Bottrop. Seit die Industrie und die umliegenden Städte die Emscher als Kloake genutzt haben, waren dort keine Fische mehr zu finden. Aber etwas hat überlebt - Im Oberlauf der Boye entdeckten Biologen die Emschergroppe. Wenn die Emscher renaturiert ist, soll sie in die alte Heimat zurückkehren.

Seit gut 100 Jahren ist die Emscher klinisch tot. Seit erst die Industrie und dann die Städte an Rhein und Ruhr Ende des 19. Jahrhunderts den Fluss als günstig gelegene Kloake genutzt haben, gab es in der giftigen Brühe kein höheres organisches Leben mehr als im Zweifel ebenfalls höchst ungesunde Mikroorganismen.

Damit soll bald Schluss sein: 2018 will die Emschergenossenschaft den Abwasserkanal Emscher fertig gestellt haben und danach den oberirdischen Flusslauf wieder herstellen. Dazu beitragen können Fische aus Kirchhellen. Denn etwas hat überlebt: Im Oberlauf der Boye, dort, wohin niemals das Dreckwasser vorgedrungen ist, hat die Emschergroppe überlebt und soll wieder in der Emscher heimisch werden.

Entdeckung blieb jahrelang ein Geheimnis

Wer die „Köttelbecke“ kennt, mag es kaum glauben. Aber in der Emscher wurden einmal Forellen, Edelkrebse und (in der Mündung) Störe gefangen. Daneben belebte eine Vielzahl von Kleinfischen das Gewässer und ernährte sich, wie etwa die Emschergroppe, von Kleingetier wie Bachflohkrebsen. Diese Groppe ist zwar eng verwandt mit der kürzlich entdeckten Rheingroppe, gilt aber als besondere Variante.

Die Debatte unter Fischkundlern, ob es sich um eine eigene Art handelt, ist zwar unter Fischkundlern noch nicht abgeschlossen. Aber: „Groppe ist nicht gleich Groppe“, sagt Gunnar Jacobs, Experte für die Umgestaltung der Emscher. Deshalb blieb die Entdeckung des ehemaligen Emscher-Ureinwohners über Jahre ein sorgsam gehütetes Geheimnis: Ein paar übereifrige Angler oder ein einziger Chemieunfall wie vor Jahren im Deilbach hätten den extrem gefährdeten Bestand für immer vernichten können.

„Ein echter Ruhri kehrt zurück“

Diese Gefahr ist jetzt gebannt. Erst im Labor und dann unter natürlichen Bedingungen ist die Nachzucht und die Rückkehr in frühere Lebensräume gelungen. „Jetzt kann man’s ja sagen“, sagt Jacobs: In insgesamt sechs Gewässern in Castrop-Rauxel, Herne und Oberhausen haben die Biologen der Emschergenossenschaft den Fisch wieder angesiedelt.

Der Bestand ist inzwischen durch seine Größe überlebensfähig: Jacobs schätzt ihn auf 2000 bis 3000 Tiere. Jacobs: „Ein echter Ruhri ist zurück gekehrt ins Emschertal“ - und soll jetzt auch seinen Weg machen zurück in die renaturierte Emscher. Die Experten werden dabei nicht warten, bis er selbst den Weg bach- und flussabwärts findet, sondern die Fische gezielt aussetzen und auch eine Erfolgskontrolle durchführen.

Ähnliches haben sie übrigens auch vor mit den Stichlingen, die ebenfalls im Emschertal eine eigene Art ausgebildet haben, in diesem Fall auch biologisch unumstritten. „Gasterosteus gymnurus“ hat im Gegensatz zu seinen Kollegen aus dem unteren Rhein und dem Duisburger Hafengebiet keinen Schwanzkiel und heißt deshalb wenig charmant auch „Nacktschwanz-Stichling“.