Castrop-Rauxel. .

8,50 Euro – das ist doch wohl das Mindeste. Bei der DGB-Kundgebung am Tag der Arbeit gingen Bürger, Gewerkschafter und Politiker auf die Straße und forderten faire Löhne.

Nach Polizeischätzungen nahmen gut 400 Personen an der traditionellen Veranstaltung auf dem Ickerner Markt teil, etwa 150 Demonstranten marschierten zuvor mit Transparenten und klangvoll begleitet von der Gruppe „Buena Vista Rio“ durch den Ortskern des Stadtteils.

Gemeinsam kamen sie laut daher, um dann aber auf dem Markt zunächst die leisen Töne anzuschlagen: Udo Behrenspöhler, Vorsitzender des DGB-Ortsverbandes Castrop-Rauxel, rief zur Schweigeminute für die Opfer der Erdbebenkatastrophe in Japan auf. Dort ist seit dem 11. März dieses Jahres nichts mehr wie es einmal gewesen sei, so Behrenspöhler. Auch Hauptredner Klaus Beck, DGB-Bundesvorstandssekretär widmete sich in seiner Ansprache dem Politikum Atomkraft.

Energiewende ja, Lohndumping nein

Angesichts der Katastrophe in Japan sei das Thema Energie an diesem 1. Mai ebenfalls ein wichtiges, so Beck. Er forderte den schnellst möglichen Ausstieg aus der Atomkraft. Es bedarf endlich einer „Energiewende“, unterstrich der DGB-Bundesvorstandssekretär.

Beck ging im weiteren Verlauf seiner Rede dann natürlich vor allem auf die aus Sicht der Gewerkschaft prekäre Situation des deutschen Arbeitsmarktes ein. Nur zu deutlich sprach er sich gegen Lohndumping aus. Beck kritisierte die schlechte Bezahlung in der Leiharbeit, die soziale Unsicherheit schüre. Er forderte deshalb den Mindestlohn von 8,50 Euro, denn der wirke dem Lohndumping entgegen, gerade im Hinblick auf die gestern in Kraft getretenen volle Arbeitnehmerfreizügigkeit.

„Es ist gut, dass sich jeder EU-Bürger uneingeschränkte eine Stelle in Deutschland suchen kann“, erklärte Klaus Beck und schob das große Aber hinterher: Diese Freizügigkeit müsse auch gerecht sein, doch genau in diesem Punkt habe die Regierung versagt. „Mit Sorge sehen wir, dass keine Maßnahme gegen Lohndumping getroffen wurde“, so Beck. Regulierend wirke hier nur eines: mindestens 8,50 Euro. „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, laute die Forderung der Gewerkschaft. Die Bundesregierung aber, sie weigere sich, Equal Pay, einzuführen.

Abschaffung der Niedriglöhne

„Ein Skandal“, meinte Beck, der zudem ein ordentliches Vergabegesetz in Nordrhein-Westfalen verlangte – mit einer verbindlichen Lohnuntergrenze von 8,50 Euro für öffentliche Aufträge. Es müsse deutliche Zuwächse bei der Bezahlung geben, fuhr Beck fort. Der Niedriglohnsektor gehöre endlich abgeschafft, da dieser den Arbeitnehmer erniedrige und in die Armut dränge.

Bürgermeister Johannes Beisenherz rief deshalb in seiner Rede dazu auf, weiterhin Druck auszuüben und sich mit den Schwachen der Gesellschaft zu solidarisieren. Die soziale Marktwirtschaft dürfe keinesfalls zum ausufernden Raubtier-Kapitalismus werden, postulierte Beisenherz. Es bedürfe deshalb einer wachen Gesellschaft, um sich gegen eine starke Wirtschaftslobby durchzusetzen. Und es sei ja tatsächlich wahrzunehmen, dass die Deutschen wieder Gefallen am Protest finden, begrüßt Beisenherz eine „neue gesellschaftspolitische Atmosphäre“. Stuttgart 21 oder die Anti-Atomkraft-Bewegung belegen: Die Menschen seien nicht so abgestumpft wie oftmals in den Medien suggeriert.