Bottrop. Gut, dass Lehrerin Iris Bette weiß, wie Lernen Spaß macht. Das neue Schuljahr hat begonnen. Für viele Kinder zum gefühlt endlos wiederholten Male, für andere zum allerersten Mal. So auch für die i-Dötzchen der Fürstenbergschule. Die WAZ schaute den Kleinen in der 1c über die Schulter gucken.
Auf dem Stundenplan steht in der vorletzten Stunde Lesen und Schreiben, erst einmal nur einzelne Buchstaben. Am besten lernen die Erstklässler das mit Hilfe des Buchstabenhauses, auf dem Tiere und Gegenstände abgebildet und deren Anfangsbuchstaben oder -laute ausgeschrieben sind.
Zwar könnte man sich angesichts der Lautstärke auf einem Spielplatz wähnen, doch Klassenlehrerin Iris Bette hat alles im Griff. Sie hat schließlich schon eine ganze Menge aufgeregter Erstklässler unterrichtet. Sei mehr als 20 Jahren unterrichtete sie an der Goetheschule, bis sie nach der Bildung des Schulverbunds mit der Fürstenbergschule vor vier Jahren an letztere wechselte. So sorgt sie nicht nur immer wieder gekonnt für Ruhe, sondern schlichtet nebenbei auch mal den kleinen Streit, der nach dem Motto „sie hat mir aber auch wehgetan ...“ entstanden ist. Aufforderung zur Entschuldigung - Entschuldigung - vorbei. Daran könnten sich selbst nachtragende Erwachsene ein Beispiel nehmen.
Töne aus dem CD-Player
Bette weiß auch, was den Kindern beim Lernen am meisten Spaß macht: Sie legt eine CD in den Player, die ersten Töne erklingen, und direkt herrscht Ruhe. Denn die Kinder wissen schon, jetzt kommt der Tinto-Rap. Das Lied ist genau auf das Buchstabenhaus abgestimmt, und was die Kinder vorher gelesen und angeschaut haben, singen sie jetzt mit. „Au wie Auto, Ei wie Eis...“ Alle schauen auf ihr laminiertes Buchstabenhaus. So sieht echte Lernbereitschaft aus. Iris Bette kann das nur bestätigen. Zwar sei die „Umstellung von Klasse vier auf eins gewaltig“ gewesen, denn ihre Viertklässler hat sie vor den Sommerferien entlassen. „Doch die Kinder sind sehr aufmerksam, lernwillig und hören zu. Dahinter steckt gute Kindergartenarbeit“, freut sie sich.
Mit dem Prinzip des Lückentextes, oder eher -bildes, lernen die i-Dötzchen auch das Schreiben. Neben die Bilder müssen die jeweiligen Anfangsbuchstaben geschrieben werden. „Was ist das?“ „Eine Wolke“, ruft die Klasse wie mit einer Stimme. „Und wie lautet der erste Buchstabe?“ „Wwww“, wummert es durch den Raum. Dann schreiben sie den Buchstaben; ein wenig holprig - aber aller Anfang ist schwer. „Der Kindergarten war langweilig. Jetzt mit dem Lernen ist es schön“. Sueda (6) hat keinerlei Berührungsängste mit dem neuen Umfeld. So auch die meisten in ihrer Klasse.
Aber natürlich - was kann noch schöner als Unterricht sein? „Wir können draußen spielen in der Pause“, gesteht Joel (6), was ihm am meisten an der Schule gefällt.
Unterricht bedeutet nicht nur, im Klassenraum zu sitzen. Zum Schulanfang müssen die i-Dötzchen nun oft auch allein über die Straße. Nur wie? Um das zu klären, geht der Polizist Dirk Stief (57) mit den Kindern nach draußen und übt das Theoretische in der Praxis. „Wir wollen die Kinder in ihrer Selbstständigkeit unterstützen und ihre Lebenswirklichkeit treffen“, sagt Konrektorin Christiane Eiden.
Vormachen
In der Klasse 1b ruft die Ankunft des Polizisten helle Aufregung hervor. Dirk Stief kennt das schon. Mit vielen Kindern hat er schon im Kindergarten eine Übung zum Verhalten im Straßenverkehr durchgeführt, nun ist er gespannt, wie viel noch präsent ist. Doch die i-Dötze haben erst einmal anderes im Sinn. „Wir haben mal einen Dieb gesehen“ oder „In Paris fahren alle über rot“, muss sich der Polizist erst anhören, bevor er mit den Erstklässlern das richtige Verhalten noch einmal durchgeht.
An der Straße zeigt sich: Einmal vorgemacht, lernt es sich am schnellsten. Stehenbleiben, links-rechts gucken, Hand ausstrecken, Blickkontakt zum Autofahrer und dann zügig über die Straße. So kommen alle sicher durch das „böse Land“, wie Stief den Kindern den gefährlichen Straßenverkehr erklärt. So eine Übung ist für ihn „die schönere Seite des Polizeidienstes“. Und für die Kinder eine der aufregendsten Seiten des Unterrichts.