Castrop-Rauxel. Die Klasse 4 a der Ickerner Marktschule schmückte gestern einen zwölf Meterhohen Weihnachtsbaum in der Justizvollzugsanstalt Meisenhof.

Das ist schon eine recht komische Konstellation im Meisenhof in Ickern: Kinder und Knackis dicht an dicht und doch distanziert, ein wortloses Nebeneinander. Eine Atmosphäre hinter Stahlzäunen, die auf den ersten Blick so gar nichts anheimelndes hat, geschweige denn weihnachtliches. Und dann wieder doch. In einer Ecke des Außenbereiches schmücken Mädchen und Jungen einen mächtigen Weihnachtsbaum, als seien sie gar nicht im Gefängnishof, sondern im Garten daheim.

Einbrecher, Bankräuber und Mörder wohnen hier, und wer weiß, was die anderen Männer verbrochen haben. Keine Angst im Knast? „Nee“, sagt Britt. „Die sind ja nett, die dürfen ja raus“, meint die Neunjährige. Ihre Klassenkameradin Hanna weiß aber: „Da sind auch Drogenhändler dabei.“

Girlanden, Kugeln und Engel

Angst haben sie alle nicht, auch Natalie und Josy und Giulio nicht. Ist das nicht schlimm, so ein Gefängnis? „Hier nicht“, sagt Fynn (9), „die haben ja einen ganz normalen Alltag, weil sie nicht die ganze Zeit in ihrer Zelle bleiben müssen.“

Selber mal in den Knast zu kommen, das finden die Marktschüler unvorstellbar, bei sich selbst zumindest. Bei einem Klassenkollegen, dessen Namen wir hier mal lieber nicht nennen wollen, sind sie sich aber sicher: „Der wird mal Massenmörder.“ Das ist natürlich nicht ernsthaft gemeint, obwohl dann noch einer sagt: „Ach, der ist doch schon gar nicht mehr so schlimm wie im Kindergarten.“

Gesprochen haben sie aber nicht mit den Häftlingen, da war der Respekt wohl doch ein bisschen zu groß.

Schmück-Experten unterwegs

Außerdem musste ja der zwölf Meter hohe Weihnachtsbaum geschmückt werden, damit er pünktlich zum heutigen Basarbeginn fertig ist. Girlanden, Kugeln, Tüten, Sterne und Engel, alles, was an so einen Baum gehört. Sogar Geschenkpakete mit Schleifchen hängen daran. „Aber die sind natürlich nicht echt, da ist nur eine leere Kassette drin“, weiß Natalie.

Vergangenes Jahr haben sie den Weihnachtsbaum bei Edeka geschmückt, erzählen die Marktschüler. Das sei auch ganz nett gewesen. Aber irgendwie anders, das war der Besuch bei den schweren Jungs schon. Irgendwie schon.

Basar im Gefängnis

Tag der offenen Tür im Gefängnis, das hört sich etwas merkwürdig an. Es wäre ja auch zu schön für die Insassen. Aber so etwas wie ein Feiertag ist der Basar am heutigen Samstag, von 14 bis 20 Uhr, für die Häftlinge schon. Denn auch die „Kolleginnen“ aus dem Frauengefängnis kommen mit einem Stand, von der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen. „Es ist halt Weihnachten“, scherzt der Leiter der Justizvollzugsanstalt Meisenhof, Julius Wandelt.

In ihren selbst gebastelten Holzbuden verkaufen die Häftlinge, was sie hier hergestellt haben, vor allem Dekoratives aus Holz, Stein und Metall, Fische, Frösche und Spinnen für das Wohnzimmerregal. Wer noch nach kleinen Weihnachtsgeschenken sucht, ist hier bestens aufgehoben. Außerdem tut er noch etwas Gutes: Der Verkaufserlös fließt an den „Freundeskreis Meisenhof“, als Grundstock für einen Verein, der sich gerade in der Gründungsphase befindet. „Mit dem Geld können wir dann Ausgaben bestreiten, die den Steuerzahler nicht belasten. Zum Beispiel Weihnachtsgeschenke für Kinder von Gefangenen kaufen“, erläutert wandelt.

Noch etwas Neues: Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) wird heute, um 15 Uhr, den roten Knopf drücken und damit den Start für einen NRW-online-Shop freigeben, der Werbematerial für NRW vertreibt. Zu erreichen wird der Internet-Laden über die Homepage www.knastladen.de sein, über die man auch Produkte aus der Ickerner JVA kaufen kann.

Hungern muss auch niemand auf dem heutigen Gefängnis-Basar. Es gibt Kuchen, Gegrilltes und mehr: „Alles was das Herz begehrt, außer Alkohol“, kündigt der Gefängnischef an. Viel zu lustig kann es also nicht werden.