Castrop-Rauxel. . Ein Rentner ist vor dem Dortmunder Landgericht angeklagt. Er soll die Frau seine Sohnes zum Sex gezwungen haben. Der Sachverständige aber rüttelt an der Glaubwürdigkeit der Frau. Die Angaben der Zeugin widersprechen sich an einigen Stellen.

Der Enkel des Angeklagten zittert. Es mache ihn aggressiv, seinen Großvater zu sehen, habe der seiner Mutter doch Schlimmes angetan. Der Rentner soll seine Schwiegertochter sexuell missbraucht und mehrfach vergewaltigt haben. Er selbst allerdings bestreitet die Taten.

Aggressiv sei er immer gewesen, beschreibt die Enkeltochter ihren Großvater, der sich nun vor dem Dortmunder Landgericht verantworten musste. „Er hatte eine diktatorische Art“, sagt die 22-Jährige. Angst habe sie vor ihm gehabt.

„Er hat meine Mutter geschlagen.“ Gedroht habe er ihr. Vor fünf Jahren habe ihre Mutter schließlich eine Entscheidung getroffen: Sie zog aus dem Haus, in dem sie mit ihren Kindern, ihrem damaligen Mann, dem Schwager und den Schwiegereltern lebte, aus. Mit ihrem Sohn und ihrer Tochter flüchtete sie zu ihrer Mutter.

„Damals habe ich erstmals von den Vergewaltigungen erfahren“, erklärt der Enkel des Angeklagten. „Ich habe es mitbekommen, als sie meiner Oma davon erzählte“, fügt der 17-Jährige hinzu. „Später hat sie mir auch gesagt, dass sie vergewaltigt wurde, ich habe aber nicht weiter mit ihr darüber gesprochen, weil ich es nicht ertragen konnte.“

Nach dem Auszug, so die Schwester des 17-Jährigen, habe sie von den sexuellen Übergriffen berichtet. So soll der Angeklagte seine Schwiegertochter laut Anklage der Staatsanwaltschaft immer wieder bedrängt und zum Geschlechtsverkehr gezwungen haben. In der Küche, im Schlafzimmer, auf der Toilette, berichtete die Frau.

Große Abweichungen

Allerdings rüttelte jetzt eine Sachverständige an der Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugin. Die Psychologin prüfte und verglich all ihre Aussagen zu den Tathergängen. Mit dem Ergebnis: Die Schwiegertochter des Angeklagten habe bei der Polizei, in der richterlichen Vernehmung, in der Hauptverhandlung vor Gericht und im Gespräch mit der Psychologin mitunter abweichende Angaben gemacht.

Langer Tatzeitraum

Die Gutachterin, die die Aussagen der Zeugin prüfte, habe zwar eine Reihe von Widersprüchen herausgestellt, sagte der Staatsanwalt in der Verhandlung, doch es gelte zu berücksichtigen, in welcher psychischen Verfassung sich die Zeugin befunden habe.

Zudem handele es sich um einen langen Tatzeitraum.

„Es gibt gravierende Widersprüche in einigen Aussagen“, erklärt die Gutachterin. So gebe es beispielsweise große Abweichungen in ihren Angaben über die Häufigkeit der Taten. Zunächst habe die Hauptbelastungszeugin von einer Vergewaltigung gesprochen, später gab sie an, es seien über all die Jahre hinweg 150 Vergewaltigungen gewesen. Ein Erlebnisbezug lasse sich letztlich nicht belegen, so die Gutachterin weiter.

Die Verhandlung wird in der kommenden Woche am Dortmunder Landgericht fortgesetzt. Das Urteil soll am Mittwoch, 27. Februar, fallen.