Essen. . Bluttat in Bielefeld: Ein 61-jähriger Mann ist am Mittwochabend niedergestochen worden. Er schwebt in Lebensgefahr. Das Opfer ist der Vater der Angeklagten im Essener Libanesen-Prozess. Seinen Söhnen wird vorgeworfen, auf einer Hochzeit den Bruder der Ehefrau erstochen zu haben.

Der blutige Konflikt zwischen zwei aus dem Libanon stammenden Familien aus Arnsberg und Gladbeck könnte ein weiteres Opfer gefordert haben. Am Mittwochabend stachen Unbekannte den 61 Jahre alten Vater der vor dem Landgericht Essen wegen Mordes auf einer Libanesen-Hochzeit in Bottrop angeklagten Brüder Bilal (24) und Chalid C. (29) aus Arnsberg nieder. Er schwebt in Lebensgefahr.

Offiziell wollen die Behörden einen Zusammenhang nicht bestätigen. Den für den morgigen Freitag angesetzten Prozesstag hat das Essener Schwurgericht aber aufgehoben, weil der Vater der Hauptangeklagten Opfer eines Anschlags wurde. Intern ist aber auch die Rede von Sicherheitsbedenken. Der am 13. Dezember gestartete Prozess wird von rund 50 Polizisten gesichert, weil im Vorfeld Morddrohungen bekannt wurden. Angeblich hätte die Gladbecker Opferfamilie einen Killer engagiert, um ein Familienmitglied der Arnsberger im Gerichtssaal zu töten.

Den Brüdern wird vorgeworfen, den Bruder der Ehefrau auf einer Hochzeit erstochen zu haben

Im Prozess wird den Brüdern C. vorgeworfen, den Bruder der 25 Jahre alte Ehefrau von Bilal C. hinterrücks auf einer Hochzeit in Bottrop erstochen zu haben. Das soll die Rache dafür gewesen sein, dass sich die aus Gladbeck stammende Ehefrau von Bilal C. getrennt hatte. Sie erzählte, sie sei von ihrem Mann und dessen Familie oft geschlagen worden und deshalb geflüchtet. Weil sie das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder bekam, soll ihr Mann gedroht haben, ihren Vater oder einen ihrer Brüder umzubringen. Die Angeklagten bestreiten das.

Im Essener Prozess kam es mehrfach zu Tumulten, allerdings außerhalb des Sitzungssaales im Hochparterre des Gerichtes. Erst am Dienstag hatten sich Bilals Ehefrau und einige ihrer Gladbecker Familienmitglieder ein heftiges Wortgefecht mit Schwestern der Angeklagten geliefert. Dabei sollen auch Gesten des Halsabschneidens gemacht worden sein, erzählen Augenzeugen. Von wem die Gesten ausgingen, ist unklar. Der Soester Michael Hecker, Verteidiger von Bilal C. sah die Szene: „Es war einer der Männer aus der Gladbecker Familie S.“ Die Essener Anwältin Christiane Theile, sie vertritt die Ehefrau von Bilal C. als Nebenklägerin, war auch dabei: „Es war eine der Schwestern der Angeklagten.“

Opfer schwebt noch in Lebensgefahr

Ob der Anschlag auf Vater C. die direkte Reaktion auf den Tumult war? Nur einen Tag später griffen laut Zeugenaussagen zwei bislang Unbekannte den 61-Jährigen um 17.45 Uhr auf der belebten Bahnhofstraße in Bielefeld an. Sie sollen ihn zu Boden gedrückt und mehrfach auf ihn eingestochen haben. „Er schwebt immer noch in Lebensgefahr“, teilte Staatsanwältin Stefanie Jürgenlohmann, Sprecherin der Bielefelder Staatsanwaltschaft, auf Anfrage von „derWesten“ mit.

Der in Arnsberg wohnhafte 61-Jährige soll in der JVA Bielefeld im offenen Vollzug gesessen und sich deshalb in der City aufgehalten haben. Verteidigerin Christiane Theile hält den Zusammenhang zum Essener Prozess nicht für offensichtlich und bezweifelt, dass die Familie ihrer Mandantin für die Messerattacke auf den Senior verantwortlich ist: „Er soll dick im Drogengeschäft gewesen sein und niederländische Dealer abgezockt haben. Vielleicht kam der Angriff ja von dieser Seite.“