Bielefeld/Gladbeck/Arnsberg/Bottrop. . Der Streit zwischen verfeindeten libanesischen Familienclans aus Gladbeck und Arnsberg beschäftigt erneut die Strafgerichte. Versuchter Mord wird zwei Angeklagten der Familie S. vorgeworfen. Vater Mohammad S. soll seinen Sohn beauftragt haben, das Oberhaupt des verfeindeten Clans zu ermorden.
Die Gesichter sind vertraut, die Namen auch: Wieder einmal beschäftigen die verfeindeten Familienclans S. aus Gladbeck und C. aus Arnsberg die Strafgerichte. Und wie im Essener Verfahren, das im Juli mit zweimal Lebenslänglich wegen Mordes endete, verhandelt auch das Landgericht Bielefeld seit Freitag wegen eines Tötungsdeliktes.
Doch wer Opfer und wer Täter ist, das wird vor dem Schwurgericht in Ostwestfalen unter umgekehrten Vorzeichen betrachtet. Vor dem Landgericht Essen hatten sich zwei Söhne der Arnsberger Familie C. zu verantworten, weil sie aus Rache auf einer Bottroper Libanesenhochzeit im Juni 2011 einen Sohn der Gladbecker Familie S. hinterrücks erstochen haben sollen. Hintergrund: Eine Tochter der S., verheiratet mit dem Arnsberger Chalid C. (29), hatte sich von ihm getrennt. Deshalb sollte einer ihrer Brüder sterben.
Vater auf offener Straße erstochen
Wie am Freitag in Bielefeld sicherte auch in Essen ein Großaufgebot der Polizei das Schwurgerichtsverfahren. Es half nicht. Am 8. Februar 2012 erschütterte eine Nachricht aus Bielefeld das Verfahren: Der Vater der Angeklagten C. war dort auf offener Straße von zwei Männern niedergestochen worden. Auftraggeber, so jetzt die Bielefelder Anklage, soll der Gladbecker Mohammad S. (56), Vater des in Bottrop getöteten Mannes, gewesen sein. Wie die Polizei aus abgehörten Telefonaten wissen will, beauftragte er telefonisch seinen Bruder, der auf der Flucht ist, und seinen Sohn Moussa Y. (32), der in Bielefeld neben ihm auf der Anklagebank sitzt. Er soll den Tod des anderen Familienoberhauptes befohlen haben.
Versuchten Mord aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen wirft Staatsanwältin Ina Leinkauf Vater und Sohn vor. Sie geht von Blutrache aus, von einer Vergeltungstat für den getöteten Sohn. Die Anklage verliest sie zum Prozessauftakt nicht. Denn Mohammad S., der im Essener Prozess gesund wirkte, soll jetzt an einer „posttraumatischen Belastungsstörung“ leiden. Er denke nur noch an seinen toten Sohn, könne sich auf nichts anderes konzentrieren, sagt Verteidiger Holger Rostek. Ob er verhandlungsfähig ist, wird geprüft.
Mordauftrag unter Freunden
Es ist der Krieg der Väter. Psychisch angeschlagen ist auch das Opfer der Messerattacke. Der Arnsberger kam als Nebenkläger nicht zum Prozess, erzählt seine Tochter der WAZ: „Er kann dem Angeklagten nicht in die Augen sehen. Die beiden Väter waren befreundet – und dann kommt es zum Mordauftrag.“