Dr. Michael Glaßmeyer, Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde am Rochus-Hospital, zum Kölner Fall einer abgewiesenen vergewaltigten Frau.

Der Fall einer jungen Kölnerin, der nach einer Vergewaltigung von einem katholischen Krankenhaus eine Untersuchung und die einhergehende „Pille danach“ verweigert wurde, bewegt die Gemüter. „Ein Skandal“ sei das, meinte ARD-Talkmaster Günther Jauch am Sonntagabend. Zuvor hatte sich sogar der als erzkonservativ geltende Kölner Kardinal Meissner auf die Seite des Opfers geschlagen und definiert: Die „Pille danach“ könne erlaubt sein, wenn sie nur verhütend wirkt, aber nicht abtreibend. Wir sprachen mit dem Gynäkologen und Chefarzt Dr. Michael Glaßmeyer über die Praxis am St. Rochus-Hospital, das ebenfalls unter den Fittichen der katholischen Kirche arbeitet.

Herr Dr. Glaßmeyer, wie ist das nun genau, kann die Pille danach auch eine Abtreibungspille sein?

Das Problem ist bereits wissenschaftlich geklärt. Wenn sich ein Ei bereits in der Gebärmutter eingenistet hat, wirkt die Pille danach nicht. Eine klassische Abtreibung kann man damit also nicht durchführen.

Wie ist das am Rochus-Hospital. Gibt es dort eine Verordnung, wie mit der Pille danach umgegangen werden muss?

Hierzu gibt es von oben keine Anordnungen. Es kommt mehrmals im Monat vor, dass vergewaltigte Frauen bei uns um Hilfe bitten. Dann werden sie auf Spuren untersucht. Wir haben bislang noch niemals ein potenzielles Vergewaltigungsopfer weggeschickt.

Und wie wird es mit der Pille danach gehandhabt?

Ob er sie verschreibt, bleibt letztendlich jedem Arzt überlassen. De facto wird das aber in unserem Hause immer gemacht. Wenn ein Kollege sich aber weigern würde, ist es ja kein Problem, dass ein anderer Kollege das übernimmt.

Was halten Sie von dem Kölner Fall?

Dass die Frau in zwei Krankenhäusern vom gleich Orden weggeschickt wurde, ist sicherlich kein Zufall. Wer das meint, der glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten. Die Kollegen dort haben offensichtlich befürchtet, dass es sich um verdeckte Kontrollen handelt. Was muss das für ein Klima der Angst sein?

Und von der Stellungnahme des Kardinals?

Meissner hat eine der differenziertesten Stellungnahmen abgegeben, die ich dazu gehört habe. Und die lautet sinngemäß: Wenn die Pille nur den Eisprung verhindert, darf sie verschrieben werden – im Falle einer Vergewaltigung.