Castrop-Rauxel. Manche Straftäter müssen hinter Schloss und Riegel, weil sie vollkommen blank sind. Sie können ihre Geldstrafe nicht bezahlen. Julius Wandelt, Gefängnisleiter der JVA Meisenhof, hält das für eine unsinnige Regelung, weil sie den Steuerzahler viel koste. Genau gesagt 111 Euro pro Tag.
Der eine hat zum ersten Mal geklaut, der andere mit Drogen gedealt, der nächste hat sich bei Internet-Betrügereien erwischen lassen. Doch alle haben das gleiche Problem: Sie sind erbärmlich knapp bei Kasse und können die vom Richter angeordnete Strafe nicht berappen. Also heißt es: „Ab in den Knast“, eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen. „Ein unsinniges und dazu noch teures Verfahren“, kritisiert der Leiter der Justizvollzugsanstalt Meisenhof in Castrop-Rauxel, Julius Wandelt. Ein Viertel aller Gefangenen – 134 waren es im Jahr 2012 – sitzen am Meisenhof ein, weil sie ihre Strafe nicht bezahlen können.
Tagessätze müssen hinter Gittern abgesessen werden
Zwischen fünf und 360 Tagessätzen Gefängnis können Verurteilte aufgebrummt bekommen, und die meisten schaffen es, das Geld irgendwie aufzutreiben. Wobei der Tagessatz eine sehr große Bandbreite besitzt: „Ein Mann, der auf der Straße lebt, hat einen Tagessatz von einem Euro, ein Bankdirektor einen weitaus höheren“, erläutert Wandelt. Bis zu 30.000 Euro könne der Tagessatz für Straftäter mit extrem hohem Einkommen betragen.
Die Krux: Ein Großteil der Betrüger hat die Straftat aus Geldnot begangen, und durch die Zahlung einer Geldstrafe wird ihre Situation nicht gerade verbessert. Sie wurden zu einer Geldstrafe verteilt, weil der Richter Freiheitsstrafe nicht für angemessen hielt, müssen dann aber doch hinter Schloss und Riegel, weil sie vollkommen blank sind.
Gefängnisaufenthalt kostet den Staat 111 Euro pro Tag
Julius Wandelt bringt seine Kritik am Verfahren auf den Punkt: „Erstens bekommt der Staat die Geldstrafe nicht und zweitens kostet das den Steuerzahler auch noch viel Geld.“ Genau gesagt 111 Euro pro Tag.
Der Gefängnisleiter zieht das Strafvollzugsgesetz zu Rate: „Wir sollen Straftäter fit machen für die Gesellschaft. Aber wie sollen wir das bewerkstelligen bei Leuten, die nur zehn Tage bei uns sind? Die sehen wir doch praktisch gar nicht.“
Unangenehmes Erlebnis
Für die Kurzzeit-Insassen sei das ein sehr unangenehmes Erlebnis. Manchmal wohnten sie mit drei anderen Straftätern in einer Zelle, manchmal begegneten sie auch Schwerverbrechern. Wandelt schlägt deshalb vor, nach Alternativen zu suchen für Menschen, die ihre Geldstrafe nicht bezahlen können. „Ihnen sollten besser gemeinnützige Arbeiten auferlegt werden, beispielsweise bei der Caritas. Sechs Stunden ersparen einen Hafttag. Sie können dort von zuhause aus hingehen, die Unterbringung kostet den Steuerzahler dann keinen Cent. Und am Ende ist es auch besser für Straftäter, wenn sie das Gefühl haben, etwas Gutes getan zu haben“, regt der Leiter des Meisenhofes an.
Mehr gemeinnützige Arbeit
Zuständig für einen Wandel des Strafvollzuges sind die Staatsanwaltschaften. „Wir selbst können hier in der JVA nichts ändern“, macht Julius Wandelt deutlich. Die Suche nach mehr Möglichkeiten zur gemeinnützigen Arbeit sei aber nicht gerade „das Spezialgebiet der Staatsanwaltschaften“ als „Vollstrecker“. Mehr Plätze für Straftäter in gemeinnützigen Verbänden aufzutreiben, sei Projektarbeit, die in Zukunft verstärkt in Angriff genommen werden müsse.