meinen beiden neuen Hunden nicht. Die kommen aus dem Tierschutz und sind nicht fernsehtauglich, weil sie viel zu sensibel sind. Apropos Rütter: Derzeit arbeite ich an einem Bühnenprogramm á la Martin Rütter. Titel: „Mittelplatz ist immer scheiße – die besten Geschichten aus 30 Jahren Rennen und Reisen mit der Formel 1“. Bislang läuft das bereits erfolgreich als Vortrag, etwa bei Firmenevents und Messen. Ich plane aber, damit auch auf Tour zu gehen.

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